# taz.de -- Griechenlands Linke sucht Nachfolge: Der Sunnyboy aus den USA | |
> Griechenlands linke Syriza sucht einen neuen Vorsitzenden. Aus der ersten | |
> Runde geht der politische Newcomer Stefanos Kasselakis als Favorit | |
> hervor. | |
Bild: Kandidat Stefanos Kasselakis am 18. September in der Syriza-Zentrale in A… | |
Athen taz | Am Sonntag hat Griechenlands linke Syriza-Partei die erste | |
Runde zur Wahl eines neuen Parteivorsitzenden absolviert, und Polit-Neuling | |
Stefanos Kasselakis geht als Favorit daraus hervor. Nach der Auszählung von | |
gut 98 Prozent der abgegebenen Stimmen votierten 45,04 Prozent der | |
Syriza-Mitglieder für Kasselakis. Die Ex-Arbeitsministerin [1][Efi | |
Achtsioglou] (38) vereinte 36,21 Prozent der Stimmen auf sich. Es folgen | |
mit weitem Abstand Ex-Finanzminister [2][Euklid Tsakalotos] (63) mit 8,78 | |
Prozent der Stimmen, Ex-Staatsminister Nikos Pappas (47) mit 8,7 Prozent | |
sowie Stefanos Tsoumakas (77) mit 1,29 Prozent. | |
An der Wahl am Sonntag nahmen exakt 146.635 Syriza-Mitglieder teil. Rund | |
40.000 Personen ließen sich erst am Wahlsonntag als neue Syriza-Mitglieder | |
registrieren. Sie waren sofort wahlberechtigt. Wer hingegen in dieser Woche | |
– also nach der ersten Wahlrunde – Syriza-Mitglied wird, ist in der | |
Stichwahl am kommenden Sonntag nicht wahlberechtigt. | |
Die Wahl war nötig geworden, nachdem der bisherige Parteichef Alexis | |
Tsipras nach dem schlechten Abschneiden Syrizas bei der [3][Parlamentswahl] | |
Ende Juni [4][seinen Rücktritt erklärt] hatte. | |
Die ersten Reaktionen deuten auf einen harten Politclinch hin. Kasselakis’ | |
Widersacherin in der Stichwahl, Efi Achtsioglou, attackierte Kasselakis, | |
ohne ihn namentlich zu nennen. Der nächste Sonntag werde darüber | |
entscheiden, „ob die Kämpfe, die wir vor uns haben, politisch ausgetragen | |
werden oder nicht“, eine klare Anspielung auf den politisch bisher | |
unerfahrenen Geschäftsmann Kasselakis. | |
Ihrem Gegner warf sie zudem vor, sich in „trüben Gewässern einfacher | |
Lösungen“ zu bewegen. Die Kämpfe sollten „auf dem realen Feld im Parlament | |
und in der Gesellschaft“ mit „Ernsthaftigkeit, Erfahrung und Verantwortung�… | |
geführt werden, so Achtsioglou. Ein weiterer Seitenhieb auf den | |
Politnewcomer Kasselakis, der im Gegensatz zu ihr kein Abgeordneter im | |
Athener Parlament ist. | |
## Als Jugendlicher in die USA und dort Karriere gemacht | |
Im exklusiven Gespräch mit der taz im Wahlkampf betonte Kasselakis, dass er | |
„von klein auf mit Tempo und autonom agiere“. Dank Alexis Tsipras sei erst | |
kürzlich sein Einstieg in die griechische Politik erfolgt. | |
„Schon im Alter von 15 Jahren wollte ich wieder (aus den USA; Anm. d. Red.) | |
nach Griechenland zurückkehren, um meiner Heimat zu dienen und hierzulande | |
nützlich zu sein. Das ist der geeignete Zeitpunkt, dies zu machen“, sagte | |
Kasselakis der taz. Auch wenn er nicht zum Syriza-Chef gewählt werde, | |
bleibe fortan „seine Basis in Griechenland“. | |
Geboren in Athen, erhielt der Sohn eines Unternehmers und einer Zahnärztin | |
mit 14 ein Vollstipendium der Phillips Academy High School in Andover im | |
US-Bundesstaat. Es folgten Uni-Abschlüsse in Pennsylvania in Finanzen und | |
internationaler Politik. Vor den US-Präsidentschaftswahlen 2008 arbeitete | |
er als Freiwilliger im Stab des damaligen Senators und heutigen | |
US-Präsidenten Joe Biden. Mit 21 fand er einen Job bei Goldman Sachs, mit | |
30 war er Reeder. | |
In der Griechenlandkrise gründete er die Onlineplattform „CVfromGreece“. Er | |
half so jungen Menschen, ihre Lebensläufe für Bewerbungen um einen Job oder | |
Studium fernab von Hellas zu verbessern. | |
## Den konservativen Premier Mitsotakis aus dem Amt jagen | |
Ein besonderes Augenmerk richtet Kasselakis auf die sofortige Angleichung | |
der griechischen Gesetzgebung an „die fortschrittlichsten europäischen | |
Länder in allen Fragen der Gleichstellung und des Schutzes für Frauen, | |
Alleinerziehende, Behinderte sowie LGBTQ+-Personen. Griechenland soll „ein | |
Modell für Integration und Gleichheit in ganz Europa“ werden, so | |
Kasselakis. | |
Er selbst lebt in einer in den USA geschlossenen Lebenspartnerschaft mit | |
einem Mann, dem Krankenpfleger Tyler McBeth. Das Paar plant, per Leihmutter | |
zu Kindern zu kommen. „Es macht mich traurig, dass wir in Amerika Kinder | |
haben können, die in Griechenland nicht anerkannt werden“, sagt Kasselakis. | |
Seine oberste Priorität aber, sagte Kasselakis zur taz, sei, „dass unser | |
Land demokratisch funktioniert. Das ist nicht der Fall. Es muss eine große | |
Säuberung von unten nach oben stattfinden. Überall. Dafür braucht man einen | |
robusten Magen und muss vielen das Spiel verderben. Ich bin bereit, dies zu | |
tun.“ | |
Erster Schritt dahin wäre es, den konservativen Premier Kyriakos Mitsotakis | |
aus dem Amt zu jagen. | |
18 Sep 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Griechische-Ministerin-ueber-Finanzpolitik/!5463730 | |
[2] /Tsakalotos-ueber-Griechenlands-Linke/!5784508 | |
[3] /Wahl-in-Griechenland/!5942886 | |
[4] /Alexis-Tsipras-tritt-bei-Syriza-zurueck/!5944350 | |
## AUTOREN | |
Ferry Batzoglou | |
## TAGS | |
Griechenland | |
Syriza | |
Parteien | |
Alexis Tsipras | |
Griechenland | |
Griechenland | |
Reiseland Griechenland | |
Syriza | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Griechenlands Syriza wählt Vorsitzenden: Genosse Kasselakis übernimmt | |
Die griechische Oppositionspartei Syriza hat ein neues Oberhaupt: Stefanos | |
Kasselakis. Seine Vision ist ein progressives Griechenland. | |
Alexis Tsipras tritt bei Syriza zurück: Griechenlands linker Konsolidierer | |
Nach der Schlappe bei den griechischen Parlamentswahlen tritt Alexis | |
Tsipras als Vorsitzender der linken Syriza zurück. Seine Verdienste | |
bleiben. | |
Tsipras gibt Syriza-Vorsitz ab: Ende der Ära Tsipras | |
Der griechische Ex-Premier Alexis Tsipras zieht Konsequenzen aus der | |
Wahlniederlage und kündigt seinen Rückzug vom Vorsitz an. | |
Wahlniederlage der griechischen Syriza: Eine einsame Partei in Athen | |
Die linke Syriza hat versäumt, für die Zeit nach der Wahl eine Koalition | |
vorzubereiten. Hinzu kommt, dass die Gesellschaft zutiefst konservativ ist. |