# taz.de -- Nachruf auf Ex-Bundestrainer Spilker: Anfechtbarer Netzwerker | |
> Heinz-Jochen Spilker war der erste BRD-Trainer, der wegen Dopings | |
> bestraft wurde. Später machte er in der Thüringer Sportpolitik Karriere. | |
Bild: Vielseitig: Trainer, Jurist und Sportfunktionär Heinz-Jochen Spilker | |
Der ehemalige Leichtathletik-Bundestrainer, Funktionär und Rechtsanwalt | |
Heinz-Jochen Spilker ist am 18. Dezember 2022 nach längerer Krankheit im | |
Alter von 74 Jahren in Erfurt verstorben. Der frühere West-Bundestrainer | |
Heinz-Jochen Spilker wurde im Jahr 1994 wegen „Inverkehrbringung“ von dem | |
in Deutschland nicht zugelassenen, vermännlichenden Anabolika-Präparat | |
„Anavar“ Ende der 1980er Jahre bei seinen Sprinterinnen in Hamm, Westfalen, | |
vom Amtsgericht Hamm zu einer Geldstrafe von 12.000 D-Mark verurteilt. | |
Damit war Spilker der erste Trainer aus dem Leistungssportbereich der | |
Bundesrepublik, der rechtskräftig vor Gericht wegen Dopings bestraft wurde. | |
Die ab 1987 bei Spilker [1][trainierende Sprinterin Claudia Lepping] hatte | |
bereits 1988 einen Brief an den Deutschen Leichtathletik-Verband | |
geschrieben und auf Spilkers Dopingmachenschaften aufmerksam gemacht, die | |
sie für sich konsequent abgelehnt hat. Der Leichtathletik-Verband anwortete | |
ihr, es müsse sich um ein Missverständnis handeln. Durch die später | |
folgende Strafanzeige [2][des Heidelberger Dopingaufklärers Werner Franke] | |
wurde Spilker nach umfassenden Ermittlungen und Zeugenaussagen als | |
Doping-Täter überführt. | |
Der studierte Jurist Spilker, der von allen sportlichen Ämtern im Westen | |
zuvor zurückgetreten war, versuchte unmittelbar nach dem Mauerfall einen | |
beruflichen Neuanfang im thüringischen Erfurt. Im November 1989 mietete | |
Spilker dort Räume an und führte mit Ansgard Schmidt, dem Vater und | |
Komplizen des 2021 wegen jahrelangen Blutdopings verurteilten Erfurter | |
Dopingarztes Mark Schmidt, eine Anwaltskanzlei. | |
Spilker wurde im September 1990, ein knappes Jahr nach seinem Umzug nach | |
Erfurt, in das Präsidium des Landessportbunds in Thüringen gewählt und nahm | |
das Amt des Rechtswarts an. Trotz seiner Verurteilung als einstiger | |
West-Doping-Trainer war er sogar von 1997 bis 2012 LSB-Vize-Präsident. Ein | |
fatales Signal für einen angeblich glaubwürdigen Sport. | |
## Engste Kontakte in die Thüringer CDU | |
Obendrein war der Thüringer Landessportbund [3][überwiegend mit | |
DDR-Sportfunktionären] besetzt. Außerdem hatte der Jurist Spilker engste | |
Kontakte in Thüringer CDU-Regierungskreise und war auch mehrere Jahre | |
Aufsichtsratsvorsitzender der Sportmanagement GmbH des Landessportbundes. | |
Ebenso interessant sind andere Verbindungen: In Spilkers Kanzlei in Erfurt | |
arbeiteten auch zwei ehemalige Thüringer Minister und CDU-Politiker mit. | |
Andreas Birkmann, der von 1986 bis 1991 als Richter am Bundesgerichtshof in | |
Karlsruhe wirkte und danach in die Thüringer Staatskanzlei wechselte, war | |
von 1999 bis 2002 Justizminister des Freistaats. | |
Der Pfälzer Manfred Scherer, der von 1999 bis 2006 als Staatssekretär im | |
Justiz- beziehungsweise Innen-Ministerium Verantwortung trug, war von Mai | |
2008 bis November 2009 Thüringer Innenminister. Danach nahm er eine | |
Anwaltstätigkeit in der Spilker-Kanzlei auf. Zum 20. Kanzlei-Jubiläum von | |
Spilker und Collegen im Herbst 2009 waren neben zahlreichen Gästen aus | |
Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Sport auch Ex-Ministerpräsident | |
Bernhard Vogel und die damals amtierende Ministerpräsidentin Christine | |
Lieberknecht (beide CDU) zu Gast. | |
22 Dec 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Gesetz-zur-Dopingopferhilfe/!5548904 | |
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[3] /Personalie-im-Thueringer-Skiverband/!5351573 | |
## AUTOREN | |
Thomas Purschke | |
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