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# taz.de -- Vorstand von Juventus Turin tritt zurück: Fiktive Zahlen, juristis…
> Bilanzfälschung als neue „Calciopoli“? 16 Jahre nach dem
> Korruptionsskandal stehen Bilanzen des italienischen Dauermeisters unter
> Fälschungsverdacht.
Bild: Die Männer im Hintergrund: Pavel Nedved (l.) und Andrea Agnelli
Rom taz | „Erdbeben“. Wenn es um Juventus Turin geht, ist das am häufigsten
fallende Wort seit Montagabend, als Präsident Andrea Agnelli und dessen
Stellvertreter Pavel Nedved zusammen mit dem ganzen Vorstand ihr Amt
niedergelegt haben. Der Grund dieses überraschenden Rückzuges hat mit den
Ermittlungen der Turiner Staatsanwaltschaft zu tun: Der Klub wird wegen
Bilanzfälschung und Unregelmäßigkeiten bei Spielertransfers angeklagt.
Mittwochabend wurde der Antrag auf Anklageerhebung eingereicht: Betroffen
sind neben Agnelli dreizehn weitere Vorstandsmitglieder. In dreißig Tagen
soll der Richter bei einer Voranhörung beschließen, dem Antrag stattzugeben
oder auf Strafverfolgung zu verzichten.
Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft traf den Klub gewissermaßen
unvorbereitet: Der Rücktritt des Vorstands sollte die Juventus AG vor einem
Börsencrash schützen, wenn die Ermittlungen zu einer Anklageerhebung führen
sollten. Juventus hat sich bei einer Pressemitteilung erklärt und die
Vorwürfe der Bilanzfälschung abgestritten.
Unter strenger Sonderprüfung der Turiner Staatsanwaltschaft und der
italienischen Börsenaufsichtsbehörde (Consob) stehen die Bilanzen der
letzten drei Jahre, die mutmaßlich gefälscht wurden. Einerseits steht der
Zahlungsaufschub der Spielergehälter während der Hauptphase der Pandemie
2020/21 im Fokus: Der Klub habe nicht alle Saläre an Spieler und
Funktionäre korrekt versteuert. Ähnliche Unregelmäßigkeiten seien auch in
der Bilanz 2021/22 zu finden, wo laut Anklage 34 Millionen Euro fehlen.
Darunter die 19,9 Mio. der „[1][Carta Ronaldo]“, jenes Dokumentes, das eine
einmalige Zahlung an den damaligen Juve-Star aufweist: Brisant, da der Klub
ausgewiesen hatte, dass die Spieler während der Coronapandemie auf vier
Monatslöhne verzichtet hätten. In der Anhörung vor dem Staatsanwalt hat
Cristiano Ronaldo es vorgezogen, dazu keinerlei Fragen zu beantworten.
Dazu kommt das Thema Transfergewinne. Die Consob und die Turiner
Staatsanwälte sind davon überzeugt, dass einige Geschäfte fiktiv gewesen
sein, weil die Gewinne beim Spielerverkauf durch Überbewertung der Spieler
überhöht wurden. Darüber hatten schon die sportlichen Richter der
Fußballverband-Anwaltschaft Ende April ihr Urteil gesprochen: Alle
Angeklagten von Juventus und weiteren Klubs wie Sampdoria Genua, SSC Neapel
und Genua CFC wurden freigesprochen. Den Wert eines Spielers objektiv zu
bestimmen, sei unmöglich, urteilten die Richter. Die Akten dieses
Verfahrens hat nun doch die Turiner Staatsanwaltschaft beantragt, weitere
Entwicklungen sind wohl abzuwarten.
## 16 nach Calciopoli
Mittlerweile ist der Eindruck auf die italienischen Fußballwelt sehr stark.
Sechzehn Jahre nach dem Korruptionsskandal „[2][Calciopoli]“, in Folge
dessen Juventus mit dem Abstieg in die Serie B bestraft wurde, stürzt der
Klub der Familie Agnelli erneut ins Chaos. Der Rückzug des gesamten
Vorstandes wurde von John Elkann beschlossen, deswegen sieht es auch wie
eine Familienaffäre aus. Andrea Agnelli ist der Sohn von Umberto, John
Elkann der Enkel von Gianni Agnelli, Aufsichtsratsvorsitzender von
Stellantis, Ferrari und der Investmentgesellschaft Exor, welche die
Beteiligungen der Familienholding verwaltet. Der echte Machthaber also.
2010 hatte Elkann den damals unbekannten Cousin Andrea bei dessen
Kandidatur zum Präsidenten unterstützt. Die Ära von Luciano Moggi, Antonio
Giraudo und Roberto Bettega, die für den „Calciopoli“-Skandal die
Hauptverantwortung trugen, ging damals unrühmlich zu Ende.
Einen Wechsel der Klubführung hatte Elkann bereits geplant: Juventus hat in
den letzten Jahren zu viele Fauxpas begangen, auf und neben dem Platz.
Andrea Agnelli erlebte eine erfolgreiche Zeit als Präsident mit neun
Serie-A-Titeln in Folge, geriet aber immer wieder in die Kritik, unter
anderem, weil er als Verfechter der umstrittenen Super League gilt und bis
zuletzt für die Einführung dieser neuen Liga kämpfte.
Neuer Präsident ist jetzt Gianluca Ferrero, Geschäftsführer ist Maurizio
Scanavino: Beide Vertrauensmänner von John Elkann. Die Fans wünschen sich
die Rückkehr von Klublegende Alessandro Del Piero als Vizepräsidenten. Bei
der Vorstandssitzung am 18. Januar werden ein paar wichtige Entscheidungen
getroffen. Die Turiner Richter treffen vielleicht eine historische.
1 Dec 2022
## LINKS
[1] https://www.ilmessaggero.it/sport/calcio/juventus_cosa_rischia_carta_ronald…
[2] https://www.watson.ch/sport/unvergessen/910946023-calciopoli-skandal-um-juv…
## AUTOREN
Valeria Meta
## TAGS
Fußball
Juventus Turin
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