Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Schach-Legenden im Vergleich: Der Beste am Brett
> Wer ist der größte Schachspieler? Carlsen, Fischer oder Kasparov? Es ist
> Viswanathan Anand.
Bild: Vorbild Anand: auffällig viele Schachtalente kommen derzeit aus Indien
Regelmäßig ploppt bei Interessierten die Frage auf, wer wohl der größte
Schachspieler aller Zeiten sein könnte. Ist es der virtuose, in jeder
Hinsicht Schach erneuernde Paul Morphy, the pride and sorrow of chess, der
bei seinen Europatourneen die Gegner regelmäßig derart an die Wand spielte,
bis sie ganz zweidimensional wurden?
Ist es Bobby Fischer, der die Dominanz der Sowjet-Großmeister durchbrach
mit seinem kompromisslosen, angriffslustigen Spiel; der das Wunder
schaffte, 20 Partien in Folge gegen Weltklassegegner zu gewinnen?
Vielleicht Garri Kasparov, der die Schachwelt 20 Jahre lang dominierte?
[1][Oder ist es Magnus Carlsen], diese Maschine, der auf jeden Fall der
beste Endgame-Spieler aller Zeiten ist und Finessen und Details zu erkennen
und verarbeiten vermag, die allen anderen wie ein gordischer Knoten
erscheinen.
Die rein schachliche Antwort gibt es nicht, denn das Wissen über das Spiel
hat sich mit jedem Jahr erweitert (und ist mit der Implementierung der
Computeranalysen ohnehin auf eine neue Ebene gesprungen). Quervergleiche
zwischen den Jahrzehnten und -hunderten laufen also immer ins Leere, und
doch gibt es eine eindeutige Antwort darauf, wer der größte Schachspieler
aller Zeiten ist: Viswanathan Anand.
Das mag überraschen, wer zunächst nur auf Titel schaut, schließlich war
[2][Viswanathan Anand zwar Weltmeister,] aber er strahlte nicht die
Dominanz aus, die Garri Kasparov vor ihm und Magnus Carlsen nach ihm
auszeichnete. Aber ähnlich wie Fischer vor ihm beendete Viswanathan Anand
die Ära der sowjetischen Dominanz im Schach, und er tat dies ohne großen
infrastrukturellen Apparat im Rücken, fast ohne Unterstützung, und öffnete
einem ganzen Subkontinent den Zugang zum Spiel. Das Ergebnis davon lässt
sich in einer Statistik nachlesen, die nicht seine ist, aber seine Wirkung
gut illustriert: fünf der Top-10-Youngsters im aktuellen Schach sind
indischer Nationalität.
## Junge indische Riege
[3][Mit Dommaraju Gukesh,] zarte 17 Jahre alt, gewann einer aus dieser
jungen Riege auf spektakuläre Weise das aktuelle Candidates, das zur
Teilnahme an der Weltmeisterschaft im kommenden Jahr berechtigt. Dort tritt
Gukesh dann gegen einen momentan eher formschwachen Ding Liren an und
könnte der jüngste Weltmeister aller Zeiten werden – das allerdings unter
dem Vorzeichen, dass der aktuell stärkste Spieler Magnus Carlsen gar nicht
angetreten ist.
Viswanathan Anand erzählt gern die Anekdote, wie er einmal mit dem Zug zu
einem Turnier fuhr und dabei verschiedene Partien studierte. Ein
Mitreisender fragte ihn, was er da tue, und er antwortete, dass er Schach
studiere, woraufhin ihn der Mitreisende ermahnte, lieber Sinnvolleres mit
seiner Zeit anzufangen. Mit Schach wäre kein Geld zu verdienen, um nach
einer kurzen Pause noch hinzuzufügen: außer man sei Viswanathan Anand.
Viswanathan Anand ist derjenige, der dafür gesorgt hat, dass das nicht mehr
stimmt. Und Gukesh Dommaraju hat es nach dem Gewinn des Candidates auch
klar gesagt: Anand war ihm nicht nur Inspiration und Vorbild, sondern er
hat auch ganz praktisch Unterstützung geleistet. Nicht nur ihm, möchte man
hinzufügen: Dass die indische Metropole Chennai, wo Anand einst in einem
britischen Schachclub seine zweiten und dritten Schritte in den Sport tat,
inzwischen eine der Metropolen des Schachs ist, ist auch mit eines seiner
Verdienste.
Dem Schach eine ganze Welt aufgeschlossen zu haben, können nicht viele von
sich behaupten: Viswanathan Anand kann es. Obwohl er vermutlich zu
bescheiden ist, um es auch nur zu denken.
22 May 2024
## LINKS
[1] /Schachturnier-fuer-Magnus-Carlsen/!5989209
[2] /Schach-WM-Carlsen-gegen-Anand/!5028661
[3] /Schach-Genie-Gukesh-aus-Indien/!6003424
## AUTOREN
Frédéric Valin
## TAGS
Kolumne Helden der Bewegung
Viswanathan Anand
Schach
Indien
Schach-WM
Magnus Carlsen
Kolumne Helden der Bewegung
Kolumne Erste Frauen
Schach
## ARTIKEL ZUM THEMA
Schach-Posse wegen einer Jeans: Das ging beinahe in die Hose
Magnus Carlsen verstößt bei der Schnellschach-WM in New York gegen die
Kleiderordnung. Zunächst zieht er sich zurück und spielt nun doch mit
Jeans.
Handball bei Olympia: Stimmt. Scheiße. Sport ist Ibsen
Das DHB-Team um Alfreð Gíslason konnte in Paris zeigen, was diesen Sport so
einzigartig macht. Und was Fußball längst verloren hat.
Schach-Ikone Nona Gaprindashvili: Eine intellektuelle Revolution
Nona Gaprindashvili aus Georgien war die erste Schachspielerin, die vom
Weltverband den Titel Großmeisterin verliehen bekam. Über eine
Nationalikone.
Schach-Genie Gukesh aus Indien: Einzigartige Züge
Der erst 17-jährige Inder Dommaraju Gukesh gewinnt in Toronto das
Kandidatenturnier und fordert nun Schachweltmeister Ding Liren heraus.
Schach: Ranglistenerster kritisiert Weltverband
Der Inder Viswanathan Anand will die Chess Classic in Mainz gewinnen - und
wirft dem Schach-Weltverband FIDE vor, die eigenen Regeln zu brechen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.