# taz.de -- TV-Debatte in Großbritannien: Mehr Ähnlichkeiten als Unterschiede | |
> Premier Sunak und Oppositionsführer Starmer giften sich eine Stunde lang | |
> an. Aber beide sind gegen höhere Steuern und gegen Geflüchtete. | |
Bild: Labour-Vorsitzender Starmer (l.) und Premier Sunak bei der TV-Debatte am … | |
London taz | Zum ersten Mal im laufenden britischen Wahlkampf sind am | |
Dienstagabend der konservative Premierminister Rishi Sunak und | |
Labour-Oppositionsführer Keir Starmer in einer Fernsehdebatte | |
aufeinandergetroffen. Beide Politiker gaben sich selbstsicher und sparten | |
nicht mit persönlichen Attacken. Starmer stellte Sunak als Spekulant dar, | |
der in der Finanzkrise als Hedgefonds-Manager gegen den Staat gewettet | |
habe. Sunak sprach von Starmer als jemandem, der als einstiger | |
Menschenrechtsanwalt für Islamisten eingetreten sei. | |
In ihrer Selbstdarstellung klangen die beiden aber ähnlich. Beide betonten, | |
dass sie aus Familien stammten, die im Gesundheitssystem arbeiteten – | |
Sunaks Eltern führten eine Apotheke, Stamers Mutter war Krankenpflegerin, | |
seine Ehefrau ist es auch. Er wisse auch, wie es sei, mit zu wenig zu | |
leben, sagte Starmer. Sunak hingegen würde Familien, für die es schwer sei, | |
über die Runden zu kommen, nicht verstehen, und eine Regierung führen, die | |
die Wirtschaft in die Krise geführt habe. | |
Der Premier wiederum betonte, er sei erfolgreich dabei, die britische | |
Wirtschaft zu sanieren, und eine Labour-Regierung würde massive | |
Steuererhöhungen von 2.000 Pfund (2.350 Euro) pro Person bedeuten. Dies sei | |
eine angeblich unabhängige Berechnung der Kosten des Labour-Wahlprogramms. | |
Starmer bestritt dies als frei erfunden und verwies darauf, dass die | |
britische Steuerlast unter den Konservativen eine Rekordhöhe seit | |
Jahrzehnten erreicht habe. Dennoch war die 2.000-Pfund-Betrag am Mittwoch | |
morgen Schlagzeile in den rechten Medien. | |
Die Frage einer Frau, wie lange es dauern könnte, bis das britische | |
Gesundheitssystem wieder funktioniere, ließen beide Politiker | |
unbeantwortet. Sunak behauptete vor amüsiert lachenden Zuschauer:innen, | |
dass eine Erhöhung der Zahl wartender Patient:innen von 7,2 Millionen | |
auf 7,5 Millionen Menschen eine reale Senkung darstelle. Einen klaren | |
Unterschied gab es wenigstens auf die Frage, ob die Politiker je private | |
medizinische Versorgung für Familienmitglieder auf Wartelisten in Anspruch | |
nehmen würden. Es kam ein sofortiges Ja vom gegenwärtigen Premier und ein | |
ideologisches Nein vom Labourführer. Den geltenden britischen Klimazielen | |
sehen sich beide verpflichtet. | |
## Beide erhoben scharfe Warnungen | |
Beim Dauerbrenner Einwanderung äußerten sich beide hart. Sunak verwies auf | |
sein Ruanda-Abschiebungsprogramm als klare Abschreckung. Starmer benutzte | |
die Worte des rechtspopulistischen Reform-UK-Führers Nigel Farage, dass die | |
Tories seit 2019 die liberalste Einwanderungspolitik der britischen | |
Geschichte führten, während er als Labour-Premier Schleuser als Terroristen | |
verfolgen werde. Worauf Sunak sagte, seine Regierung habe dies bereits | |
getan. | |
Am Ende erhoben beide scharfe Warnungen. Sunak versuchte, mögliche | |
Reform-Wähler zurückzugewinnen: Jede Stimme für andere Parteien am 4. Juli | |
sei eine Belohnung für Labour. Starmer sagte, jede Stimme für die Tories | |
gebe den Brandstiftern die Streichhölzer zurück. Er selber verfüge über | |
keine Zaubertricks, aber einen praktischen Commonsense-Plan, das Land zu | |
verändern. Sunak wiederum betonte, er habe einen Plan und der funktioniere, | |
Starmer aber nicht. | |
Bei einem Meinungstest nach der Debatte glaubten 51 Prozent der Befragten, | |
dass Sunak besser abgeschnitten habe, 49 Prozent hielten Starmer für | |
besser. Zeitungskommentatoren äußerten sich überwiegend enttäuscht und | |
nannten die Debatte uninspiriert. Der rechte Daily Mail suggerierte, der | |
wahre Gewinner am Dienstag sei Nigel Farage. | |
5 Jun 2024 | |
## AUTOREN | |
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski | |
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