# taz.de -- Überwindung des inneren Schweinehunds: Frauen mit Frustrationstole… | |
> Nach 19 Jahren Handball-Pause trainiert unsere Autorin wieder mit einem | |
> Team. Sie schwankt zwischen totaler Erschöpfung und Euphorie. | |
Bild: Immer öfter geht der Ball ins Tor, Verlass ist darauf aber (noch) nicht | |
HAMBURG taz | Das Gefühl auszuhalten, etwas nicht zu können, ist das | |
schwierigste. Schlecht zu sein, beobachtet von einem ganzen Team, und | |
trotzdem weiterzumachen. Während ich das denke, stütze ich meine Hände auf | |
den Knien ab. Mein Atem geht heftig. „Alles klar?“, fragt eine | |
Teamkameradin. Ich nicke nur, weil mir für ein Ja gerade die Luft fehlt. | |
Mein Körper nimmt es mir krumm, dass ich in den vergangenen Jahren nie | |
ernsthaft Sport gemacht habe. | |
Jetzt stehe ich in kurzen Hosen in einer Schulsporthalle in | |
Hamburg-Wilhelmsburg. Das Licht in einer Neonröhre flackert, es riecht nach | |
Menschen, die in diesem Raum in den vergangenen Wochen und Monaten | |
geschwitzt haben. Nach fast 19 Jahren Pause – das entspricht der kompletten | |
Lebenszeit einiger meiner Mitspielerinnen – habe ich wieder angefangen, | |
Handball zu spielen. Die Basics sind noch da. Oft erinnert sich mein Körper | |
an die Bewegungsabfolgen und weiß, was zu tun ist. Verlass ist darauf aber | |
nicht. Erst recht nicht bei Atemnot. | |
Jetzt stehen Tempogegenstöße an – mein persönlicher Endgegner. | |
Glücklicherweise haben wir nur die halbe Halle. Ich stehe an der | |
Grundlinie, eine Mitspielerin ein paar Meter entfernt. Ich sprinte los. Als | |
ich der Mittellinie näher komme, wirft sie den Ball. Ich fange – yeah! – | |
und prelle wieder in die entgegengesetzte Richtung. | |
Dann drei Schritte, beim letzten wuchte ich mich in die Höhe und werfe im | |
Sprung aufs Tor. Halbe Höhe. Unsere Torfrau pariert und lächelt mich milde | |
an. Zurück in die Reihe, stoßweise nach Luft pumpen, dann der nächste | |
Versuch: Toooooor! Von komplett erledigt zu absolut euphorisch in weniger | |
als einer Sekunde. | |
## Teil eines Teams | |
Von Training zu Training werde ich besser. Tausche das ausgewaschene | |
taz-Shirt mit dem roten Panther gegen neu gekaufte Handball-Klamotten, | |
steigere die Prozentzahl, mit der ich über den Daumen gepeilt dorthin | |
treffe, wohin ich ziele, und ich verschiebe den Zeitpunkt, an dem ich von | |
Seitenstichen geplagt nur noch flach auf dem Boden liegen möchte, immer | |
weiter nach hinten. | |
Mittlerweile gehe ich sogar zwischen den Trainingseinheiten [1][alleine | |
joggen. Absurd!] Ganz auf mich gestellt könnte ich mich nicht dazu | |
motivieren. Als Teil eines Teams geht das aber plötzlich. Es war mir gar | |
nicht bewusst, wie sehr ich es vermisst habe, wieder in einer Mannschaft zu | |
spielen. Wenn alle dich pushen, dir Tipps geben oder dich für eine | |
besonders gute Abwehrreaktion loben, macht das Auspowern bis zur | |
Erschöpfung tatsächlich – Spaß. Der innere Schweinehund schrumpft auf | |
Pekinesengröße. | |
Mein Team, [2][die vierte Damen der SG Wilhelmsburg], sucht übrigens noch | |
Mitspielerinnen. Die Voraussetzung: eine gewisse Frustrationstoleranz. | |
5 Apr 2022 | |
## LINKS | |
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[2] https://www.facebook.com/sgw4.damen/ | |
## AUTOREN | |
Andrea Maestro | |
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