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# taz.de -- Südafrikas Präsident: Ramaphosa bleibt im Amt
> Das Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten hat die ANC-Mehrheit im
> Parlament abgewendet. Mit schmutzigen Tricks, sagt die Opposition.
Bild: Ramaphosa (Mitte) soll Gelder veruntreut haben
Johannesburg taz | Haben Todesdrohungen gegen Parlamentsabgeordnete
Südafrikas Präsidenten Cyril Ramaphosa vor einem Amtsenthebungsverfahren
(Impeachment) bewahrt? Diese Darstellung mag weit hergeholt sein. Doch
[1][Ramaphosas Verbleib im Amt] steht nun im Zwielicht.
Ramaphosa überstand ein Votum im Parlament am Dienstagabend, die Schlüsse
eines kritischen Untersuchungsberichts gegen ihn anzunehmen und damit den
Weg zu einem Impeachmentverfahren zu ebnen, mit 214 zu 148 Stimmen, bei
zwei Enthaltungen. Nur fünf Abgeordnete des regierenden ANC (African
National Congress) stimmten gegen ihren Präsidenten – viel weniger als die
30 bis 60, mit denen manche Oppositionelle gerechnet hatten.
Das lag vor allem daran, dass es keine geheime Abstimmung gab: Jedes
Parlamentsmitglied wurde im Plenum namentlich aufgerufen und musste dann
„Ja“ oder „Nein“ sagen.
Die Parlamentsberatungen am Dienstag im Rathaus von Kapstadt – [2][das
Parlamentsgebäude in Kapstadt wurde zur Jahreswende von einem Brandstifter
abgefackelt] – zeugten vom zunehmend schmutzigen politischen Klima in
Südafrika.
## „Eure Tage am Leben sind gezählt“
Noch vor ihrem Beginn wurden Todesdrohungen gegen einzelne Abgeordnete
publik, darunter die Parteiführer Bantu Holomisa vom UDM (United Democratic
Movement) und Mzwanele Nyhontso vom PAC (Pan Africanist Congress of
Azania), zwei schwarze Oppositionsparteien.
“Wir warnen euch, Holomisa und Nyhontso,“ lautete die SMS-Drohung, die
Medien zugespielt wurde. Sollten die beiden das von der Oppositionspartei
ATM (African Transformation Movement) eingebrachte Votum am Dienstag
unterstützen, „werden wir euch erledigen. Eure Tage am Leben sind gezählt.�…
Ramaphosas politische Zukunft wurde damit zu einer Sache von Leben und Tod.
Die Polizei ermittelt.
Im Parlament verlangten Oppositionsabgeordnete daher am Dienstag eine
geheime Abstimmung, damit das Votum angstfrei stattfinde. Doch
Parlamentspräsidentin Nosiviwe Mapisa-Nqakula, ein ANC-Mitglied, lehnte das
ab.
Die „Speaker“ habe die Drohungen ignoriert und damit „irrational und
rücksichtslos“ gehandelt“, kritisiert Mzwanele Manyi, Sprecher der nach
Ramaphosas Vorgänger benannten Jacob-Zuma-Stiftung. „Sie hat ihre
Verantwortung gemäß der Verfassung ignoriert, Abgeordnete zu schützen, die
nach ihrem Gewissen entscheiden wollen.“
## Die alte Dame sagt „Ja“
Die namentliche öffentliche Abstimmung war nicht ohne Drama: Wer traut
sich, „Ja“ zum Impeachment zu sagen? Die ANC-Fraktionsführung hatte ihren
Abgeordneten für diesen Fall mit Ausschluss gedroht.
Die erste, die sich traute, war Nkosazana Dlamini-Zuma, Exfrau von Jacob
Zuma, ehemalige Außenministerin und Ramaphosas wichtigste Gegenkandidatin
bei der letzten parteiinternen Führungskür 2017, als Jacob Zuma wegen
Korruptionsvorwürfen abgesetzt wurde. Sie hatte damals knapp gegen
Ramaphosa verloren.
„Als diszipliniertes ANC-Mitglied stimme ich mit Ja“, erklärte die
stattliche alte Frau jetzt im Plenum. Ihre Parteikollegen schwiegen
entsetzt, die Opposition jubelte.
Für das Impeachmentverfahren stimmten aus den Reihen des ANC außerdem
Mervyn Dirks, Thandi Mahambehlala, Supra Mahumapelo und Mosebenzi Zwane.
Der wichtigste Gegenkandidat Ramaphosas beim bevorstehenden Parteitag,
Zweli Mkhize, sowie die öffentlich zu Ramaphosas Rücktritt aufrufende
Lindiwe Sisulu waren abwesend.
Sozialaktivist Sacky Elago nennt Dlamini-Zumas Entscheidung, sich
öffentlich ihrer Parteiführung zu widersetzen und für weitere
Untersuchungen des „Phala Phala“-Korruptionsskandals einzutreten, mutig.
„Dies dürfte alle jungen Politiker daran erinnern, dass wir immer unseren
Prinzipien treu bleiben müssen, auch wenn uns das etwas kostet“, sagt er.
## Bargeld im Präsidentensofa
Phala Phala ist der Name von Ramaphosas Farm. Im Jahr 2020 wurden dort
große Mengen ausländisches Bargeld aus ihrem Versteck in einem Sofa
gestohlen. Eine nach dem Publikwerden dieser Affäre eingesetzte
Untersuchungskommission unter dem pensionierten Richter Sandile Ngcobo kam
am vergangenen Dienstag zu dem Schluss, dass der Präsident seine
verfassungsgemäßen Pflichten zu gesetzestreuem und ethischem Verhalten
verletzt haben könnte, indem er undeklarierte 4 Millionen US-Dollar in
seinem Sofa aufbewahrte und nach deren Verschwinden mutmaßliche Verdächtige
in Namibia kidnappen und in der Farm verhören ließ, bevor sie Schweigegeld
bekamen.
In Reaktion auf den Untersuchungsbericht soll Ramaphosa zunächst zum
Rücktritt entschlossen gewesen sein, aber nach Beratungen änderte er seinen
Kurs und geht nun juristisch gegen den Bericht vor. Am vergangenen
Wochenende erklärte Ex-Geheimdienst Arthur Fraser, dessen Anzeige gegen
Ramaphosa die Untersuchung ins Rollen gebracht hatte, es gebe ein Komplott,
ihn umzubringen. Fraser ist ANC-Mitglied und einst enger Vertrauter von
Jacob Zuma.
All dies erinnert an das giftige Klima im ANC 2017-18, [3][als Jacob Zuma
über Korruptionsvorwürfe] stürzte und Cyril Ramaphosa seine Nachfolge
antrat. Ramaphosa setzte sich damals mit seinem Versprechen durch,
Korruption zu bekämpfen. Seine Gegner warfen ihm jedoch Stimmenkauf und
eine Säuberung des ANC vor.
Erst am Montag schloss der ANC seinen ehemaligen Sprecher Carl Niehaus aus.
Der weiße ANC-Veteran, der zu Apartheidzeiten im Gefängnis saß und später
Nelson Mandelas Sprecher wurde, hatte zuletzt ANC-Demonstrationen gegen
Ramaphosa angeführt.
Das Parlamentsvotum hat Ramaphosa nun gerettet und ihn zugleich geschwächt.
Er verdankt sein politisches Überleben der ANC-Fraktion und musste sich am
Ende bei ihr bedanken. Die nächste Kraftprobe steht bevor: Am Freitag
beginnt ein ANC-Wahlparteitag, um den Präsidentschaftskandidaten der
Regierungspartei für Südafrikas Wahlen 2024 zu küren.
14 Dec 2022
## LINKS
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## AUTOREN
Tintswalo Baloyi
## TAGS
Südafrika
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