| # taz.de -- Olympia-Bildhauer Martin Mayer: Triumph der schweren Leichtigkeit | |
| > Wie es der Bildhauer Martin Mayer vermochte, den Münchner Olympiapark mit | |
| > der Skulptur „Olympia Triumphans“ zu krönen. | |
| Bild: „Artistische Equilibristik“: die Plastik „Olympia Triumphans“ im … | |
| Oben auf dem Olympiahügel werfen sich Flaneure gegen den Wind, | |
| „Sturmstimmungsgenießer“ in ihren „Flitterflattermänteln“, wie Ernst | |
| Barlach wohl gesagt hätte, stemmen sich gegen die heftige Brise. Das schöne | |
| Ensemble des Münchner Olympiaparks öffnet sich unter ihnen, eine | |
| geschwungene, leicht hügelige Vollkommenheit, in der ein Teil ins andere | |
| passt. Ein Gefühl der Stimmigkeit steigt auf, wie man es vom Besuch alter | |
| Städte kennt: Brügge, Gent oder Haarlem. | |
| So alt ist der Park nicht, aber Stadtgeschichte repräsentiert er schon, | |
| gleichzeitig Münchens Initiation als freie, eigenwillige Metropole. Olympia | |
| funktionierte im Jahr 1972 noch als ein Schule machendes Spiel der Formen, | |
| nachfolgend erstickt die olympische Stadt- und Stadienarchitektur allzu oft | |
| im Hermetischen und Hässlichen. | |
| Vor seinem Tod konnte man hier noch einen älteren Herren treffen, einen | |
| entfernten Kollegen Barlachs, der von der Borstei-Siedlung aus und mit | |
| Kamera bewaffnet seine Spaziergänge unternahm. Er besuchte häufig seine | |
| „Olympia Triumphans“, eine gewaltige Bronzeskulptur. Die Triumphans ragt | |
| in jeder Hinsicht heraus. Sie ist mit Sockel knapp fünf Meter hoch. | |
| ## Wuchtige Schenkel | |
| Eine dralle Nackte balanciert kopfüber auf einem Ball, die wuchtigen | |
| Schenkel spreizen sich gen Himmel. Auf dem Sockel hat [1][Martin Mayer, so | |
| heißt der Bildhauer], folgenden Spruch eingravieren lassen: „Triumphierende | |
| Olympia / Durch die Natur zur Kunst / Durch die Kunst zur Natur / Dem | |
| Menschen zur Erbauung / Der Menschlichkeit zum Aufbau“. | |
| Die Münchner Olympiabegeisterung hatte in den frühen 70er Jahren auch | |
| Mayer, 1931 in Berlin geboren, erfasst. Inspiriert vom Bau des | |
| Olympiastadions und der Pylonen, die deswegen in den Boden gerammt wurden, | |
| sann er nach einer künstlerischen Entsprechung. Dass es eine korpulente, | |
| gleichsam anmutige Frau wurde, entspricht seinem Werk: Er modellierte aus | |
| Ton und Bronze vorzugsweise sich anziehende und ausziehende, sich sonnende | |
| und waschende Matronen; sein bekanntestes Werk ist der oft fotografierte | |
| „Sitzende Keiler“ vorm Münchner Jagd- und Fischereimuseum. | |
| Martin Mayer wurde als „Münchner Rodin“ bezeichnet, Ex-Bürgermeister | |
| Christian Ude unterstellte ihm frech, sich ähnlich wie Monaco Franze | |
| „unheimlich für Frauen zu interessieren“. Der Kunsthistoriker Werner | |
| Haftmann dichtete über die Triumphans: „Die straffe Rundung der großen | |
| Brüste, die die Kugel des Kopfes im Gleichgewicht hält, und darüber die | |
| mächtige Ausladung von Becken und Schenkeln treten in Korrespondenz | |
| zueinander und bewirken die artistische Equilibristik im Zusammenspiel | |
| schwerer plastischer Massen.“ [2][Erlebte Daseinsfülle sei das | |
| Hauptmerkmal] des Kunstwerks. | |
| [3][Mayer selbst wäre das zu schwülstig gewesen], und gern erzählte er | |
| Journalisten die Anekdote, keinen Pfennig für die Triumphans erhalten zu | |
| haben. Er sei einfach ohne Auftrag ans Werk gegangen, habe im Maßstab 1:10 | |
| erst eine Tonfigur modelliert und dann eine Bronze für die Münchner | |
| Kunstausstellung 1972 erschaffen. Erst im Folgejahr wurde sie, und das | |
| berichtet Wikipedia falsch, im Olympiapark aufgestellt. Mehrere Teile | |
| mussten per Schweißnaht zusammengefügt werden. Heute wird der Eindruck nur | |
| von der umliegenden Baustelle getrübt; das alte Radstadion gibt es ja nicht | |
| mehr. | |
| Die Skulptur kann in ihrer Wirkung gar nicht unterschätzt werden, denn sie | |
| setzt einen Kontrapunkt zu den Werken auf dem Berliner Reichssportfeld, wo | |
| etwa Josef Mages oder Joseph Wackerle, von Hitler in die | |
| „Gottbegnadeten-Liste“ aufgenommen, steinerne Monumente in Nazi-Ästhetik | |
| schufen. Nach Kriegsende setzten sie übrigens, wie auch Richard Knecht, | |
| ihre Karrieren fort – als wäre nichts gewesen. Auch dies ein Olympia | |
| Triumphans, nur eben ein schmähliches. | |
| 16 Feb 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://eig-olympiadorf.de/wp-content/uploads/2021/04/108_Dorfbote_2021-Fru… | |
| [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Olympia_Triumphans | |
| [3] https://www.kuenstlergilde.eu/ueber-uns/mitglieder-preistraeger/martin-maye… | |
| ## AUTOREN | |
| Markus Völker | |
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