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# taz.de -- Kommunalwahlen in England: Viele rote Schäfchen in England
> Bei den englischen Kommunalwahlen zeichnet sich ein Vorsprung für die
> Labourpartei ab. Der Gaza-Krieg hat Einfluss.
Bild: Gewann die Nachwahl in Blackpool Süd für Labour: Chris Webb mit Ehefrau…
Letzte Aktualisierung: 16.30 Uhr
London taz | Noch sind nicht alle Stimmen ausgezählt und noch nicht alle
Ergebnisse stehen fest, aber in zahlreichen Regionen Englands konnten
englische Anhänger der Labourpartei am Ende eines langen Tages beim
Einschlafen rote Schäfchen zählen. Die Ergebnisse und vor allem die
Stimmengewinne der britischen Arbeiterpartei bei englischen Kommunalwahlen
am Donnerstag waren nämlich bisher sehr klar und eindeutig. Die
Labourpartei scheint weiter auf Siegeskurs.
Zu den Städten und Kommunen, welche Labour seit Donnerstag für sich
beanspruchen kann, gehören auch während der Brexitjahre an die Tories
verloren gegangene Wahlkreise, etwa in Hartlepool im Nordosten, und
Thurrock im Südosten des Landes. Labour gewann außerdem die Mehrheit im
westenglischen Redditch, wo die Konservativen elf Sitze verloren, und
Labour zehn dazu gewann. In Rushmoor, einer bisher immer konservativ
ausgerichteten Stadt im englischen Hampshire, 60 Kilometer südwestlich von
London, gewann Labour zum allerersten Mal die Mehrheit des dortigen
Stadtrates.
## Termin für Unterhauswahlen gefordert
Besonders augenfällig war der Gewinn des südlichen Teils der
nordwestenglischen Küstenstadt Blackpool, den bei der parlamentarischen
Nachwahl Labours Chris Webb einfuhr. Die 10.825 für ihn abgegebenen Stimmen
sind eine deutliche Mehrheit von 58,7 Prozent und satte 20,4 Prozent mehr
als 2019. Auf dem zweiten Platz lagen die Tories mit 17,4 Prozent und einem
Minus von 32,2 Prozent im Vergleich zu 2019. Dann folgte die die einst von
Nigel Farage mitgegründete rechte Reform-Partei. Ihr Kandidat wurde mit
16,8 Prozent der Stimmen dritter. Andernorts wartet die Partei jedoch noch
auf Erfolge, die sich eventuell im Laufe des Wochenendes zeigen könnten –
bisher blieben sie allerdings aus.
Chris Webb, der vor zwölf Wochen Vater wurde und sich später mit seiner
Frau und seinem Baby zeigte, bezeichnete seinen Sieg als historisch. Das
starke Ergebnis der Labourpartei repräsentiere den Willen Großbritanniens,
so Webb. „Die Arbeiterpartei steht wieder stark im Dienst arbeitender
Menschen“, behauptete er.
Und forderte, dass der britische Premierminister einen Termin für die
Nationalwahlen, also die Wahlen zum britischen Unterhaus festlegen solle,
was später in einer Ansprache auch Labourchef Starmer wiederholte. Die
Nachwahl in Blackpool ist die elfte von insgesamt 15 Nachwahlen seit 2019,
welche die Konservativen verloren haben. Labour hat nun fünf Nachwahlsiege
mit über 20 Prozent erreicht. Das ist für jene die gerne politische
Vergleiche anstellen, eine Nachwahl mehr als Tony Blair vor seinem Sieg im
Jahr 1997.
## Nahostkonflikt im englischen Kommunalwahlkampf
Doch es gibt durchaus auch Enttäuschungen für Labour. So konnte die Partei
trotz der Anstrengung von [1][Oppositionsführer Keir Starmer], der noch am
Mittwoch durch den Wahlkreis lief, um für sich zu werben, und eines Plus
von fünf Sitzen nicht den Stadtwahlkreis Harlow nördlich von London für
sich entscheiden. Am Ende fehlte dazu genau ein Sitz.
Die Ergebnisse aus der nordenglischen Stadt Oldham zeigen, dass Labour
dort, wie es auch in anderen Orten mit hohem muslimischen
Bevölkerungsanteil erwartet wird, ihre Mehrheit gegen unabhängigen
Kandidat:innen verloren.
Während in Oldham zwei Labour-Kandidat:innen einen Monat vor den Wahlen
[2][wegen der Haltung ihrer Partei zu Gaza] aus der Labourpartei austraten,
schlossen die Tories zwei ihrer Kandidat:innen aus der Partei, weil
diese an pro-palästinensischen Protesten teilgenommen hatten. Im Oldham
Bezirk Werneth, wo 75 PRozent der Menschen Muslime sind, gewann Nyla
Ibrahim, eine der beiden aus der Labourpartei ausgetretenen Kandidat:innen.
Die Grünen scheinen bei der Wahl in verschiedenen Regionen zugelegt zu
haben, doch ob sie wie erhofft die Mehrheit in Bristol gewinnen, wird sich
in den nächsten Stunden noch herausstellen.
## Schlechtestes Ergebnis seit 40 Jahren
Die Schlagzeile [3][im rechten Daily Telegraph ] am Freitagmorgen verwies
klar auf den britischen Premierminister: „Sunaks Zukunft in Gefahr,
angesichts des schlechtesten Wahlergebnis für die Konservativen in 30
Jahren!“ Die Times ging in ihrer Schlagzeile sogar noch weiter, und
bezeichnete den Ausgang der Wahl am Donnerstag als das schlimmste Ergebnis
in 40 Jahren.
Und das war noch nicht mal ihre eigene Einschätzung, sondern die des
renommierten Wahlexperten Professor John Curtice, der dieses Urteil in der
Wahlübertragung der BBC abgegeben hatte und das Ergebnis nahezu
katastrophal für die Tories bezeichnete. Wie die konservative Partei auf
weitere schwere Verluste reagieren wird, bleibt abzuwarten, aber, dass die
Zukunft Sunaks durchaus gefährdet sein könnte, ist keineswegs übertrieben.
Der konservative Parteivorsitzende Richard Holden hingegen verteidigte
Sunak in verschiedenen Interviews am Freitagmorgen gegen die britischen
Presse. Sunak sei weiterhin der richtige Mann für die Partei und werde die
Tories in die bevorstehenden Unterhauswahlen führen. Es sei „game on“ und
nicht „game over.“ Sunak selber verwies auf die noch folgenden Ergebnisse.
Diese, unter anderem von den Bürgermeisterwahlen in Manchester und London,
werden im Laufe des Wochenendes erwartet.
3 May 2024
## LINKS
[1] /Nachwahlen-im-Vereinigten-Koenigreich/!5992704
[2] /Debatte-um-Gazakrieg-in-Grossbritannien/!5989355
[3] /The-Daily-Telegraph-wechselt-Besitzer/!5979929
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
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England
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