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# taz.de -- Darmstadt 98 im Aufstiegskampf: Quantensprünge am Böllenfalltor
> Darmstadt 98 kann trotz starker Konkurrenz noch aufsteigen. Verbesserte
> Strukturen, geschickte Transfers und der Trainer machen das möglich.
Bild: Viel Grund zum Feiern: Darmstadts Elf bedankt sich am Hamburger Millernto…
Schalke-Fan müsste man sein. Nicht nur, dass die Anhänger der
Gelsenkirchener bereits am vergangenen Wochenende [1][den Aufstieg in die
erste Liga feiern durften.] Nein, der Spielplan sieht zum Saisonabschluss
auch noch eine nette Fahrt zu jener Fanszene vor, mit der man seit
Menschengedenken befreundet ist. Weshalb der 1. FC Nürnberg auch zum
„Fan-Wochenende“ einlädt. Motto: „Fußball-Freundschaft-Feiern“.
Auch die Anhänger von Darmstadt 98 feiern gerne, wie die Biergartendichte
in Nahdistanz zum Böllenfalltor beweist. Doch bis zum späten
Sonntagnachmittag ist die Zeit der Hochrechnungen, die das Leben für viele
Fußballfreunde zwischen dem 33. und 34. Spieltag ja erst so spannend macht.
In Kurzform: Die Wunschvorstellung im Hessischen wären Niederlagen für
Werder Bremen und den HSV bei einem zeitgleichen eigenen Sieg gegen
Paderborn. Platz zwei, drei oder vier sind am Ende die Optionen.
Weshalb sie sich jetzt auch in Darmstadt rechtzeitig daran erinnert haben,
dass sie seit acht Jahren mit dem Karma der Relegations-Experten
herumlaufen: „Darmstadt 98 ist ein Paradebeispiel dafür, dass – wenn man an
gar nichts mehr glaubt – doch noch etwas geht“, sagt der Trainer Torsten
Lieberknecht. Tatsächlich gewann der damalige Drittligist 2014 die
Relegation zur zweiten Liga gegen Arminia Bielefeld (1:3, 4:2). „Wir haben
selbst nach der klaren Heimniederlage noch daran geglaubt, dass wir das
Rückspiel ziehen“, erinnert sich der damalige Lilienspieler Jérôme Gondorf.
Der heutige KSC-Kapitän war später auch dabei, [2][als die kleinen Lilien
sich von 2015 bis 2017 in der ersten Liga hielten.]
Nun, acht Jahre nach dem Relegationskrimi, ist Darmstadt 98 kaum noch
wiederzuerkennen. Das grandiose, aber altersschwache „Bölle“ wurde
geschleift, der Neubau ist tatsächlich gelungen. Auch rund um den Platz und
im Nachwuchsbereich sind Quantensprünge zu verzeichnen. „Die zwei Jahre
Bundesliga haben dem Verein sehr geholfen“, sagt Sportdirektor Carsten
Wehlmann. „Nur so konnten die Strukturen aufgebaut werden, die seither
geschaffen wurden.“
## Auf Augenhöhe mit dem HSV und Schalke
Wehlmann, der seit 2018 die sportlichen Geschicke prägt, hat eine gute
Bilanz aufzuweisen. Obwohl auch in diesem Sommer ein halbes Dutzend
Stammspieler den Verein verließ, hielten die Lilien mit Großklubs wie dem
HSV, Werder oder Schalke mit. Auch weil die Transferpolitik passte. Luca
Pfeiffer und Phillip Tietz, die den abgewanderten Torjäger Serdar Dursun
ersetzten, machen ihre Sache so gut, dass ihnen 30 der insgesamt 68
Saisontreffer gutgeschrieben werden.
Zum Saisonende könnte es nun tatsächlich ein Happy End für eine Spielzeit
geben, die kaum widriger hätte beginnen können. „Zuerst ist uns eine ganze
Achse an Spielern weggebrochen, die den Verein verlassen haben“, erinnert
sich Wehlmann. „Und dann kam der Corona-Ausbruch und wenn du auf den
Trainingsplatz geschaut hast, war plötzlich die Hälfte weg. Der Sommer war
jetzt kein leichter, würde ich sagen.“
Tatsächlich gingen die ersten beiden Saisonspiele, die man mit vielen
A-Jugendlichen bestritt, deutlich verloren, im Pokal scheiterte man an
Drittligist 1860 München. Dann endete die Quarantäne. Und es begann das
Klettern Richtung Aufstiegsränge, das erst am vergangenen Wochenende mit
der Niederlage in Düsseldorf einen Dämpfer bekam.
Zudem scheint es, als hätten die Lilien nun den idealen Lilien-Trainer
gefunden. Lieberknecht, der auch schon mal zehn Jahre am Stück Trainer in
Braunschweig war, passt dabei offenbar ebenso gut zu Wehlmann wie zum SV
Darmstadt 98.
Beide sind lockere, offene Menschen, beide fühlen sich in Vereinen wie
Braunschweig, Kiel (wo Wehlmann viele Jahre wirkte) oder eben Darmstadt gut
aufgehoben. Klubs also mit einer gewissen Tradition und kurzen Wegen, in
denen der Mannschaftsbetreuer und die Leiterin der Personalabteilung noch
die Berater in allen Lebenslagen sind. „Torsten passt hierher wie Arsch auf
Eimer“, sagt Wehlmann, der „vom ersten Moment an“ gemerkt hat, dass er da
einen geholt hat, der einen Draht zu Fans und Vereinsumfeld hat.
Lieberknecht, der schon einen Vertrag bis 2023 hatte, haben sie nun erst
mal bis 2025 gebunden.
Und selbst wenn es nichts wird mit dem Aufstieg, werden sie irgendwann
kommende Woche doch leidlich zufrieden auf die vergangenen Jahre
zurückblicken. Noch vor gar nicht langer Zeit spielte der Traditionsverein
schließlich gegen Bad Vilbel in der Oberliga, noch 2014 war man
drittklassig. „Trotz aller Ambitionen, die wir als etablierter Zweitligist
haben, wissen im Verein alle, dass der Klub erst vor Kurzem auf die
nationale Bühne zurückgekehrt ist“, sagt Wehlmann. Und jetzt? „Knapp 5.000
Fans waren in Düsseldorf. Jedes Spiel war bislang auch ausverkauft. Hier
hat sich schon etwas entwickelt.“
15 May 2022
## LINKS
[1] /Schalke-04-ist-wieder-erstklassig/!5850962
[2] /Zukunft-von-Darmstadt-98/!5379584
## AUTOREN
Christoph Ruf
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