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# taz.de -- US-Staat gegen Pornhub: Geilheit blockiert
> Im US-Bundesstaat Texas blockiert die größte Pornoplattform Pornhub ihre
> Seite für Besucher. Wird das im Wahljahr den Unmut der Wähler nach sich
> ziehen?
Bild: Pornoseiten in Texas sind seit vergangener Woche nicht wie üblich erreic…
Der Ausdruck Average Joe meint in den USA einen durchschnittlichen Bürger:
der US-amerikanische Max Mustermann sozusagen. Im Durchschnitt guckt dieser
Bürger zwei bis drei Mal pro Woche Pornos. Und: Mehr als die Hälfte der
Joes verbringt pro Besuch auf Pornoseiten weniger als fünf Minuten am Stück
dort. In Texas sind all [1][diese Durchschnittsangaben] seit vergangener
Woche schlagartig gen null gesunken.
Der Bundesstaat im Süden der USA ist jetzt nämlich weitestgehend pornofrei.
Es ist der bisherige Höhepunkt einer politisch-juristischen Schlammschlacht
zwischen [2][Pornhub], dem weltweit größten Anbieter pornografischer
Inhalte, und erzkonservativen Politiker*innen. Seit vergangenem Donnerstag
hat [3][Pornhub seine Dienste in Texas eingestellt]. Der Porno-Anbieter
reagierte damit auf ein neues Gesetz und ein Gerichtsurteil, die eine
offizielle Altersüberprüfung für User*innen von Porno-Seiten
vorschreiben, mit Personalausweis oder sonstigen offiziellen Dokumenten.
Im anonymen und schnelllebigen Netz nicht wirklich praktikabel. Zumindest
die Texas-Joes gucken jetzt also in die Röhre – und könnten sich bei dieser
Porno-Misere nun grundsätzliche politische Gedanken machen. Andere
US-Bundesstaaten haben ähnliche Anti-Porno-Gesetze angekündigt, [4][jüngst
das ultrakonservativ regierte Oklahoma]. Es stellt sich also die Frage:
Wird der Porno-Frust des Average Joe die US-Präsidentschaftswahl dieses
Jahr beeinflussen können?
Wer sich zumindest in Texas nun ein paar geile Videos reinziehen möchte,
liest meistens eine Protest-Erklärung vom Pornhub-Mutterkonzern, zu dem
auch Seiten wie YouPorn oder PornMD gehören. Darin wird das erklärte Ziel
des texanischen Gesetzgebers infrage gestellt. Offiziell geht es den
konservativen Politiker*innen um den Schutz von Minderjährigen, dieses
Ziel unterschreiben auch linke oder liberale Gruppen. In konservativ
geprägten US-Bundesstaaten wurde in den vergangenen Monaten der
Kinderschutz aber als Argument genutzt, um in allen Bereichen des
öffentlichen und privaten Lebens bestimmte Moralvorstellungen
durchzusetzen.
Erzkonservative Gruppen, vor allem fundamentalistisch-christliche
Organisationen und Eltern, sind auf dem Vormarsch. Sie wollen Abtreibungen
gänzlich verbieten, haben in mehreren Bundesstaaten Dragshows aus dem
öffentlichen Leben gedrängt, trans Menschen werden attackiert, Kunst und
Kultur zensiert, queere Bücher zum Beispiel aus Bibliotheken verbannt.
Queer-feministische Aktivist*innen gehen gegen diese Zensur und den
Angriff von rechts auf die körperliche Selbstbestimmung auf die Straßen und
ziehen vor Gericht. In Texas musste nun der Porno dran glauben.
Ausgerechnet dieser Schritt könnte für den erzkonservativen
Moralautoritarismus aber nach hinten losgehen.
## Pornoseiten-Sperre betrifft auch Konservative
Verschiedene Studien besagen, dass bis zu 98 Prozent der Männer in den USA
regelmäßig Pornos konsumieren, praktisch fast jeder Joe. Je nach Alter bis
zu 60 Prozent der Frauen, immerhin mehr als die Hälfte der Jolenes. Rein
statistisch betrachtet müsste also mit hoher Wahrscheinlichkeit der
Pornokonsum auch unter texanischen Politiker*innen eine Rolle spielen
– nicht als Gegenstand politischer Debatten, sondern als privates
Vergnügen. Anders gesagt: Auch Konservative holen sich bei Videos mit
Titeln wie „Quick Blowjob in the Office“ oder „MILF spanking him real goo…
einen herunter.
Oder wegen des aktuellen Streiks von Pornhub eben nicht. Es gibt zwar
technische Möglichkeiten, die Porno-Blockade für den sexy Feierband nach
der Plenardebatte zu umgehen, zum Beispiel mit der Nutzung einer anonymen
Netzwerkverbindung, die den Standort verschleiert, für all jene, die
technisch nicht so versiert sind, bleibt aber nur noch die Fahrt nach
Mexiko oder ins verhasste liberale Kalifornien übrig.
Average Joe will sich in einem hedonistisch-kapitalistischen, very American
Selbstverständnis einfach durchschnittlich und auf der Stelle aufgeilen:
Werden die Erzkonservativen in diesem US-Wahljahr also über die von ihnen
selbst erzwungene Porno-Flaute stolpern?
Pornhub ist nicht nur der größte Porno-Anbieter im Netz, sondern überhaupt
eine der meist besuchten Seiten weltweit. In den USA liegt der Dienst mit
mehr als 3 Milliarden Besuchen pro Monat nur knapp hinter Amazon und
Facebook, noch vor Wikipedia und weit vor cnn.com. Auf den vorderen Rängen
finden sich auch andere Porno-Anbieter wie xvideos oder xhamster. Und genau
darin liegt die Power des Pornos: Während andere körperfeindliche Maßnahmen
wie Drag-Verbote eher kleine Minderheiten betreffen, steht Joe nun am
Scheideweg. Für die Republikaner stimmen und nie wieder bouncende Brüste
mit einem Klick bestaunen? Oder sich doch für die geile Freiheit
entscheiden?
18 Mar 2024
## LINKS
[1] https://www.psychologytoday.com/us/blog/all-about-sex/202010/how-much-time-…
[2] /Sexualisierte-Gewalt-im-Netz/!5779814
[3] https://www.washingtonpost.com/nation/2024/03/15/pornhub-texas-age-verifica…
[4] https://eu.oklahoman.com/story/news/2024/03/16/oklahoma-porn-age-verificati…
## AUTOREN
Mohamed Amjahid
## TAGS
Pornhub
Pornografie
USA
Republikaner
Texas
Lesestück Recherche und Reportage
Drag
Sexualisierte Gewalt
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