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# taz.de -- Korruptionsprozess in Argentinien: Druck auf Cristina Kirchner stei…
> Argentiniens Vize soll ihr Amt unter anderem für eine von ihr geführte
> kriminelle Vereinigung missbraucht haben. Deren Anhängerschaft ist
> alarmiert.
Bild: Buenos Aires am Montag: Protest gegen Argentiniens Vizepräsidentin Kirch…
Buenos Aires taz | Im [1][Korruptionsprozess] gegen Cristina Kirchner hat
die Staatsanwaltschaft in Buenos Aires eine Haftstrafe von 12 Jahren und
ein lebenslanges Verbot der Ausübung öffentlicher Ämter gefordert. Nach
Auffassung der Staatsanwaltschaft hat sich die Ex-Präsidentin und
amtierende Vizepräsidentin als Chefin einer kriminellen Vereinigung der
Korruption und des Amtsmissbrauchs schuldig gemacht.
„Die Korruption war die Regel und der Rechtsstaat wurde ins Abseits
gestellt“, erklärte Staatsanwalt Diego Luciani am Montag in seinem
Plädoyer. In dem öffentlichen Verfahren geht es um 51 Straßenbauprojekte in
der Provinz Santa Cruz, deren Aufträge vor allem die Baufirma Austral
Construciones des Unternehmers Lázaro Báez in den Jahren 2003 bis 2015 von
der Regierung erhalten hatte. Es handelt sich um eine Summe von umgerechnet
knapp einer Milliarde Euro.
Zu den insgesamt [2][13 Angeklagten] gehören neben Kirchner ihr
Ex-Planungsminister Julio de Vido, ein Ex-Staatssekretär, der Ex-Chef der
nationalen Straßenbauverwaltung sowie der Bauunternehmer Lázaro Báez. Die
übrigen Angeklagten sind niederrangige frühere Beamte. Die von der
Staatsanwaltschaft geforderten Haftstrafen liegen zwischen zwei und zwölf
Jahren.
Austral Construciones war nur wenige Monate vor dem Antritt von
Staatspräsident Néstor Kirchner von dem ehemaligen Bankangestellten Lázaro
Báez gegründet worden. Báez, bar jeglicher Bauerfahrung, avancierte während
der Präsidentschaften von Néstor und Cristina Kirchner (2003–2015) zum
reichsten Bauunternehmen in Santa Cruz, der Heimatprovinz der Kirchners.
Néstor Kirchner war Kopf der Vereinigung und Báez nicht mehr als eine
Strohfigur. Nach Kirchners Tod im Oktober 2010 habe dessen Ehefrau Cristina
Kirchner die Führung übernommen, so die Staatsanwaltschaft. Kurz nach der
verlorenen Präsidentschaftswahl 2015 hatte die Baufirma Konkurs angemeldet
und sämtliche Beschäftigte entlassen. [3][In einem anderen Verfahren] war
Báez im Februar 2021 zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden, da er die
Herkunft seines Reichtums nicht erklären konnte.
Zwar genießt Vizepräsidentin Cristina Kirchner Immunität. In Argentinien
kann jedoch gegen alle Amtsträger*innen und Parlamentarier*innen
ohne Aufhebung der Immunität ermittelt und ein Verfahren eingeleitet
werden. Die Immunität schützt jedoch vor der Festnahme und bei einer
Haftstrafe vor der Inhaftierung. Eine Verurteilung hätte für Cristina
Kirchner und die Regierung zunächst keine unmittelbaren Konsequenzen.
## Verfahren via Zoom
Strafprozesse sind in Argentinien zweigeteilt. Im ersten Teil wird
nichtöffentlich ermittelt, ob ausreichend Beweise und Indizien vorliegen,
um den öffentlichen Teil des Verfahrens einzuleiten. Nachdem 2018 die
ausreichende Indizienlage von einem Richter festgestellt wurde, begann im
Mai 2019 die mündliche Verhandlung vor dem 2. Bundesgericht in Buenos
Aires.
Seit dem Beginn der Pandemie wird das Verfahren via Zoom geführt und auf
dem [4][Streamingkanal der Justiz] gezeigt und aufgezeichnet. Über 100
Zeug*innen wurden gehört. Seit Anfang August schlagen die Plädoyers der
beiden Staatsanwälte hohe Wellen.
An neun Verhandlungstagen reihten sie ihre Beweiskette auf. Sie soll
belegen, wie Milliardenbeträge über fingierte Ausschreibungen, die
Nichtumsetzung der Baumaßnahmen und mangelnde Kontrolle durch die Behörden
aus dem Staatshaushalt unrechtmäßig in die Kassen der Baufirmen geflossen
sind.
Kirchners Anhängerschaft ist alarmiert. „Wir können nicht zulassen, dass
Cristina verurteilt wird oder ins Gefängnis geht“, warnte Hebe de Bonafini,
die Vorsitzende der Mütter der Plaza de Mayo. Die Vizepräsidentin müsse mit
allen Mitteln verteidigt werden. „Es muss einen Volksaufstand geben. Wir
sind Gerechtigkeit“, sagte Hebe de Bonafini und sprach damit für viele im
Kirchner-Lager.
Statt sich mit den Korruptionsvorwürfen auseinanderzusetzen, wird dort der
Vorwurf des Lawfare (law und warfare) erhoben. Damit ist die politisch
motivierte Verfolgung der linksprogressiven Regierungen der Nullerjahre
mithilfe einer politisierten Justiz und rechter Medien gemeint. Ein in
Argentinien eingängiges Konzept, da ein großer Teil der Justiz sein
Fähnchen nach dem politischen Wind ausrichtet und Prozesse entweder
vorantreibt oder deren Akten in den Schubladen verstauben lässt.
„Dass Cristina Kirchner heute auf der Anklagebank sitzt, ist unserem Kampf
zu verdanken, den wir lange Zeit allein führen mussten“, hält Paula
Oliveto, Rechtsanwältin und Kongressabgeordnete der oppositionellen
Coalición Cívica ARI dagegen.
Mit wenigen Mitstreiter*innen hatte sie vor neun Jahren angefangen,
Informationen zu sammeln und öffentlich zu machen, die schließlich zu dem
Korruptionsprozess führten. „Heute kann die Gesellschaft sehen, dass wir
nicht die Verrückten waren, als die wir damals hingestellt wurden“, so
Oliveto.
Ob das Bundesgericht die Anklage der Bildung einer kriminellen Vereinigung
und der Korruption als bewiesen ansehen wird, ist offen. Jetzt sind die
Verteidiger*innen der 13 Angeklagten mit ihren Plädoyers an der Reihe.
Das Urteil wird nicht vor November erwartet.
23 Aug 2022
## LINKS
[1] /Argentiniens-Ex-Praesidentin/!5597440
[2] /!5600115/
[3] /Korruption-in-Argentinien/!5750653
[4] https://www.youtube.com/c/PoderJudicialVideoconferenciasAudioVideo
## AUTOREN
Jürgen Vogt
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Inflation
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