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# taz.de -- Karrierewechsel zum Bobsport: Vom Läufer zum Anschieber
> Der Hürdensprinter Georg Fleischhauer fährt jetzt im Zweierbob. 2023
> wurde er Weltmeister und 2026 könnte sogar eine Olympiamedaille folgen.
Bild: Georg Fleischhauer und Johannes Lochner dieses Jahr beim Weltcup in St. M…
Zwei deutsche Meistertitel, Teilnahmen an Welt- und Europameisterschaften –
über ein Jahrzehnt lang war Georg Fleischhauer einer der besten
Hürdensprinter Deutschlands. Einen Traum konnte er sich jedoch nie
erfüllen, und zwar den von Olympia. Das könnte sich 2026 ändern. Nur würde
es dann nicht zu den Sommerspielen gehen, sondern in die [1][Kälte von
Mailand sowie der von Cortina D’Ampezzo].
Vor knapp fünf Jahren entschied sich Fleischhauer nämlich für einen
Karrierewechsel, den [2][schon viele Leichtathlet*innen vor ihm gewagt
hatten]: Er wurde Anschieber im Bobsport. Mittlerweile ist der 35-Jährige
ganz oben angekommen, denn seit der vergangenen Saison fährt er im Team von
Johannes Lochner mit. Seitdem gewinnen sie im Weltcup ein Rennen nach dem
anderen und holten 2023 direkt den Weltmeistertitel im Zweierbob. Ein
Erfolg, den sie nun bei der Weltmeisterschaft im heimischen Winterberg, die
bis zum 3. März ausgetragen wird, wiederholen wollen, trotz des schweren
Trainingssturzes von Lochner in der vergangenen Woche. Zudem fährt
Fleischhauer auch im Viererbob mit.
Dass er es als kompletter Anfänger so schnell in die erste Liga des
Bobsports schaffte, ist nicht selbstverständlich. Zweifelsohne brauche es
ein gewisses Talent, doch sei man auch darauf angewiesen, eine Chance bei
einem Piloten zu bekommen, so der Quereinsteiger gegenüber der taz. Das war
bei ihm der Fall; Lochner brauchte Ersatz für einen verletzten Anschieber.
„Dass daraus dann so eine Erfolgsgeschichte werden würde, ist auch für uns
beide ein bisschen überraschend. Obwohl wir uns das natürlich erhofft
hatten.“ Denn lange hatte Lochner das Image des „ewigen Zweiten“ hinter
[3][Dominator Francesco Friedrich] inne. Den Fluch scheint er nun gebannt
zu haben.
An seine erste Fahrt kann sich Fleischhauer noch gut erinnern. „Das war
schon sehr heftig. Ich hatte vorher großen Respekt davor, denn man weiß ja
nicht, was einen erwartet. Danach hatte ich Kopfschmerzen und mir war
schlecht“, erinnert er sich. Die Fahrten tags darauf verliefen allerdings
sehr viel geschmeidiger, so dass im Winter direkt die ersten Rennen
anstanden.
## Von Kufen schleifen bis zum Schlitten-Schleppen
Seitdem erfüllt Fleischhauer alle Aufgaben, die ein Anschieber so hat. Von
Kufen schleifen bis zum Schleppen des Schlittens ist quasi alles dabei, was
man dem Piloten und somit Chef des Teams abnehmen kann. Im Eiskanal sind
die Rollen ebenfalls klar verteilt. Der Anschieber sorgt im besten Fall für
die schnellste Startzeit, der Pilot macht den Rest. „Es geht darum,
schneller zu schieben als alle anderen. Beim Startkommando gibst du einfach
Vollgas“, beschreibt Fleischhauer. Auch das Einsteigen muss reibungslos
funktionieren, besonders im Viererbob sei da noch einmal mehr Koordination
gefragt.
Aus dem Hürdensprint zu kommen, sei dabei optimal. „Da geht es um alles
oder nichts. Und so ist ja beim Anschieben im Bobsport auch. Auf den Punkt
die maximale Anspannung sowie Beschleunigung zu bringen, das gefällt mir“,
meint Fleischhauer. Sowieso würde er sich in seiner neuen Sportart sehr
viel wohler fühlen als zu den Zeiten, als er über die 400 Meter Hürden
seine Runden drehte. „Das war pure Quälerei. Das geht auch gut, wenn man
Erfolg hat. Aber wenn dieser ausbleibt, wird es schwierig, sich zu
motivieren“, gibt er zu.
Nun bestehe sein Training hauptsächlich aus Kraft- und
Schnelligkeitsübungen. Zehn Kilo habe er zugenommen. „Seit ich Bob fahre,
passt es perfekt für mich. In der Leichtathletik musste ich immer auf mein
Gewicht achten, weil ich von Grund auf zu schwer war. Das war schon
belastend. Mein Körper hat jetzt nicht mehr ständig das Gefühl, abnehmen zu
müssen. Ich fühle mich richtig wohl mit mir selbst“, so Fleischhauer.
Bei all dem Erfolg lässt sich eine Frage kaum vermeiden: Hätte er die
Sportart nicht schon früher wechseln sollen? Darauf reagiert der Anschieber
zwiegespalten. „Ich wäre gern früher zu Johannes ins Team gekommen.
Andererseits, wenn ich fünf Jahre früher angefangen hätte, wäre vielleicht
alles gar nicht so gekommen, wie es jetzt ist“, gibt Fleischhauer zu
bedenken. „Ich genieße gerade alles. Auch weil ich weiß, wie sich
Misserfolg anfühlt. Wenn man im Training alles gibt, es aber im Wettkampf
nicht läuft. Und man keine Ahnung hat, wieso.“
Deshalb bedeute ihm vor allem der WM-Titel aus dem vergangenen Jahr so
viel. „Da brach alles aus mir heraus. All die Frustration aus der
Leichtathletikzeit, als die Leute mich schon abgeschrieben hatten. Dieses
Gefühl, dass ich es ihnen noch mal gezeigt habe. Sowohl sportlich als auch
emotional ist es das Größte, was ich in meiner Karriere erreicht habe.“ Bis
jetzt, denn wie es sich ein zweites Mal anfühlt, das könnten Lochner und er
dann bei der WM in Winterberg herausfinden.
23 Feb 2024
## LINKS
[1] /Umweltschutz-und-Wintersport/!5984108
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[3] /Bob-Dominator-Francesco-Friedrich/!5745267
## AUTOREN
Katarina Schubert
## TAGS
Bob
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Leichtathletik
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Wintersport
Olympische Winterspiele 2022
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