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# taz.de -- EM-Aus für Italien: Addio Italia!
> Mit 0:2 geht die Squadra Azzurra gegen die Schweiz unter. Nun beginnt die
> Aufarbeitung, doch an Trainer Spalletti gibt es wenig Kritik.
Bild: Haltung zeigen: Italiens Coach Luciano Spalletti schaut der Niederlage zu
Berlin taz | Ein Land, das Fußball lebt, reagiert natürlich entsetzt auf
diese Fehlleistung der Squadra Azzurra. Entsprechend harsch urteilte die
Gazzetta dello Sport am Tag danach: „Das Ergebnis war ein deprimierendes
Spektakel, das nicht die Werte unseres Fußballs widerspiegelt.“ In den zwei
EM-Wochen habe es der Mannschaft „nicht nur an Spielverständnis, sondern
auch an Seele gefehlt“, schreiben die Autoren auf lachsrotem Papier. Die
Auswahlkicker hätten im Achtelfinale gegen die Schweiz, das glasklar und
hochverdient mit 0:2 im Berliner Olympiastadion vor 65.000 Zuschauern
verloren ging, „dumm, hilflos und verwirrt“ gewirkt. Das ist zugespitzt,
gewiss, [1][aber nicht ganz falsch]. Denn der italienischen Elf fehlte an
diesem Samstagabend alles: Schnelligkeit, Wachheit, Willen.
Dass sie aber in einer uritalienischen Domäne versagte, der soliden
Verteidigung, war bemerkenswert. Die Schweizer Offensive hatte
Außenverteidiger Giovanni Di Lorenzo als Schwachstelle ausgemacht. Und
tatsächlich: Der Bereich, der vom Profi des SSC Neapel hätte verteidigt
werden sollen, erwies sich immer wieder als Einfallstor für Schweizer
Attacken aufs Tor von [2][Keeper Gianluigi Donnarumma]. Di Lorenzo wurde
überspielt, ausgetrickst, irrlichterte in der Vierkette herum und schien
seinen Nebenmann, den Innenverteidiger Gianluca Mancini, anzustecken.
Auch er machte ein ausnehmend schlechtes Spiel. Das Duo legte regelrechte
Slapstick-Einlagen hin, und jedes Mal, wenn ein Spieler im roten Dress auf
die beiden Unglückspilze zusteuerte, musste man mit dem Schlimmsten
rechnen. Vor allem in den sozialen Medien bekam Di Lorenzo viel Spott ab,
unschöne Memes machten die Runde, ein Twitterer verstieg sich zu der
geschmacklosen Aussage, Di Lorenzo habe in Italien mehr Schaden angerichtet
als der Duce.
Weil [3][Trainer Luciano Spalletti] ahnte, was auf seine Spieler medial
zukommt nach der Schmach von Berlino, nahm er alle Schuld für das Versagen
auf sich: „Die Spieler sind nicht schuld, ich bin es, ich trage die
Verantwortung“, wiederholte er. Er sei sogar ein wenig stolz auf seine
Mannen, weil sie sich für die EM qualifiziert hätten. Ist das jetzt die
Elle, mit der in Italien Erfolge vermessen werden? Sprechen wir vom
Titelverteidiger oder einem anderen Team?
## Spalletti will weitermachen
Spalletti sagte in der Pressekonferenz nach der Partie, dass er weitermache
als Nationaltrainer. Er habe zu wenig Zeit zur Vorbereitung gehabt.
Richtig: Nur zehn Spiele blieben ihm, um der Mannschaft sein Konzept zu
vermitteln. Aber was soll dann Julian Nagelsmann sagen, der noch weniger
Zeit hatte? In seiner Spielanalyse sprach Spalletti immer wieder über die
fehlende Laufbereitschaft seiner Mannschaft. Die Trägheit war bestimmt
nicht die Folge der Hitze (31 Grad) von Berlin, wie die eifrig sprintenden
Schweizer bewiesen, sondern eine Frage der Einstellung.
„Wir waren in der Geschwindigkeit unterlegen, daran muss zukünftig gefeilt
werden, wir haben noch keine Grundidentität“, dozierte der Glatzkopf, der
mit SSC Neapel in der Saison 2022/23 Meister geworden ist, aber nun
bekennen musste, dass das Amt des Nationaltrainers doch anders und
irgendwie schwieriger ist: „Ich stand schon zu Anfang mit dem Rücken zur
Wand. Ich brauche mehr Kenntnisse und Erfahrungen, um zu wissen, wie es im
Nationalteam läuft“, sagte der 65-Jährige. So habe man sich eben „nicht v…
der besten Seite gezeigt“, „nicht das richtige Niveau erreicht“.
Nur ein Spieler konnte im Turnierlauf ansatzweise überzeugen: [4][Riccardo
Calafiori] vom FC Bologna. Er fehlte im Achtelfinale wegen einer Gelbsperre
und dem Team damit jene Inspiration, die der 22-Jährige verkörperte.
Während Spalletti bekannte, im Amt „noch mehr lernen“ zu wollen, diskutiert
Fußball-Italien hitzig über den inferioren Zustand der Squadra. „Wir müssen
schnell Lösungen finden, wir haben nicht viel Zeit“, weiß Donnarumma. „Wir
werden alles analysieren“, verspricht der Keeper von Paris Saint-Germain
und verweist auf die Spiele in der Nations League im September.
An Coach Spalletti oder dem Kader zweifelt er nicht: „Ich bin mir sicher,
dass der Trainer die richtigen Lösungen finden wird. Die Qualität ist da.“
Fraglich, ob er tatsächlich glaubte, was er da in die Mikrofone sprach.
30 Jun 2024
## LINKS
[1] /Italien-bei-der-EM/!6016109
[2] /Italiens-Torwart-Donnarumma-nach-EM-Sieg/!5781222
[3] /Italienischer-Fussball/!5963539
[4] /Riccardo-Calafiori/!6016355
## AUTOREN
Markus Völker
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Kolumne Deutsches Theater
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