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# taz.de -- Erfolg von Petitionen: Geht lieber auf die Straße
> Unser Autor hält nicht viel von Petitionen, bisher waren all seine
> Unterschriften umsonst. Für ihn gibt es viel effektivere Wege, sich zu
> engagieren.
Bild: Wieviel bewirkt eine Unterschrift?
An [1][Petitionen] glaube ich nicht. Das ist in progressiven Kreisen eine
schwierige Aussage. Auch weil sehr viele Menschen diesen Weg [2][der
Partizipation] gehen und mir gerne Links zu Online-Petitionen schicken.
Deswegen muss ich mich an dieser Stelle erklären.
Ich habe selbst Petitionen unterschrieben, obwohl ich als investigativer
Journalist eine objektive Aura aufrechterhalten muss. Jedes Mal, wenn ich
meinen Namen druntergesetzt habe, egal ob online oder offline, habe ich
mich gefragt, was das bringt. Zumindest jene Petitionen, die ich
unterstützt habe (in Bereichen Pressefreiheit, Ökologie oder
[3][Antirassismus]), waren umsonst.
Ich bin natürlich NICHT GEGEN Petitionen. Ich glaube nur nicht an ihre
Kraft, so wie sie manchmal von entsprechenden Plattformen angepriesen
werden. Wie oft habe ich schon erlebt, dass Petitionen die Runde gemacht
haben, damit Menschen nicht ins Kriegsgebiet abgeschoben werden. In einigen
wenigen Fällen hat das vielleicht geklappt, meistens haben aber lautstarke
Demos, Engagement in Vereinen oder NGOs, journalistische Berichterstattung
oder andere Fluggäste, die den Abflug schlicht blockiert haben, dafür
gesorgt, dass die Betroffenen vor der Abschiebung gerettet wurden.
Petitionen sind höchstens ein kleiner Baustein im solidarischen Haus.
Sie verleihen, das ist aus meiner Sicht am fatalsten, oft das Gefühl, dass
man genug gemacht hat – weil man seine Unterschrift unter eine wichtige
Forderung an die Politik, ein Unternehmen oder eine mächtige Person gesetzt
hat. Natürlich kann man unterschreiben und trotzdem noch andere Wege des
Engagements gehen, aber seien wir mal ehrlich: Viele begnügen sich mit dem
Klick und teilen höchstens den Link auf sozialen Medien.
Neben informellen Petitionen gibt es auch jene, die einem Parlament
vorgeben, was zu debattieren ist. Der Bundestag organisiert solche Formen
der Partizipation über den Petitionsausschuss: Auf der Seite des
Ausschusses dümpeln die meisten Petitionen mit zehn bis hundert
Unterschriften auf den Servern herum. Auch jene, die mehr Unterschriften
auf sich vereinen können, aktuell zum Beispiel zum Thema energetische
Unabhängigkeit vom Putin-Regime, haben nicht viel zu bedeuten:
Der Ausschuss muss sich bei Erreichung des Quorums damit beschäftigen, mehr
nicht. Die politische Willensbildung geschieht in den Parteien. Ich habe
den Verdacht, Petitionen werden von politischen
Entscheidungsträger*innen gerne als Ventile genutzt. Auf die Straße
gehen, in Abgeordnetenbüros anrufen oder im Wahlkampf progressive Politik
einfordern, sind viel effektiver. Für Querdenker und Nazis gilt natürlich:
Petitionen sind toll.
Fazit: Wenn durch eine Petition der Kapitalismus oder die grassierende
Polizeigewalt abgeschafft, Dieter Nuhr oder Mario Barth abgesetzt werden,
lasse ich mich gerne umstimmen.
14 Apr 2022
## LINKS
[1] /Petition-der-Woche/!5831044
[2] /Mehr-Partizipation-durch-Buergerraete/!5810495
[3] /Nachruf-auf-Betty-White/!5823617
## AUTOREN
Mohamed Amjahid
## TAGS
Kolumne Die Nafrichten
Petition
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Schwerpunkt Rassismus
Kolumne Die Nafrichten
Erdgas
Schwerpunkt Rassismus
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