# taz.de -- WM-Überraschungsteam Saudi-Arabien: Der smarte Antreiber | |
> Vor der Partie gegen Mexiko hat Saudi-Arabien gar Chancen aufs | |
> Achtelfinale. Hervé Renard ist ein begabter Motivator und ein richtig | |
> guter Trainer. | |
Bild: Hérve Renard könnte man durchaus als Dirigenten des saudischen Teams be… | |
„Yallah“, sagt Hervé Renard, „wir müssen unseren Traum weiter träumen.… | |
54-Jährige lächelt ins Publikum. Renard hat die Chance, mit seinem Team ins | |
Achtelfinale dieser Weltmeisterschaft einzuziehen. Das haben die Saudis | |
schon einmal, 1994, geschafft, doch jetzt findet das Turnier im arabischen | |
Raum statt, und es hätte eine ungleich größere Bedeutung, zumal die | |
Russland-WM für die arabischen Teams enttäuschend verlief. | |
Die Auswahl Saudi-Arabiens müsste idealerweise Mexiko am Mittwoch schlagen. | |
Renard glaubt, dass das möglich ist. So, wie er daran glaubte, dass eine | |
Sensation gegen Argentinien drin ist. Das 2:1 gegen Messi und Co ist gewiss | |
in die WM-Geschichte eingegangen, ebenso wie die Kabinenansprache des | |
Franzosen in der Halbzeit. Sie wurde ein Social-Media-Hit. | |
Der saudische Fußballverband stellte nach dem Coup [1][eine etwa | |
zweiminütige Sequenz ins Netz], und sie ähnelt in gewisser Weise der | |
Motivationsrede, die Bundestrainer Jürgen Klinsmann im Jahre 2006 seinen | |
Spielern hielt, um sie gegen Polen anzutreiben: „Sie stehen mit dem Rücken | |
zur Wand, und wir knallen sie durch die Wand hindurch.“ Renard wütete nun | |
auch ein wenig. Ob ihnen klar sei, dass sie sich hier bei einer WM | |
befänden? Ob sie vielleicht noch ein hübsches Foto von Messi auf dem Platz | |
schießen wollten, bevor sie endlich anfingen, ihn zu verteidigen? „Was tun | |
wir hier?“ | |
Renard sprach sein englisches Kauderwelsch („Id donnt wörks“), übersetzt | |
wurde es von einem Mitarbeiter des saudischen Fußballverbandes ins | |
Arabische, wobei der Übersetzer nicht weniger laut schrie als der Coach aus | |
Aix-les-Bains. | |
## „Ich kann auch soft sein“ | |
Es sind Sätze, die Trainer in solchen Situationen immer wieder mal bemühen. | |
„In dem Fall hat es geklappt, meistens ist das ja nicht so. Ich bin | |
Trainer, ich muss die Jungs manchmal antreiben, aber ich kann auch soft | |
sein“, sagt Renard. Wer kennt die Fallstricke des Fußballs besser als er, | |
der in den Nullerjahren die Karriere des klassischen Weltenbummlers | |
eingeschlagen hat, des Tausendsassas, der mit seiner senegalesischen Frau | |
Viviane Dièye auch gern mal in der Yellow Press erscheint: Renard mit | |
freiem Oberkörper am Strand, kein Gramm zu viel, seine Frau in Modelpose. | |
Die Rolle als lächelnder Strahlemann und charmanter Beau spielt er perfekt, | |
und fast hätte er diese Fußball-Showbühne verpasst. | |
Denn nach seiner Karriere als mäßig begabter Verteidiger in der | |
französischen Liga 3 war Renard, man glaubt es kaum, als Reinigungskraft | |
unterwegs, zwar im Begriff, ein eigenes Geschäft aufzubauen, aber er | |
putzte: „Diese Zeit, als ich jeden Morgen um drei Uhr aufstehen musste, um | |
arbeiten zu gehen, vergesse ich nie. Diese Zeit hat mich auch gelehrt, | |
meine heutigen Erfolge im Fußball richtig einzuordnen und nicht abzuheben.“ | |
Zu seinem Glück wurde er Assistent von Claude Le Roy, eines weiteren | |
Trainernomaden. Renard arbeitete unter anderem in Vietnam, bevor er seine | |
große Liebe für den afrikanischen Fußball entdeckte. Ghana, Sambia, Angola, | |
Algerien, die Elfenbeinküste [2][und Marokko] – er kam viel herum, und war | |
auch ziemlich erfolgreich. 2012 gewann er mit Sambia [3][den Afrika-Cup]. | |
Das Kunststück wiederholte er drei Jahre später mit den Ivorern. Marokko | |
führte er zur WM in Russland. Dann ging es weiter nach Riad. Den Posten in | |
Saudi-Arabien übernahm er vor drei Jahren. Renard hat den „grünen Falken“ | |
taktische Disziplin beigebracht, was Vorgänger Bert van Marwijk | |
offensichtlich vergeblich versucht hatte. Renard setzt auf ein | |
4-2-3-1-System. | |
Angreifer Saleh Alsheri sagt: „Wenn uns irgendjemand unterschätzt hat, dann | |
ist das deren Fehler gewesen. Aber jetzt schauen sie uns eh mit anderen | |
Augen an.“ Das ist vielleicht auch ein Problem, denn der Höhenflug nach dem | |
Argentinien-Spiel endete am Sonntag nach einer unglücklichen Niederlage | |
gegen Polen. Jetzt wollen sie die Kräfte aber wieder bündeln. Hervé Renard | |
hofft auf ein „Stadion in Grün“. Seine Mutter wird wieder in der Arena | |
sein, „mein Head of Communications“. Und er sagt gleich mehrfach diesen | |
Satz: „Wir sind noch am Leben. Wir sind noch am Leben.“ | |
30 Nov 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/BenjaHajji/status/1595036555651043329?ref_src=twsrc%5Et… | |
[2] /Gruppe-B-Marokko--Iran/!5513539 | |
[3] /Afrika-Cup-im-Fussball/!5607488 | |
## AUTOREN | |
Markus Völker | |
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