# taz.de -- Lieferkettengesetz der EU: Fast in trockenen Tüchern | |
> Das Lieferkettengesetz steht kurz vor dem Ziel – endlich. Doch es kann | |
> sein, dass es auf den letzten Metern noch verwässert wird. | |
Bild: Arbeiter in einer Färberei in Bangladesch | |
Das Lieferkettengesetz, das die Europäische Union gerade grundsätzlich | |
beschlossen hat, ist auch eine späte Reaktion auf die Katastrophe von Rana | |
Plaza. [1][Beim Einsturz der Textilfabrik in Bangladesch vor zehn Jahren | |
starben] über 1.000 Arbeiter:innen. Dank [2][der EU-Richtlinie] werden | |
viele Unternehmen künftig darauf achten müssen, dass so etwas nicht noch | |
einmal passiert. Diese Regulierung trägt dazu bei, die Lage der | |
Beschäftigten weltweit zu verbessern. | |
Wobei auf den letzten Metern in Brüssel noch alles Mögliche passieren kann. | |
Bisher ist die Einigung erst vorläufig. Auch deutsche Industrieverbände wie | |
der BDI und der VCI wollen das Gesetz durchlöchern und verschieben. | |
Einstweilen jedoch scheint das Vorhaben ein großer Erfolg zu werden: | |
Unternehmen sind künftig verpflichtet, die sozialen und ökologischen Rechte | |
der Beschäftigten ihrer Lieferanten in aller Welt zu berücksichtigen. Das | |
gilt ebenso für die Anwohner:innen der Zulieferfabriken und ihre Rechte | |
auf Land und saubere Umwelt. Ein rein freiwilliges Engagement reicht nicht | |
mehr. | |
Die Richtlinie geht über das deutsche Lieferkettengesetz hinaus, indem sie | |
auch kleinere Firmen einbezieht. Das EU-Gesetz soll schon ab 500 | |
Beschäftigten gelten, während die Grenze in Deutschland ab 2024 bei 1.000 | |
Arbeitnehmer:innen liegt. Und es soll eine schärfere Haftung gelten: | |
Geschädigte Arbeiter:innen in fernen Ländern können die hiesigen | |
Auftraggeber leichter auf Schadenersatz verklagen. Außerdem setzt die EU | |
einen positiven globalen Standard, weil das Gesetz gleichzeitig für viele | |
Unternehmen aus anderen Staaten gilt, die in der EU Geschäfte machen. | |
Für Konzerne wie VW wird es damit beispielsweise schwieriger, eine | |
[3][Fabrik in Xinjiang] zu betreiben, einer Provinz, in der die chinesische | |
Regierung systematisch die Menschenrechte verletzt. Auch die Herkunft | |
großer Mengen des Polysiliziums für Solarmodule von dort steht künftig | |
unter schärferer Beobachtung. Nicht ausgeschlossen erscheint, dass Firmen | |
menschenrechtliche Risiken ausschließen, indem sie von vornherein andere | |
Standorte wählen. Das Gesetz könnte damit einen Beitrag leisten, dass | |
Produzenten diktatorische Staaten verlassen – ein sympathischer | |
Nebeneffekt. | |
14 Dec 2023 | |
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[1] /Produktion-in-Billiglohnlaendern/!5527609 | |
[2] /Kontrollen-fuer-Textilindustrie/!5401760 | |
[3] /Bericht-zu-VW-Werken-in-China/!5974225 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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