| # taz.de -- Was ist eine „gute“ Mutter?: Alles hat ein Ende – außer Mutt… | |
| > Unsere Kolumnistin verabschiedet sich nach drei Jahren von ihrer Kolumne. | |
| > Zeit, noch einmal Bilanz über das Muttersein zu ziehen. | |
| Bild: Als Mutter hat man alle Hände voll zu tun | |
| Nach drei Jahren geht diese Kolumne nun zu Ende – nicht, dass das | |
| Elternsein jemals aufhören würde, mir Stoff für Kolumnen zu liefern. Wenn’s | |
| danach ginge, könnte ich hier ewig weiterschreiben. Aber manchmal ist es | |
| gut, Dinge nach einer gewissen Zeit zu beenden. Für eine Kolumnistin ist | |
| die letzte Kolumne eine Herausforderung. Sie sollte nicht total banal sein | |
| und nicht zu pathetisch. Irgendwas Wichtiges, dennoch Lockeres. | |
| Und um da gleich den Druck herauszunehmen: mir ist nichts eingefallen, das | |
| einem Finale würdig wäre. Es mag daran liegen, dass ich kurz vor der Geburt | |
| meines dritten Kindes stehe, dass es aber so gar nicht auf die Welt kommen | |
| will. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich kaum denken kann, weil ich | |
| nachts schweißgebadet aufwache, um mich dann stundenlang hin- und | |
| herzuwälzen, wie man das gegen Ende einer Schwangerschaft im Sommer eben so | |
| tut. | |
| Die beiden Kinder, die schon länger außerhalb meines Körpers residieren, | |
| erwarten natürlich dennoch, dass ich morgens elfengleich zu ihnen schwebe | |
| und geduldig ihre derzeit oft bemerkenswert schlechte Laune vertreibe, für | |
| die wir Eltern stets verantwortlich zu sein scheinen. | |
| Also reißen wir Witze, küssen und kitzeln Kinder wach, singen. Machen uns | |
| zum Affen, wenn wir viel lieber Kaffee machen würden, während uns die | |
| Wutanfälle des Dreijährigen und die Wackelzahnpubertät des Sechsjährigen | |
| ins Gesicht peitschen, dass es nur so klatscht. Aber das ist der Job. | |
| ## „Mother is an action“ | |
| Und ja, der ist kein Kinderspiel. [1][„Mother is an action“, habe ich die | |
| Hauptdarstellerin der Serie „Queenie“] letztens ganz richtig sagen hören. | |
| Denn auch wenn viele Menschen sich Mutter nennen dürfen – schon allein | |
| durch einen biologischen oder rechtlichen Vorgang –, wird das Muttersein | |
| und seine Qualität am Ende durch Taten definiert. Auch wenn die Bezeichnung | |
| „Mutter“ eine Art Vertrauensvorschuss ist, ein Lorbeerkranz an guten | |
| Eigenschaften, der einem einfach mal aufgesetzt wird. Nur wissen eben auch | |
| alle, die keine „gute“ Mutter hatten, dass dieses Wort allein nicht | |
| ausreicht. | |
| Als ich mit meinem ersten Kind schwanger war, habe ich viel darüber | |
| nachgedacht, was für eine Mutter ich überhaupt sein kann. Ich selbst hatte | |
| keine Mutter, die von meiner Geburt bis zu den Geburten meiner Kinder in | |
| meinem Leben sein wollte. Das war spätestens als Erwachsene für mich nicht | |
| weiter schlimm, weil ich doch andere Menschen hatte, die ihre Rolle | |
| ausfüllen wollten. Deshalb hat es mich dann doch einigermaßen überrascht, | |
| dass ich als Schwangere plötzlich neidisch auf jene Frauen geschielt habe, | |
| die bei und nach einer Geburt ihre eigenen Mütter unterstützend an ihrer | |
| Seite hatten. | |
| Eine gute Mutter zu sein, ist nicht so einfach. Was ist schon gut außerdem. | |
| Ich scheitere ständig an den Ansprüchen, die ich an mich als Mutter stelle. | |
| Das ist nicht schön, aber lieber scheitere ich und probiere es neu, als | |
| keine Ansprüche zu haben. Und wenn ich [2][heute darüber nachdenke, weiß | |
| ich genau, was für eine Mutter ich sein will]. Eine, die auch nach all den | |
| Wutanfällen, nach all den Elternabenden, nach all den Tränen, verarzteten | |
| Knien und Nudeln mit Tomatensoße im Leben ihrer Kinder anwesend und vor | |
| allem willkommen ist. | |
| 2 Jul 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Saskia Hödl | |
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