# taz.de -- Mehrfache Pionierin im Eiskunstlauf: Olympische Fahnenträgerin | |
> Die Britin Mollie Phillips trug bei den Olympischen Winterspielen 1932 | |
> als erste Frau die Fahne ins Stadion – und war auch sonst häufiger die | |
> Erste. | |
Bild: Mollie Phillips posiert mit Schlittschuhen im Vorfeld der Winterspiele 19… | |
Sie war gar mehrfache Pionierin: erste Fahnenträgerin bei Olympischen | |
Spielen, erste Frau, die in den Vorstand eines Sportverbands gewählt wurde | |
und schließlich noch erste Kampfrichterin. Dass all dies geschehen würde, | |
hätte Mollie Doreen Phillips vermutlich selbst nicht gedacht, als sie sich | |
in den 1920er Jahren zum Jurastudium entschloss. | |
Phillips wurde 1907 in London geboren, die Familie betrieb eine derart | |
erfolgreiche Gummi-Schuhsohlen-Manufaktur, dass der Markenname Phillips in | |
England heute noch ein Deonym für Sohlen und Absätze ist. | |
Mollie war ein sportliches Kind, das sich [1][vor allem für das | |
Eiskunstlaufen interessierte]. Trainiert wurde sie unter anderem von einem | |
damaligen Starcoach, Howard Nicholson, der auch Sonja Henie betreute. | |
Zusammen mit ihrem Partner Rodney Murdoch gewann Mollie Phillips 1933 die | |
britischen Paarlauf-Meisterschaften, im selben Jahr wurden die beiden | |
Dritte bei der EM. Kurz darauf musste Murdoch allerdings seine Karriere | |
beenden, denn er war nach mehreren Handgelenksbrüchen nicht mehr in der | |
Lage, Hebefiguren auszuführen. | |
Allerdings hatte Philipps zu diesem Zeitpunkt schon ihre Solokarriere | |
begonnen, 1932 war sie bei den Olympischen Winterspielen in Lake Placid | |
Neunte geworden und hatte als erste Frau überhaupt die Fahne getragen. Das | |
lag vor allem daran, dass sie mit 24 Jahren die älteste britische Starterin | |
war. Das gesamte Team bestand aus lediglich vier Eiskunstläufern, von denen | |
drei minderjährig, die beiden jüngsten 13 und 11 Jahre alt waren. | |
## Spaß bei herausragenden Vorstellungen | |
1939 wurde Phillips als weltweit erste Frau in den Vorstand der „National | |
Skating Association“ gewählt. Die Freude der konservativeren Kollegen über | |
ihre Berufung war nicht sehr groß, wie sie sich später erinnerte. Von | |
solchen Details ließ sich die junge Frau aber nicht abhalten, genau die | |
Position anzustreben, die sie gern haben wollte und kurze Zeit später wurde | |
sie tatsächlich zur weltweit ersten Kampfrichterin ernannt. | |
Viel Zeit für Freude an der neuen Aufgabe blieb Phillips allerdings nicht. | |
Anfang der 40er Jahre trat sie den Hilfstruppen der britischen Armee bei, | |
welche Aufgaben sie dort bis 1944 genau verrichtete, ist jedoch unbekannt. | |
Für die damalige Zeit typische Frauenjobs werden es nicht gewesen sein, | |
[2][die spätere Königin Elisabeth] arbeitete damals beispielsweise als | |
Lkw-Mechanikerin. Vielleicht war Phillips sogar mit geheimdienstlichen | |
Aufgaben betraut. Ihr Vater war jedenfalls ab 1940 bei der „Special Duties | |
Branch“ aktiv, in der Zivilisten für den Fall einer Invasion | |
Großbritanniens durch die Nazis in Spionagetätigkeiten ausgebildet wurden. | |
Ein im British Resistance Archive erschienener Nachruf auf Mollie Phillips | |
enthält nur wenige Details über ihre Tätigkeit, mutmaßlich war sie als | |
Funkerin ausgebildet worden. | |
1948 bei der Eiskunstlauf-WM in Davos hatte Phillips ihren ersten großen | |
internationalen Auftritt als Kampfrichterin. Viermal, zuletzt [3][in | |
Sapporo 1972], vergab sie bei Olympischen Winterspielen Punkte. Insgesamt | |
war sie bei rund 50 großen Sportereignissen dabei. Nichts habe ihr mehr | |
Spaß gemacht, als eine herausragende Vorstellung mit einer 6.0 zu bewerten, | |
sagte sie später. | |
Nebenher arbeitete Phillips ehrenamtlich in Wales als Friedensrichterin, | |
war regionale Chefin der Pfadfinderinnen sowie ab 1961 Generalkommissarin | |
für Einkommenssteuer. Dazu leitete sie einen Bauernhof, auf dem Milchvieh | |
gehalten wurde und betätigte sich mit großem Erfolg als Züchterin. Sie | |
starb am 15. Dezember 1994 im Alter von 87 Jahren in London. | |
29 Dec 2023 | |
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## AUTOREN | |
Elke Wittich | |
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