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# taz.de -- Freizeitsport im Trend: Wirklich kinderleicht zu erlernen!
> Der neue Breitensport kommt aus den USA und nennt sich Pickleball. Es ist
> ein Rückschlagsport wie Tennis – nur viel einfacher zu spielen.
Bild: Pickleballer mit Tenniserfahrung: Sfeffi Graf und Jack Sock am Netz
Berlin taz | Professionelle Trainer in der Sportart Pickleball, wie Mark
Price einer ist, kannte Elke Harris bis vor Kurzem bloß aus
Youtube-Tutorials. Gedreht irgendwo in den USA, dem gelobten Land des
Pickleballs. Dann erfuhr sie aber, dass Price gerade wie ein Botschafter
seines Sports durch Europa und das Pickleball-Entwicklungsland Deutschland
tourt, und so lotste sie ihn in ihren kleinen Verein [1][BTV Olympia im
Prenzlauer Berg in Berlin], damit der hier ein dreitägiges Trainingscamp
gibt.
Beim Besuch eines regulären Trainings ihrer Pickleball-Abteilung unter der
Woche, ein paar Tage vor dem Camp, gibt sich der Profi aus den USA bereits
die Ehre und spielt zum Spaß ein paar Einheiten mit den Vereinsmitgliedern.
Harris, die die Sektion Pickleball aufgebaut hat und dort selbst als
Trainerin tätig ist, ruft dem Stargast irgendwann zu, er möge doch bitte
nicht immer nur denselben Spielern ein paar Kostproben seines Könnens
geben, sondern möglichst allen. Jede und jeder hier in der Halle soll davon
profitieren, wenn der Guru aus Amerika schon mal in Berlin ist. Ein paar
Tage nach dem Camp sagt sie ganz begeistert, es sei unglaublich, was sie
bei diesem gelernt habe.
In den USA ist der Sport seit einer Weile der Megatrend schlechthin. Um die
40 Millionen Amerikaner sollen sich im letzten Jahr zumindest mal im
Pickleball versucht haben. Während der Coronapandemie wuchs dort keine
Sportart schneller als Pickleball und in den letzten Jahren entstanden
überall im Land zig neue Plätze für den boomenden Sport auf teilweise
riesigen Anlagen und sogar in eigenen Stadien. Tennisrentner wie [2][Steffi
Graf], Maria Scharapowa, Andre Agassi und John McEnroe haben den Sport für
sich entdeckt und spielen Showmatches um Millionenpreisgelder.
Und nun kommt der Hype auch langsam in Deutschland an. In Berlin kann man
Pickleball bislang in zwei Vereinen spielen. Den von Elke Harris gibt es
seit 2022, er hat bereits 60 Mitglieder und für Schnuppertrainings gibt es
inzwischen sogar Wartelisten.
## Doppelte Verbandsstruktur
Wie viele Vereine es in ganz Deutschland gibt, lässt sich nur schwer sagen.
Was daran liegt, dass der Sport bundesweit von gleich zwei Organen
vertreten und organisiert wird. Einmal vom [3][Deutschen Pickleball
Verband] mit Sitz in Köln, den es seit Mitte letzten Jahres gibt und dessen
Präsident Kai Auhagen mitteilt: „Wir sind der offizielle deutsche
Pickleball Verband“.
Und vom [4][Deutschen Pickleball Bund] in Gelsenkirchen, der sich bereits
seit sieben Jahren für den Sport engagiert. Dessen Erster Vorsitzender
Andreas Kopkau gibt auf Anfrage an, es gebe bereits an die 100 Vereine in
Deutschland. Der Chef von der Konkurrenz in Köln glaubt, es sind gerade mal
halb so viele.
Einig sind sich die beiden immerhin in ihrer Einschätzung, dass die
Entwicklung gerade ungemein dynamisch sei. „In den USA hat Pickleball einen
Tsunami ausgelöst“, so Kopkau, „und der schlägt nun auch in Europa Wellen…
Auhagen sagt: „Wie bereits in Schweden und England und den USA sowieso,
wird Pickleball auch bei uns zum Breitensport, denke ich. Das wird nicht
aufzuhalten sein.“
Neben den Vereinen würden in Deutschland vereinzelt auch kommerzielle
Anlagen wie in den USA entstehen. „Es gibt aber auch einfach
Spielgemeinschaften. Die haben mit Vereinen und anderen Strukturen gar
nichts zu tun. Das ist ja das Schöne beim Pickleball: Du kaufst dir ein
Netz und einen Schläger, markierst auf dem Boden ein Feld und los geht es.“
Elke Harris lässt ihren Verein übrigens bislang weder in Köln noch in
Gelsenkirchen repräsentieren, will sich aber bald nach Köln wenden. „Die
haben in ein paar Monaten bereits mehr an Strukturen geschaffen als die
anderen in sieben Jahren“, sagt sie.
## Boom dank Corona
Pickleball wurde eigentlich schon vor 60 Jahren in den USA erfunden. Der
Legende nach von ein paar Vätern, die damit ihre Kinder beschäftigen
wollten. Was den Siegeszug des Sports in den USA speziell während der
Corona-Pandemie erklärt, ist die Tatsache, dass dieser dort – anders als
bislang in Deutschland -vornehmlich im Freien gespielt wird. Während der
Pandemie kein unwesentlicher Faktor. Außerdem sind in den USA, anders als
in Deutschland mit seiner Sandplatztradition, überall Hardcourttennisplätze
zu finden. Viele von ihnen seien dann, so Kopkau, der sich das mehrfach bei
Besuchen in den Vereinigten Staaten angeschaut habe, ziemlich einfach in
Pickleballplätze umgewandelt worden.
Außerdem ist das Rückschlagspiel, da hatten die amerikanischen Väter vor 60
Jahren recht, kinderleicht zu erlernen. „Pickleball hat einen starken
sozialen und integrativen Charakter“, so Kai Auhagen. „Nach einer Stunde
kann man schon mitspielen, auch ohne jegliche Vorkenntnisse. Zudem ist der
Sport generationen- und geschlechterübergreifend. Da spielt der Opa mit
seinem Enkel und Frauen mit Männern.“
Er selbst komme, wie so viele Pickleballspieler, eigentlich vom Tennis.
„Aber ich kann kein Tennis mehr spielen, zumindest nicht mehr so, wie ich
das gerne tun würde. Aber bei Pickleball kann ich nochmal richtig
angreifen.“ Rein eine Freizeitbeschäftigung für ehemalige Tennisasse mit
Hüftschaden ist der Sport aber auch nicht. Der Altersdurchschnitt sinkt in
den USA, in Deutschland wird der Sport bereits vereinzelt an Schulen
angeboten.
Auch in der Sporthalle im Prenzlauer Berg geht es beim Pickleball-Training
aber vergleichsweise gelassen und unkompetitiv zu. Zweier-Teams ohne
Geschlechtertrennung treten gegeneinander an und werden nach Belieben
durchgewechselt. Es wird auf Badminton-Feldern mit eigenen Pickleballnetzen
gespielt. Man hält einen speziellen Schläger in der Hand, der ein wenig die
Form eines Frühstückbretts mit Griff hat und spielt eine mit Löchern
perforierte Plastikkugel über das Netz. Wie das funktioniert, begreift man
wirklich sehr schnell.
Den Ball kann man einmal auf dem Boden aufkommen lassen oder direkt
vollieren, allerdings nicht den Return des Gegners oder der Gegnerin.
Aufschlagen, direkt ans Netz stürmen und daraufhin zum Monstervolley und
damit zum fast sicheren Punkt ansetzen, ist also nicht erlaubt. Überhaupt
gibt es einen Bereich am Netz, der sich „Küche“ nennt, den man zwar
betreten darf, in dem das Vollieren aber verboten ist.
Ganz so simpel ist Pickleball also auch wieder nicht. Und es macht Spaß
genug, dass man nach einem ersten verlorenen Satz unbedingt gleich noch
einen spielen möchte.
9 Apr 2024
## LINKS
[1] https://www.btv-olympia.de/
[2] /30-Jahre-nach-dem-ersten-Golden-Slam/!5536594
[3] https://deutscher-pickleball-verband.de/
[4] https://deutscher-pickleball-bund.org/
## AUTOREN
Andreas Hartmann
## TAGS
Tennis
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Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
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