# taz.de -- Die Wahrheit: Ich, die Gitarren und noch mehr | |
> Ein Phänomen, zwei Städte: In Berlin und in Paris bringt ein verlassenes | |
> oder vergessenes Instrument die Gedanken zum Schwingen … | |
Bild: Das Ding! Baerbock und Scholz betrachten es im Katalog des tazshops | |
Musik ist drin im Folgenden, aber Achtung: Sie müssen fürs Weiterlesen | |
nicht musikalisch sein. Denn wie sang schon Freddy Quinn? „Jimmy wollt ein | |
Mädchen lieben / Doch ein andrer kam daher / Und als Trost sind ihm | |
geblieben / Die Gitarre und das Meer“. Bingo. | |
Unser Stich- und Triggerwort: „Gitarre“. Allerdings ohne Meer, dafür mit | |
mehr von anderem. „Juanita, Anita, das Mädchen aus der großen fernen Welt“ | |
taucht allerdings nur bei Freddy auf. Dafür spielt unsere Geschichte im | |
nahen Berlin-Neukölln und sogar in Paris. Und in jeder der beiden Städte | |
dreht es sich um je eine Gitarre! | |
Neulich sah ich also des Morgens im alternativ verhipsterten nördlichen | |
Teil des Planeten Neukölln: eine Gitarre. Beim Blick aus dem Fenster im | |
fünften Stock. Das ist per se nichts Ungewöhnliches hier. Passiert es doch | |
gern zu Neukölln, dass ein beseelter junger Mensch, alimentiert von Eltern | |
und Modelabels, zu jeglicher Tages- oder Nachtzeit sein musikalisches | |
Unkönnen herausposaunt. Doch hier gastierte kein junger Mensch, hier ließ | |
sich nur eine Gitarre blicken, und das weit oben, nämlich auf dem Dach des | |
gegenüberliegenden Hauses. Genauer gesagt, die Gitarre lehnte lasziv am | |
Schornstein. | |
Einfach so stand sie herum in der Dachlandschaft. Keiner kam, um sie | |
einzusammeln, an jenem Morgen nicht und auch an keinem der folgenden Tage. | |
Mutterseelenallein bei Wind und Wetter, Blitz und Donner blieb die Gitarre | |
sich selbst überlassen, muckte nicht auf, einzig ein Lufthauch spielte ihre | |
Saiten. Wie lautete ihr Schicksal? Wer hatte sein Spiel an den Nagel | |
gehängt beziehungsweise die Gitarre an den Kamin? | |
War es etwa der oder dieselbe wie zu Paris? Achtung, schneller Ortswechsel! | |
In die französische Kapitale. Jüngst erlebte ich ein musikalisches Déjà-vu | |
inmitten eines der großen Stadtparks. Traf ich doch promenierend eine | |
einsame Gitarre an. Heißa! Genauer gesagt, die Gitarre lehnte lasziv am | |
Stamm einer hohen Kiefer. Einfach so stand sie herum in der Grünlandschaft. | |
Wer hatte sein Spiel an den Nagel gehängt beziehungsweise die Gitarre an | |
den Kiefernstamm? Keiner kam, um sie einzusammeln, über Stunden nicht. | |
Doch, halt! | |
Als ich zwei Tage später jene Kiefer wieder passierte, da klaffte eine | |
Leere am Baum: Die Gitarre war weg. Hatte jemand, anders als in Neukölln, | |
das Gitarrenspiel wieder aufgenommen, erleichtert, dass sein musikalisches | |
Gerät noch herumstand? Oder war es so gewesen, dass die fixe Pariser | |
Müllabfuhr das Instrument eingesackt hatte? | |
Fragen über Fragen zu „Ich, die Gitarren und noch mehr“ – leider kann ich | |
hier und heute nicht alle beantworten. Ich schließe vielmehr mit Freddy | |
Quinn alias „Jimmy Brown“. Denn: „Sein Leben war nie leer / Denn es blieb… | |
ihm zwei Freunde / Die Gitarre und das Meer.“ Mehr davon! | |
19 Apr 2023 | |
## AUTOREN | |
Harriet Wolff | |
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