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# taz.de -- Die Wahrheit: Mauseln statt heizen!
> Energieberater empfehlen: Mehr Sex, um warm durch den kalten Winter zu
> kommen. Ein Überblick über die wichtigsten Kritikpunkte.
Bild: Das Gebot der Stunde: Jetzt die Sexheizung anwerfen!
Wenn den Aussagen führender Energiepolitiker Glauben geschenkt werden kann,
ist Sex das einzige, was uns sicher über den Winter bringt. „Bumst, sonst
sind wir verloren!“, hieß es unlängst auf dem schlaffen Banner einer
neoliberalen Partei – #fuckagainstputin klingt etwas moderner auf Twitter.
Tatsächlich halten namhafte Wissenschaftler den gar nicht mehr so steifen
Vorschlag für durchaus durchführbar. Die zusätzliche Endorphin- und
Dopaminausschüttung führt nach Aussagen der Heidelberger Professorin für
Thermo-Matratzendynamik Katharina Robrecht zu einer erhöhten Stress- und
Kälteresistenz, die dazu führt, dass die reale Kälte als nicht mehr so
belastend empfunden wird. Zusätzlich wird durch die körperliche Bewegung
Wärme produziert. Zwar liegen die Werte bei Nachkommastellen im
Grad-Celsius-Bereich, doch durch wiederholende Aktivitäten kann ein nicht
zu unterschätzender Effekt erzielt werden.
Eine französische Studie hat sich mit dieser Thematik bereits im Jahr 1969
beschäftigt und war zum Schluss gekommen, dass die hohen Temperaturen in
Räumen von älteren Leuten auf deren mangelnde sexuelle Aktivität und der
daraus resultierenden geringen Kälteresistenz zurückzuführen seien.
Daraufhin sprach man von Altersdiskriminierung und ließ das Thema schnell
wieder unter den Nierentisch fallen.
Doch die Zeiten haben sich gewandelt. Vereinzelt werfen erschlaffte
Kritiker zwar immer noch Pillen ein und behaupten, dass der Geschlechtsakt
nicht zur Wärmeerzeugung, sondern zur Fortpflanzung oder zumindest zum
Lustgewinn diene, doch gilt diese Einstellung inzwischen als antiquiert. Im
Gegenteil munkelt man inzwischen von einer neuen festen Säule in der
Bekämpfung der Energiekrise. Das Bundesforschungsministerium, kurz BuMs,
prüft, ob ein Anheizen des Sexualverhaltens nicht zu einer weiteren
Entlastung der deutschen Wirtschaft und der Staatskassen führen kann.
## Geschlechtsakt aufgegeben
Wirtschaftswaisen allerdings geben zu bedenken, dass verheiratete Paare
nach erledigtem Vollzug in der Hochzeitsnacht den Geschlechtsakt
erleichtert ganz aufgeben und auch viele andere ein vernachlässigtes
Koitusverhalten an die Nacht legen. Infolge der etwas nassforschen
Initiative des BuMs haben daraufhin gleich zwei Staatssekretäre für ein
Aufklärungsvideo vor laufender Kamera zahlreiche Stellungen durchexerziert,
die ein besonders hohes Wärmeerzeugungspotenzial mit sich bringen. Das
Video lässt sich über die Webseite des BuMs „herunterladen“.
Kritik kommt auch von einer Gruppe allein lebender Urbaner („Alurbs“), die
sich ebenfalls diskriminiert sieht, denn „ihr nicht selbstgewähltes
Schicksal würde neben der bestehenden sozialen Ächtung nun auch noch den
weiteren Makel der nicht erbrachten ‚Wärmeerzeugung‘ (so wird nun in
Fachkreisen der Geschlechtsakt genannt) mit sich bringen“. Sie fordern den
sofortigen Stopp der Maßnahmen.
Der investigative Journalist Daniel Darrenbarth beobachtete unlängst eine
Handvoll Politiker (CDU), die ein ganzes Wochenende ohne Wärmeerzeugung
verbrachten. Dieses unsolidarische Verhalten wird es der Regierung nicht
erleichtern, das neue Energiesparverfahren den Bürgerinnen und Bürgern
schmackhaft zu machen. Obendrein hat Darrenbarth zwei weitere Politiker
(ebenfalls CDU) dabei erwischt, wie sie sich eigenhändig Erleichterung
beschafften.
## Widerstand gegen Einzelwärmeerzeugung
Auch in niederdeutschen Kleinstädten scheint sich Widerstand gegen die
BuMs-Initiative formiert zu haben. Wie das Kommando „Omas gegen
Geschlechts“ mitteilte, seien es alte, weiße und auffallend beleibte
Männer, die Ehebetten durchgesägt und sie quer in den Raum gestellt hätten.
Aber es sei auch hier vereinzelt zu Fällen von Einzelwärmeerzeugung
gekommen, die bedauerlicherweise aus energetischem Aspekt deutlich
ineffizienter ist. Die erregten WiderständlerInnen sind momentan in einer
heißen Findungsphase und diskutieren unter Hochdruck über einen effizienten
und zugleich gangbaren Weg des Protests.
Ein schwedisches Institut hat zwischenzeitlich eine App entwickelt, anhand
derer der individuelle E-Score gemessen werden kann. Hier kann täglich
erzeugte Wärme und entwickelte Kälteresistenz eingegeben werden, womit
nachvollziehbar wird, wer den Kampf gegen die steigenden Energiekosten
maßgeblich unterstützt. Einige Politiker fordern gar, die eifrigsten 1.000
Wärmeerzeuger mit einer Auszeichnung zu belohnen, um einen zusätzlichen
Anreiz zu setzen.
Einig ist man sich im BuMs darüber, dass Bürgern, die sich der
Wärmeerzeugung entziehen, ein Verwarnungsgeld ausgesprochen werden muss, um
den gesellschaftlichen wie ökonomischen Schaden zu begrenzen. Es bleibt zu
hoffen, dass noch vor dem kalten Winter eine Lösung in dieser wichtigen
gesellschaftlichen Frage gefunden wird.
16 Sep 2022
## AUTOREN
Malte Wirtz
## TAGS
Energiekrise
Heizung
Sex
Energiesparen
Kolumne Die Wahrheit
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