# taz.de -- Wahlen in Lesotho: Königreich sucht Stabilität | |
> Lange stand Lesotho für Frieden und Stabilität. Doch in jüngster Zeit kam | |
> das kleine Land im Süden Afrikas nicht zur Ruhe. Nun stehen Wahlen an. | |
Bild: Wer macht das Rennen in Lesotho? Wahlkundgebung der Oppositionspartei LCD | |
MASERU taz | Die Wahlen in Lesotho an diesem Freitag fallen zusammen mit | |
den Feiern zum 56. Jahrestag der Unabhängigkeit in dieser Woche, aber für | |
diesen Urnengang könnte es keinen ungünstigeren Zeitpunkt geben. Früher war | |
das kleine Land hoch in den Bergen des südlichen Afrika, auf allen Seiten | |
von Südafrika umschlossen, ein Modell von Frieden und Stabilität, aber in | |
jüngster Zeit ist es eher ein Beispiel für Unruhe. | |
Das kleine Land, dessen zwei Millionen Einwohner größtenteils von | |
Wanderarbeit in Südafrika leben, hat außerdem unter der Wirtschaftskrise | |
infolge der Covid-19-Pandemie und des Krieges in der Ukraine schwer | |
gelitten. Rund ein Viertel der Bevölkerung hat nach mehreren Dürren in | |
Folge außerdem nicht genug zu essen. | |
Zwischen [1][2012 und 2017 gab es in Lesotho] drei Wahlen, und jedes mal | |
war das Ergebnis weitere Instabilität. Das Land hat seit der Unabhängigkeit | |
von Großbritannien 1966 auch drei Militärputsche erlebt, und einen | |
nichtmilitärischen Putsch durch [2][König Letsie III. im Jahr 1994]. Jede | |
Wahl ist damit ein Anlass zu Sorge. | |
Die Basotho wählen 120 Parlamentsabgeordnete, und die größte Partei stellt | |
den Premierminister. Die Wahl wird vor allem zwischen der regierenden ABC | |
(All Basotho Convention) von Premierminister Moeketsi Majoro und den | |
Oppositionsparteien DC (Democratic Congress) und LCD (Lesotho Congress for | |
Democracy) entschieden. Die letzten Wahlen in Lesotho 2017 fanden drei | |
Jahre vorzeitig statt, nachdem der damalige Premierminister Pakalitha | |
Mosisili per Misstrauensvotum gestürzt worden war. Damals gingen nur 46 | |
Prozent der registrierten Wähler an die Urnen. | |
## Reform gekippt | |
Wichtige politische Reformen wurden nun kurz vor der Wahl vom | |
Verfassungsgericht für nichtig erklärt. Die Reformen, die Regierungen | |
weniger krisenanfällig machen sollten, waren als wichtiger Schritt zu mehr | |
Stabilität begrüßt worden. Alles schien gut zu laufen, als alle großen | |
Parteien im Mai zusagten, bis Ende Juni das Verfassungsreformgesetzespaket | |
„Omnibus Constitutional Bill“ zu verabschieden und dann das Parlament | |
aufzulösen, damit nach 90 Tagen Neuwahlen stattfinden. Doch zwei wichtige | |
Bestandteile des Gesetzespakets wurden nicht rechtzeitig vor der | |
Parlamentsauflösung verabschiedet. | |
Als der König im August den Ausnahmezustand verhängte, um die Gesetze Ende | |
August doch noch verabschieden zu lassen, zog die Law Society of Lesotho | |
vor Gericht und das Verfassungsgericht erklärte am 12. September das ganze | |
Gesetzespaket für nichtig – „ein schwerer Schlag“, wie Liesl Louw-Vaudran | |
vom südafrikanischen Institut für Sicherheitsstudien (ISS) schrieb. | |
Die Reformbemühungen wurden vor allem von der Regionalgemeinschaft SADC | |
(Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika) vorangetrieben. [3][2014 | |
hatte SADC in Lesotho militärisch eingegriffen], als das Militär gegen | |
Premierminister Tom Thabane putschte und dieser nach Südafrika floh. SADC | |
sorgte für seine Wiedereinsetzung; er wurde dann 2015 abgewählt, aber 2017 | |
erneut ins Amt gewählt. | |
Im Jahr 2020 trat Thabane wieder ab, als seine Regierungskoalition | |
zerbrach, nachdem ihm vorgeworfen worden war, seine Exfrau ermordet zu | |
haben. Das machte die erneute, diesmal politische Intervention der SADC | |
notwendig, die nun gescheitert ist. Inmitten weiterer Krisen in Eswatini | |
und Simbabwe sowie dem Bürgerkrieg gegen islamistische Rebellen in Mosambik | |
hat die SADC jetzt aber für Lesotho keine Zeit. | |
## Gewalttätige Polizei | |
Derweil beklagen Menschenrechtsgruppen Brutalität seitens der | |
Sicherheitskräfte. So wurde im Januar Menschenrechtsanwalt Napo Mafaesa von | |
der Polizei unter dem Vorwurf festgenommen, verborgen eine Waffe getragen | |
zu haben. Er wurde gefesselt und ein Reifen wurde auf sein Gesicht | |
gepresst, bis er kaum atmen konnte, bevor man ihm kaltes Wasser aufs | |
Gesicht goss und ihn verprügelte. Er kam frei und verklagt jetzt die | |
Polizei auf 28.000 US-Dollar Schmerzensgeld. | |
Im Mai folterten Polizisten und Soldaten 35 Teilnehmer eines Protestes | |
gegen Stromausfälle. Die 19 Männer und 16 Frauen wurden dann wegen | |
Ruhestörung angezeigt. Eine Anwaltskanzlei in der Hauptstadt Maseru | |
verfolgt 58 Fälle von Polizeigewalt seit 2018; die Vorwürfe reichen von | |
Behinderung der Justiz bis zu Foltertod in Polizeigewahrsam. | |
Analysten warnen nun vor Gewalt nach der Wahl für den Fall, dass die | |
Parteien sich nicht über das Wahlergebnis einig sind. Sie warnen vor | |
entsprechend hartem Vorgehen der Sicherheitskräfte. | |
9 Oct 2022 | |
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## AUTOREN | |
Tsoanelo Mokhahlane | |
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