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# taz.de -- Influencer und ihr Image: Macher-Männer braucht kein Mensch
> Machen tun hauptsächlich andere. In einer komplexen, arbeitsteiligen
> Gesellschaft kann es gar keine einzelnen „Macher“ geben.
Bild: Wattne Charisma: Fynn Kliemann, Anpacker und Schummler 2019
Krisen sind oft die Momente charismatischer Macher-Männer. Sie wissen
schon, diese „Wir müssen jetzt sofort und unbürokratisch …“-Typen in der
Talkshow. Oft sind es CEOs von Unternehmen. Oft sind sie aufgrund von Kohle
und Vitamin B in Krisen tatsächlich schnell handlungsfähig.
Vor Kurzem hat das [1][„ZDF Magazin Royale“ Dokumente veröffentlicht,] laut
denen der Influencer und Unternehmer [2][Fynn Kliemann im ersten
Pandemiejahr] beim Handel mit Masken geschummelt habe. Kliemann, bis dahin
Youtuber mit Fair-Fashion-Label, [3][hatte 2020 verkündet, sein Unternehmen
auf „faire Masken aus Europa“ umzustellen].
Das war zu Beginn der Krise, als uns diese Form des Nicht-lange-Fackelns
noch Tränen in die Augen trieb. Kliemanns Masken kamen schnell und waren
erstaunlich günstig. Er erhielt eine Auszeichnung für Nachhaltigkeit.
[4][Der taz sagte er mal über sich im Interview, er könne alles.] Und
deutete an, wer nicht alles könne, habe bloß Selbstzweifel. Boah. Wattne
Charisma.
Recherchen des „ZDF Magazin Royale“ zeigen, dass Kliemann und sein
Geschäftspartner Tom Illbruck bloß einen Teil der Masken aus europäischen
Fabriken bezogen. Parallel ließen sie laut ZDF Millionen Masken in
Bangladesch und Vietnam herstellen, der Textilproduzent Global Tactics
verkaufte diese an Großkunden. [5][Kliemann gibt in einem Statement nun
zu], er habe nicht transparent kommuniziert, weist aber den
Täuschungsvorwurf zurück.
Schnell, fair und billig – warum hat eigentlich niemand früher Verdacht
geschöpft? Vielleicht, weil man die realen Kosten der Krise nicht sehen
wollte. Sicher aber, weil Kliemann dieses gewisse Charisma des „Anpackers“
hat. Davon lassen wir uns gerne verzaubern. [6][So wie bei Smudo], der uns
die Luca-App mit einem „Wir machen jetzt endlich mal“-Gestus verkaufte.
Kostete am Ende eine Menge, brachte nix und fiel durch beim Datenschutz.
Der Charismatiker, das sagt Max Weber in seiner Herrschaftssoziologie in
etwa, ist ein Absolutist. Er scheißt auf Regeln, etablierte Verfahren,
Kontrollen. Der Charismatiker ist zutiefst undemokratisch. „Unbürokratisch“
eben. Der „grüne Unternehmer“ [7][Elon Musk findet, dass für ihn die Rege…
der gewerkschaftlichen Selbstorganisation von Arbeiter*innen nicht
gelten]. Anpacker-Bürgermeister [8][Boris Palmer findet,] dass für ihn die
Umgangsformen nicht gelten.
Macher-Männer tun oft wirklich Gutes. Ich glaube ihnen sogar, dass sie es
ein bisschen gut meinen. Aber sie – und wir – überschätzen den Anteil, den
ihr individueller Genius hat. Macher-Männer sind oft zur rechten Zeit am
rechten Ort (mit Macht und Geld) und agieren als Katalysatoren. Machen tun
hauptsächlich andere. In einer komplexen, arbeitsteiligen Gesellschaft kann
es gar keine einzelnen „Macher“ geben. Trotzdem belohnen wir sie mit
Preisen, Porträts und Podien. Bis sich ihr Ego zu einer immensen Bubble
aufgeblasen hat.
12 May 2022
## LINKS
[1] https://lmaafk.de/fynn-kliemanns-maskenbetrug
[2] /Influencer-nach-TV-Beitrag-in-Bedraengnis/!5853170
[3] https://www.instagram.com/p/B-aM43iirQl/
[4] /Youtuber-Fynn-Kliemann-ueber-Erfolg/!5735945
[5] https://twitter.com/ZappMM/status/1522580989284962304
[6] /Luca-App-in-Hamburg/!5832864
[7] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/tesla-musk-gewerkschaften-…
[8] /Boris-Palmer-soll-die-Gruenen-verlassen/!5766161
## AUTOREN
Peter Weissenburger
## TAGS
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Tübingen
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