# taz.de -- Berliner Marktleben: Köstlichkeiten im Preußenpark | |
> Auch während der Umbaubauarbeiten läuft der Essensverkauf auf der | |
> Thaiwiese in Wilmersdorf weiter. Allerdings gelten dort jetzt Regeln. | |
Bild: So war es früher auf der Thaiwiese | |
Berlin taz | Es ist wieder Betrieb auf der Thaiwiese im Wilmersdorfer | |
Preußenpark, aber die Zeit der Schnäppchen ist vorbei. Der beliebte | |
süß-scharfe Papayasalat geht für sieben Euro über den Ladentisch, statt für | |
4 Euro wie noch vor drei Jahren. Ein Hühnerspieß kostet nun drei Euro statt | |
einen. Der Hintergrund: Während in den zurückliegenden Jahren die vielen | |
asiatischen Essenverkäufer, die ein touristisches Highlight in der | |
westlichen Innenstadt waren, schwarz gearbeitet haben, verdient jetzt das | |
Finanzamt mit. | |
[1][Begonnen hatte der Thaimarkt vor mehr als 20 Jahren] als Treff von | |
thailändischen Berlinerinnen, die hier an den Wochenenden zusammensaßen und | |
dabei selbst zubereitete Speisen verzehrten. Parkbesucher wollten etwas | |
davon kaufen, und so entstand im Laufe der Jahre ein Markt von Speisen und | |
Getränken aus vielen fernöstlichen Ländern, der immer größer wurde und es | |
ohne Zutun des Landes Berlin in mehrere Berliner Reiseführer schaffte. Bis | |
zu tausend sonnenhungrige Asia-Fans verteilten sich an warmen Freitagen, | |
Sonnabenden und Sonntagen über die Wiese, und verzehrten asiatische | |
Köstlichkeiten. Die Wiese selbst verwandelte sich zunehmend in eine | |
Staubwüste. | |
Doch was Touristen und asiatische BerlinerInnen freute, [2][ärgerte viele | |
Anwohner in Wilmersdorf]: Die einzige Grünfläche weit und breit war | |
kommerzialisiert, zudem ein rechtsfreier Raum. Abends wurde es laut, der | |
Müll zog Ratten an, die sich auch in der Nachbarschaft verbreiteten. | |
Um den Zustand zu ändern, startete der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf | |
2018 ein Beteiligungsverfahren. Das Ziel: Der bekannte Touristenmagnet soll | |
erhalten bleiben, aber in kleinerer Form und am Rande des Parks, | |
anwohnerverträglich. Die HändlerInnen sollen sich an [3][das deutsche | |
Steuer- und Lebensmittelrecht] halten und der Preußenpark soll wieder | |
begrünt werden. Zudem sollen, so Bezirksstadtrat Oliver Schruoffeneger | |
(Grüne) [4][gegenüber der taz], bis 2024 richtige Marktstände und ein | |
Multifunktionsgebäude entstehen, wo Geschirr ausgeliehen und gespült werden | |
kann. Auch Toiletten und einen Müllsammelplatz soll es geben. | |
## Weder Wasser noch Strom | |
Während der Umbauarbeiten läuft der Verkauf aber weiter. Denn es ist wenig | |
sinnvoll, einen Anziehungspunkt für die Menschen erst zu zerstören, damit | |
er sich danach wieder erfinden muss. 60 statt einstmals mehr als 100 | |
Verkaufsstände sind nun erlaubt. Nach wie vor haben die HändlerInnen zudem | |
weder fließendes Wasser noch Strom an ihren Verkaufstischen. Es handelt | |
sich zumeist um einfache Tische auf denen Campingkocher brutzeln, geschützt | |
ist das das Ganze mit bunten Zeltwänden. Kühltaschen und ein gutes | |
Liefermanagement sorgen für die Frische der Lebensmittel. | |
Ein in Berlin geborener Sohn einer thailändischen Familie verkauft vor Ort | |
Fleischspieße. Der Student ist froh, nach der Coronapause wieder etwas Geld | |
verdienen zu können. „Für meine Eltern ist es aber schwierig, dass der | |
Markt wochentags zu hat. Sie haben noch einen anderen Job“, erläutert er. | |
Das sieht der chinesische Standnachbar ganz anders. Er verkauft selbst | |
gebratene Wan Tans, Gemüsepuffer und Chinarollen. „Freitag, Samstag und | |
Sonntag bin ich hier“, erzählt er, während er die Teigwaren wendet. „Zwei | |
Tage brauche ich zur Vorbereitung und zwei Tage habe ich frei.“ Er lebe von | |
dem Job, sagt der ältere Mann. „Zumindest in den Sommermonaten.“ | |
Einig sind sich die HändlerInnen, die Wurzeln in asiatischen Ländern haben, | |
indem Wunsch: Sonne und schönes Wetter, damit die Kunden kommen. Und der | |
staubige Schotterweg, auf dem sie ihre Stände aufbauen müssen, soll | |
entweder begrünt oder asphaltiert werden, damit sich kein Staub ins Essen | |
mischt. | |
## Stammgäste auf der Wiese | |
Eine Gruppe von StudentInnen aus Hongkong hat sich im Kreis auf die Wiese | |
gesetzt. Sie kämen aus der ganzen Stadt und würden sich an den Wochenenden | |
hier treffen, erläutert eine Frau. „Das ist ein bisschen wie bei uns zu | |
Hause“, sagt eine Studentin der taz. Nebenan auf einer Decke hat eine | |
Gruppe UrberlinerInnen Platz genommen. | |
Stammgäste seien sie auf der Thaiwiese, sagt ein Mann, der extra aus | |
Köpenick hierher kommt, wegen des in Berlin einzigartigen Flairs. „Ich | |
liebe thailändisches Essen. Ich liebe es, im Park zu essen und dabei mit | |
Freunden zusammen zu sein.“ Seine Frau, die neben ihm auf der Decke sitzt, | |
ergänzt: „Unsere Nachbarin“, und zeigt dabei auf die Frau, die nicht weit | |
entfernt Federball spielt, „hat sechs Jahre lang in Bangkok gelebt und sie | |
sagt, das hier sei total authentisch.“ Aber ob das so bleibt, wenn der | |
Thaimarkt bis 2024 mehr und mehr „deutsch geregelt wird mit Geschirr | |
ausleihen und ohne Spontanität“, da haben die beiden ihre Zweifel. „Wir | |
werden sehen.“ | |
Ein paar Meter weiter sitzen Rentnerinnen aus Berlin und Hamburg, die | |
früher aus Thailand und Kambodscha eingewandert sind. Diese Frauen waren | |
es, die die Thaiwiese vor mehr als 20 Jahren erfunden haben. Sie treffen | |
sich im Sommer jedes Wochenende hier, erzählen die Frauen. Sie spielen | |
Karten, tauschen Neuigkeiten aus. Das sei ihre Art, das Leben zu genießen. | |
Neben den Frauen liegen Bastkörbe mit selbst gekochtem Essen. Sie haben die | |
Teigtaschen und Mangogetränke auch auf der Decke ausgebreitet, und wenn die | |
Nachbarn der Appetit überkommt, bieten sie etwas davon gegen eine Spende | |
an. Die Papayasalate für sieben Euro an den Verkaufsständen können sie sich | |
nicht mehr leisten. Ein wenig, so ist in diesem Moment so wie es früher | |
einmal auf der Thaiwiese war. | |
27 May 2022 | |
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[4] /taz-Serie-Was-macht-eigentlich--Teil-2/!5558490 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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