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# taz.de -- Stichwahl im westafrikanischen Liberia: Revanche geglückt
> Joseph Boakai wird nächster Präsident. Er löst George Weah ab, der einst
> auf dem Fußballplatz erfolgreicher war als die letzten Jahre an der
> Spitze des Landes.
Bild: Joseph Boakai bei der Stimmabgabe in Liberias Hauptstadt Monrovia am Donn…
Cotonou taz | Es gibt Glückwünsche für Joseph Boakai, Liberias zukünftiges
Staatsoberhaupt. Offiziell hat die Wahlkommission das zwar noch nicht
bestätigt. Doch mehr als 99 Prozent der Stimmzettel [1][der Stichwahl um
das Präsidentenamt], die am vergangenen Dienstag stattfand, sind
ausgezählt. 50,89 Prozent wählten den 78-Jährigen, der nach Angaben der
britischen BBC mit einem Vorsprung von 28.000 Stimmen uneinholbar vor
[2][Amtsinhaber George Weah] liegt.
Weah, der 1995 zum Weltfußballer gewählt wurde, hat das früh erkannt. Noch
bevor das Lager um Boakai den Sieg für sich reklamierte, sagte er: „Das
liberianische Volk hat gesprochen, und wir haben seine Stimme gehört.“
Seine Partei, der Kongress für demokratischen Wandel (CDC), habe die Wahl
zwar verloren. Liberia aber habe gewonnen. Damit hat er deutlich gemacht,
dass er das Ergebnis akzeptiert. [3][In Westafrika werden Wahlergebnisse]
häufig von den Unterlegenen gerichtlich angefochten, was zu Unruhen führen
kann.
Lob hatte es zuvor von den Wahlbeobachter:innen der Europäischen
Union gegeben. Am Wahltag sei es ruhig gewesen, und die Stichwahl war
besser organisiert als der erste Urnengang am 10. Oktober. Da hatte Weah
noch denkbar knapp mit einem Plus von 7000 Stimmen vorne gelegen. Boakai
war es aber gelungen, Anhänger:innen der restlichen 18
Kandidat:innen für sich zu gewinnen.
Nach Einschätzung der EU war auch der Wahlkampf für die Stichwahl
überwiegend friedlich verlaufen. Vor dem ersten Wahlgang, bei dem 2,4
Millionen registrierte Wähler:innen auch über das Repräsentantenhaus
sowie die Hälfte des Senats abstimmen konnten, war es allerdings zu
Ausschreitungen gekommen. In der Grafschaft Lofa starben Ende September bei
einem Zusammenstoß von Anhänger:innen der beiden politischen Lager zwei
Personen und 20 wurden verletzt. Die Zivilgesellschaft hatte die Gewalt
ebenso verurteilt wie die Vereinten Nationen.
Liberia gelingt damit zum zweiten Mal seit dem Ende des Bürgerkriegs der
politische Machtwechsel bei einer Wahl. Boakai, der der Einheitspartei (UP)
angehört, war zwölf Jahre lang unter Ellen Johnson-Sirleaf Vizepräsident,
verlor allerdings 2017 in der Stichwahl gegen Weah. Einen echten
Regierungsbonus hatte er damals nicht. [4][Johnson-Sirleaf,
Friedensnobelpreisträgerin 2011 und erste gewählte Präsidentin Afrika]s,
wurde kritisiert, dass sie Weah nicht im Wahlkampf unterstützt hatte. 2018
wurde sie aus der Partei ausgeschlossen.
Boakai präsentiert sich als jemand, der sich aus ärmlichen Verhältnissen an
die Spitze gearbeitet hat. Nur aufgrund seiner Zielstrebigkeit, seinem
Fleiß und dem Wunsch nach Bildung habe er die Universität von Monrovia mit
einem Bachelor in Betriebswirtschaft abschließen können. Den Kontakt zur
arbeitenden Bevölkerung habe er nie verloren, betont er auf seiner
Homepage. Bereits in den 1980er Jahren war er Landwirtschaftsminister und
leitete Projekte zur Dezentralisierung des Agrarsektors. Bei öffentlichen
Auftritten wirkte er aber häufig wenig dynamisch und erhielt 2017 den
Spitznamen „Sleepy Joe“, weil ihm während einer öffentlichen Veranstaltung
die Augen zugefallen waren.
In einem BBC-Interview vor der Wahl sagte Boakai, er wolle in den ersten
100 Tagen seiner Amtszeit sicherstellen, dass kein Auto mehr im Schlamm
steckenbleibe. Auch müssten Lebensmittelpreise sinken und die
landwirtschaftliche Produktion erhöht werden. Auch wolle er die Korruption
bekämpfen.
Das war vor sechs Jahren auch eins der Hauptziele von Weah, woran er
allerdings gescheitert ist. Nach mehreren Skandalen musste er noch im
vergangenen Jahr mehrere hochrangige Staatsangestellte und Vertraute
suspendieren. Die Unzufriedenheit darüber und die schwierigen
Lebensbedingungen – mehr als zwei Millionen der rund 5,2 Millionen
Einwohner:innen leben unterhalb der Armutsgrenze – haben Weah nun den
Wahlsieg gekostet.
18 Nov 2023
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## AUTOREN
Katrin Gänsler
## TAGS
Liberia
Westafrika
Liberia
Liberia
Afrobeat
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