# taz.de -- Podiumsdiskussion des Goethe-Instituts: Palästinensischer Autor au… | |
> Das Goethe-Institut Hamburg hat die Teilnahme eines Palästinensers an | |
> einer Veranstaltung abgesagt. Andere Teilnehmer:innen solidarisieren | |
> sich. | |
Bild: Zu explizit fürs Goethe-Institut: der palästinensische Autor Mohammed E… | |
Der palästinensische Menschenrechtler, Schriftsteller und Journalist | |
Mohammed El-Kurd hätte diese Woche auf Kampnagel in Hamburg sprechen | |
sollen. „Beyond the Lone Offender – Dynamiken der globalen Rechten“, so d… | |
Titel des Forums, ausgerichtet vom Goethe-Institut Hamburg. Doch das | |
Goethe-Institut hat den 24-Jährigen von der Veranstaltung ausgeladen. Die | |
Begründung: „Er hatte sich mehrfach in Social Media-Posts in einer Form | |
über Israel geäußert, die das Goethe-Institut nicht akzeptabel findet. Dies | |
gilt umso mehr für ein Forum, das sich u. a. mit den Möglichkeiten zur | |
Verbesserung gesellschaftlicher Diskurse auseinandersetzt.“ | |
Mohammed El-Kurd ist als Protagonist des Dokumentarfilms „My Neighborhood“ | |
aus dem Jahr 2012 über den Konflikt zwischen Palästinenser:innen und | |
israelischen Siedler:innen bekannt geworden. 2021 veröffentlichte er | |
sein erstes Buch, auf Instagram hat er über 700.000 Follower:innen. Er gilt | |
als eine [1][Führungsfigur des palästinensischen Widerstands], ist Poet, | |
Journalist und Sprachrohr palästinensischer Anliegen – auch über | |
Landesgrenzen hinaus. Das Time Magazine hat ihn 2021 zu einem der 100 | |
einflussreichsten Menschen weltweit gewählt. | |
In seinem Buch und in sozialen Medien kritisiert er „israelischen | |
Siedlerkolonialismus“, auf Instagram berichtet er über den Rechtsstreit um | |
das Haus seiner Familie gegen israelische Siedler:innen, die 2009 in einen | |
Teil des Gebäudes eingezogen sind. Er macht den Eindruck eines jungen | |
Interessenvertreters, der seine Rechte artikulieren möchte, in einem | |
Konflikt, der schon seit Jahrzehnten ohne absehbare Lösung immer wieder | |
aufkocht. | |
Und dann gibt es da noch El-Kurds Tweets. Am 21. Juni 2021 teilt El-Kurd | |
ein Video von Feuern auf den Straßen in Sheikh Jarrah, dazu schreibt er: | |
„Zionistische Siedler legen überall in Sheikh Jarrah Feuer. Das sind die | |
sadistisch-barbarischen Neonazischweine, die behaupten, in unserem Land | |
heimisch zu sein.“ Es existieren [2][weitere Beiträge] von El-Kurd in dem | |
sozialen Netzwerk, die dieser Terminologie entsprechend israelische | |
Siedler:innen und Zionist:inneen mit dem Nationalsozialismus, teils | |
auch dem Holocaust vergleichen. Auf diese Tweets bezog sich das | |
Goethe-Institut womöglich mit seinem Statement. | |
Als Reaktion auf die Ausladung von El-Kurd zogen auch die beiden | |
Kurator:innen Moshtari Hilal und Sinthujan Varatharajah, die El-Kurd | |
in ihr Panel eingeladen hatten, ihre Teilnahme zurück. „Welchen Nutzen hat | |
eine Konferenz über rechte Gewalt, wenn der Hauptveranstalter, eine | |
staatliche Agentur hauptsächlich vom Auswärtigen Amt finanziert, aus Angst | |
vor rassistischen und reaktionären Reaktionen eine präventive Zensur | |
durchsetzt?“, kommentieren sie ihre Absage in einem [3][Instagram-Post]. | |
Es folgten weitere Redner:innen wie die US-amerikanische Autorin Ijeoma | |
Oluo, der pakistanische Schriftsteller Mohammed Hanif oder der Journalist | |
Hanno Hauenstein, um nur ein paar Namen zu nennen, die ebenfalls ihre | |
Teilnahme an der viertägigen Veranstaltungsreihe absagten. Die Kritik am | |
Goethe-Institut: Palästinensische Stimmen würden strukturell unterdrückt. | |
Zudem sei die Beteiligung des Aktivisten von Anfang an für alle Seiten klar | |
gewesen, die Ausladung durch die Zentrale des Goethe-Instituts sei daher | |
überraschend. | |
Die Schriftstellerin Ijeoma Olou, im Programm von „Beyond the Lone | |
Offender“ als „eine der einflussreichsten afroamerikanischen Stimmen | |
weltweit“ bezeichnet, schreibt zu ihrer Absage: „Der zunehmende Druck, | |
diejenigen zu diskreditieren, die sich direkt gegen die Gewalt des | |
israelischen Staates gegen Palästinenser aussprechen, müssen wir uns mit | |
aller Kraft widersetzen.“ | |
## Das Goethe-Institut spricht von „Missmanagement“ | |
Auch in Palästina schlägt das Thema hohe Wellen. Erste Aufrufe stellen die | |
Zusammenarbeit mit dem lokalen „Goethe-Institut palästinensische Gebiete“ | |
in Frage. In einem Beitrag weist das Institut wiederum den Vorwurf des | |
anti-palästinensischen Rassismus von sich, die Situation in Hamburg | |
bezeichnet man als „Missmanagement“. | |
Das Forum „Beyond the Lone Offender – Dynamiken der globalen Rechten“ | |
wollte nie der Ort für eine Debatte über den Israel-Palästina-Konflikt | |
sein, ist es nun aber doch geworden. Es wird schwer werden, den Fokus | |
zurück auf das eigentliche Thema der Veranstaltung – die globale Rechte – | |
zu lenken. Wie viele Redner:innen nun noch teilnehmen werden, ist | |
bislang noch unklar. | |
Sarah Fartuun Heinze hätte bei einem Panel über „rechtsextremes Gaming und | |
digitale Holocaust-Erinnerung“ gesprochen, hat aber auch abgesagt. Heinze | |
äußert dennoch Verständnis für alle Kolleg:innen, die sich trotz der | |
entbrannten Debatte für eine Teilnahme entscheiden. Gagen und das Darbieten | |
einer Bühne könnten auch Teil der praktischen Dekolonialisierung sein, so | |
Heinze in einem Statement auf Twitter. | |
Das Hamburger Goethe-Institut selbst und Kampnagel teilen derweil auf | |
taz-Anfrage mit, die viertägige Veranstaltung werde stattfinden, allerdings | |
mit weniger Programmpunkten und unter anderen Vorzeichen. Was bleibt? Unter | |
anderem ein Gedenk- und Erinnerungsraum für die Opfer des rassistischen | |
Anschlags in Hanau. | |
21 Jun 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Toetung-von-palaestinensischer-Journalistin/!5856106 | |
[2] https://www.adl.org/resources/backgrounders/mohammed-el-kurd | |
[3] https://www.instagram.com/accounts/login/?next=%2Fp%2FCe5oTmnMBqN%2F | |
## AUTOREN | |
Niklas Berger | |
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