| # taz.de -- Aus für RBB-Sendung „Chez Krömer“: Die Katze ist tot | |
| > „Chez Krömer“ von Kurt Krömer wird abgesetzt. Die TV-Sendung lebte von | |
| > der Konfrontation mit unliebsamen Gästen wie Frauke Petry oder Diether | |
| > Dehm. | |
| Bild: Mimt gerne den schrulligen Nachbarn aus Berlin-Neukölln: Kurt Krömer | |
| Er sei ja nicht tot, sagt Comedian Kurt Krömer in die Kamera eines Videos, | |
| das er am Dienstag auf seinem Instagramkanal veröffentlichte. Er lebe ja | |
| noch. Der [1][TV-Sender RBB] hatte [2][einen Tag zuvor bestätigt], dass die | |
| Sendung „Chez Krömer“ nach sieben Staffeln und 41 Folgen abgesetzt wird. | |
| Den Schlusspunkt markiert somit die eskalierende letzte Folge der siebten | |
| Staffel mit seinem Gast, dem Influencer und Comedian [3][Faisal Kawusi]. | |
| Krömer hatte diese Folge frühzeitig mit dem Satz „Heute ist der Tag, wo ich | |
| glaube […], dass ich nach Hause gehe und mal gucke, ob ich das Konzept | |
| vielleicht noch mal überdenke“ beendet, nachdem sich die Gesprächssituation | |
| zugespitzt hatte („Wir haben nur Arschlöcher jetzt hier, wir haben | |
| inklusive dir nur Arschgeigen bis jetzt gehabt.“). | |
| Was der tatsächliche Grund für das Aus ist, das lässt der RBB auf Nachfrage | |
| der taz offen und beruft sich auf die Begründung von Kurt Krömer. Der ließ | |
| verkünden: „Es ist für mich an der Zeit für neue künstlerische Abenteuer. | |
| Mir war klar, dass ‚Chez Krömer‘ kein Format ist, das ewig laufen wird. | |
| Dass es am Ende dann doch 41 Folgen geworden sind, hat mich selbst | |
| überrascht. Mein Bedarf an Arschlöchern ist damit gedeckt.“ | |
| Die zahlreichen Texte und Analysen, die seit dem Eklat geschrieben worden | |
| sind, muten an, als sei da tatsächlich etwas gestorben. Ein Tod, der sich | |
| lange angekündigt hat, so scheint es. Und obwohl Krömer betont, dass er ja | |
| noch lebe, schreibt er gleichzeitig auch selber unter sein Video „Klappe | |
| zu, Katze tot“. Am Tag zuvor heißt es unter einem anderen Post: „Ich habe | |
| die Katze erschossen.“ Eine Anspielung auf den Einstiegssatz seiner Sendung | |
| „Chez Krömer“: „Na dann wer’n wa mal sehen, was uns die Katze vor die … | |
| gelegt hat.“ | |
| ## Wie beim Verhör | |
| Was ist dran an der These, dass Format der Sendung habe lange nicht mehr | |
| funktioniert? Gehen wir einmal zurück zum Anfang, ins Jahr 2019, als alles | |
| anfing. Gemeinsam mit Produzent und taz-Kolumnist Friedrich Küppersbusch | |
| und dessen Firma probono.tv hatte Kurt Krömer nach längerer | |
| Fernsehabstinenz das Konzept der Sendung „Chez Krömer“ entwickelt. Die | |
| Kulisse war einem Verhörraum nachempfunden, in dem Krömer seine Gäste | |
| interviewte. | |
| Aus einer Akte las er trocken eine Frage nach der anderen vor, auf einem | |
| alten Farbfernseher wurde „belastendes Material“ eingespielt. Es ging | |
| darum, die Gäste zu konfrontieren; sie sollten Krömer ausgeliefert sein, so | |
| die Idee. Schon vor Beginn [4][sagte Krömer]: „Die Gäste finde ich jetzt | |
| schon fürchterlich, aber genau darin liegt ja der Reiz.“ | |
| So ganz blieb es dann aber nicht dabei. Bei „Chez Krömer“ waren neben der | |
| ehemaligen AfD-Parteisprecherin Frauke Petry, der ehemaligen | |
| CDU-Politikerin Erika Steinbach oder dem zum damaligen Zeitpunkt | |
| Linkenpolitiker Diether Dehm, also Personen, die Krömer offenkundig | |
| unsympathisch waren, auch Gäste zum Verhör geladen, die Krömer sympathisch | |
| waren oder deren Fan er war. Rapper Sido zum Beispiel, Comedian Teddy | |
| Teclebrhan oder Schwulenaktivist und Regisseur Rosa von Praunheim. | |
| Herauszuheben ist die meistgesehene Folge mit Comedian Torsten Sträter. Sie | |
| bildet in der Rückschau sicherlich einen Höhepunkt der Sendung. Auch weil | |
| sie sich vom ursprünglichen Format loslöste. In der „Verhörsituation“ | |
| entstand zwischen Sträter und Krömer damals ein ehrliches Gespräch [5][über | |
| Depressionen]. Es ist ein berührender Moment, in dem Krömer erstmals | |
| öffentlich über seine eigene Depression sprach. Später schrieb Krömer sogar | |
| ein Buch über seine Krankheit. | |
| Schon in seinen früheren Sendungen hatte Krömer keinen Respekt vor seinen | |
| Gästen. Er heuchelte auch kein Interesse. Was die Gesprächssituationen von | |
| damals interessant machte, war ein Gefühl, das er bei den | |
| Zuschauer:innen herstellte: Ungewissheit. | |
| Es blieb unklar, wohin er mit dem Gespräch wollte, ob er überhaupt | |
| irgendwohin wollte. Es waren manchmal sinnlose Gespräche, | |
| Quatsch-Situationen, die er entstehen ließ, in denen er sich über seine | |
| Gäste lustig machte und es ihm mit diesem Humor letztlich gelang, seine | |
| Gäste auch aus der Reserve zu locken. | |
| ## Manchmal fehlte die Komik | |
| Bei „Chez Krömer“ war das anders, da ja bereits das Setting klarmachte, was | |
| hier passieren sollte: Ein Gespräch im Verhörraum, also eine Konfrontation. | |
| Früher lag der Witz von Kurt Krömer noch darin, dass er sympathisch aus der | |
| Welt gefallen wirkte, als schrulliger Nachbar aus Berlin-Neukölln, mit | |
| dessen Missgeschicken man sich zum Teil identifizieren konnte. | |
| Jüngst wirkte es besonders in Staffel sieben von „Chez Krömer“ bald so, a… | |
| habe der Moderator die Kunstfigur Kurt Krömer im Vorraum zum Verhör sitzen | |
| gelassen. Seinen unliebsamen Gästen, darunter Ex-Bild-Chefredakteur | |
| [6][Julian Reichelt] oder den ehemaligen FPÖ-Politiker H. C. Strache trat | |
| er nun als Privatperson mit seiner privaten Meinung gegenüber. Zu Recht | |
| wurde vor allem die Episode mit Julian Reichelt kritisiert. | |
| Darin kam er am Ende fast wie ein Opfer von Krömers Sendung daher, das kaum | |
| die Möglichkeit bekam, auf Krömers Angriffe zu antworten und wenn doch, | |
| dies ziemlich souverän tat. Zum Ende hin fehlte der komische Moment, der | |
| vielleicht sogar mit einem Julian Reichelt oder H. C. Strache hätte | |
| entstehen können. Krömer ließ solch einen Moment nicht zu. Seine private | |
| Haltung und Ablehnung dieser Personen verhinderte das. Es beherrschte das | |
| Gespräch, machte Krömer unflexibel. | |
| Nicht das Format „Chez Krömer“ hat sich nach sieben Staffeln abgenutzt und | |
| selbst überholt, es war der Moderator und Künstler Kurt Krömer selbst, der | |
| sich von seiner Figur und der Sendung entfernt hat. | |
| Krömer erklärt das Ende auf Instagram so: In der Depressions-Folge mit | |
| Torsten Sträter habe er gemerkt, dass hier etwas Neues entstehe. In seine | |
| neue Welt, die ohne Depression, habe die Sendung nicht mehr reingepasst. | |
| „Mein Körper hat die Sendung abgestoßen.“ Genau das haben die | |
| Zuschauer:innen gespürt. | |
| 7 Dec 2022 | |
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| [2] https://www.presseportal.de/pm/51580/5387188?utm_source=directmail&utm_… | |
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| [6] /Reichelt-Affaere-bei-der-Bild-Zeitung/!5880568 | |
| ## AUTOREN | |
| Erica Zingher | |
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| Oliver Polak | |
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