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# taz.de -- Rassismus an der Hochschule Bremen: Nur ein schlimmer Einzelfall?
> Eine Studentin wirft der Hochschule Bremen Rassismus vor. Rektorat und
> AStA wollen Konsequenzen ziehen – welche, schätzen sie unterschiedlich
> ein.
Bild: Problem Kopftuch? Studierende bei einer Einführungsveranstaltung im Okto…
Bremen taz | Nach Rassismus-Vorwürfen haben der Allgemeine
Studierendenausschuss der [1][Hochschule Bremen] und deren Rektorat
angekündigt, sich in dieser Woche über die Situation auszutauschen. „Wir
fordern eine bessere Sichtbarkeit der Beschwerdestelle“, so Jerome
Geisinger, [2][Vorstandsmitglied des Asta], „eine strukturelle Veränderung
und wollen als Studierendenschaft an dem Veränderungsprozess teilhaben.“
Katrin Luckey, die Rektorin der Hochschule, sagt: „Wir nehmen jeden Vorwurf
ernst und zum Anlass, daraus Schlussfolgerungen für die
Hochschulentwicklung zu ziehen.“
Im Online-Netzwerk Instagram hatte eine 21-jährige Studentin schwere
Vorwürfe gegen die Hochschule erhoben: Ein Mitarbeiter habe ihr
[3][aufgrund ihres Kopftuches] geraten den Studiengang zu wechseln, schrieb
die angehende Ingenieurin am 22. Mai – damit sie nicht mehr von so vielen
Männern umgeben sei.
## Probleme auch schon früher
Der Post erhielt Tausende Likes und ging buchstäblich viral. Mittlerweile
hat die Frau ihr Profil auf privat gestellt, [4][der Eintrag ist nicht mehr
zu lesen]. Mit der Presse will sie nicht sprechen: Die Geschichte belaste
sie schwer, habe gar zu einem epileptischen Anfall geführt.
Aus dem Post – der der taz vorliegt – geht zudem hervor, dass es schon
früher zu Problemen gekommen sei. So habe eine Professorin ihr zwei
verschiedene Mails mit zwei unterschiedlichen Prüfungsergebnissen
zugesandt. Als sich die Studentin zur Klärung an das Prüfungsamt gewandt
habe, sei ihr unterstellt worden, die Mail mit der besseren Note gefälscht
zu haben.
Um die Situation zu klären, habe sie schließlich mit einem sogenannten
„Schiedsrichter“ gesprochen – und in diesem Gespräch sollen die zitierten
Äußerungen über ihr Kopftuch und ihr Studienfach gefallen sein. Außerdem
soll der Mann gedroht haben: „Ein Tipp von mir, verbrennen Sie sich die
Sohlen nicht nochmal, sonst stürzt das Flugzeug ein, denn Sie stehen auf
der roten Liste.“
Asta-Vorstandsmitglied Geisinger hält es für möglich, dass die Hochschule
ein strukturelles Rassismusproblem hat. Auf einer [5][Demo gegen
Diskriminierung], zu der Ende Mai auch das Rektorat selbst aufgerufen
hatte, hätten ihn mehrere Personen auf eigene Erfahrungen mit
Diskriminierung angesprochen:
„Es haben sich seit dem Bekanntwerden des Vorfalls einige Leute an uns
gewandt, das zeigt, dass es sich hierbei nicht nur um Einzelfälle handelt.“
Geisinger geht außerdem von einer hohen Dunkelziffer aus: Nicht alle
Betroffenen hätten die Kraft, sich zu ihren derartigen Erlebnissen zu
äußern.
## Beschwerdestelle wenig bekannt
Bei aller Aufklärungsbereitschaft sieht das Rektorat die Sache offenbar
weniger schwerwiegend: „Wir halten Formen der Diskriminierung aufgrund
unserer klaren Positionierung, unserer Zielsetzung und den Anforderungen an
unser Qualitätsmanagement für kein strukturelles Problem“, sagt Luckey.
Sie räumt aber ein: „[6][Diskriminierung ist ein gesamtgesellschaftliches
Problem] und an jedem Ort, in jeder Organisation und jederzeit möglich.“
Warum die betroffene Frau „sich bislang lediglich über Instagram geäußert
hat, ist derzeit nicht bekannt“, sagt Luckey.
Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) kann man sich in
Deutschland gegen Diskriminierung etwa aufgrund des Geschlechts zur Wehr
setzen. In der Hochschule Bremen gibt es für solche Fälle [7][eine
Beschwerdestelle]. Die sei aber weitgehend unbekannt, bemängelt Geisinger.
Auch auf den aktuellen Fall wurde die Einrichtung erst durch die sozialen
Medien aufmerksam. „Wir fordern eine niedrigschwellige Beschwerdestelle“,
sagt Geisinger.
Geisinger vermutet, dass die Beschwerdestelle nicht unvoreingenommen
arbeitet, denn sie sei identisch mit der [8][Rechtsstelle, welche „die
Hochschule rechtlich vertritt“]. Daraus entstehe „ein Interessenkonflikt,
wir fordern daher eine Umstrukturierung der Beschwerdestelle“.
Luckey sieht das anders: „Mögliche Interessenskonflikte lägen dann vor,
wenn dabei von Parteilichkeit in dieser Funktion ausgegangen wird“, sagt
die Rektorin. „Dies ist jedoch nicht zu unterstellen.“ Dennoch wolle man
sich mit dem Asta zusammensetzen und überprüfen, ob die bestehenden
Strukturen verändert werden müssen.
7 Jun 2022
## LINKS
[1] /Asta-gegen-Hochschule-Bremen/!5689366
[2] https://www.hs-bremen.de/studieren/rund-ums-studium/begriff/asta/
[3] /Vorstellung-des-Grundrechtereports/!5852603
[4] https://www.instagram.com/p/Cd2oFFVjo-i/
[5] https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/hochschule-bremen-demo-rassismus-v…
[6] /Rassismus-und-Hass/!5852208
[7] https://www.hs-bremen.de/die-hsb/organisation/verwaltung/rechtsstelle/#c5617
[8] https://www.hs-bremen.de/die-hsb/organisation/verwaltung/rechtsstelle/
## AUTOREN
Lukas Scharfenberger
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Bremen
Soziale Medien
Diskriminierung
Hochschule Bremen
Polizei Bremen
Islamismus-Kritik
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