# taz.de -- Plan des Umweltministeriums: Zurück zur Natur | |
> Bundesumweltministerin Steffi Lemke will mit 4 Milliarden Euro | |
> Deutschlands Natur sanieren. Wen sie dafür aber noch gewinnen muss: die | |
> Landbesitzer. | |
Bild: Niedersächsische Hängebirken geben ihr Bestes fürs Klima | |
BERLIN taz | Läuft es ideal, geht es gleich dreimal voran: Deutschland | |
ergrünt, bremst die Erderhitzung, mildert Extremwetter wie Dürren und | |
Hochwasser besser ab. Es gehe um „Krisenvorsorge“, sagte die grüne | |
Bundesumweltministerin Steffi Lemke, als sie am Dienstag ihr | |
Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz vorstellte. Es sind bislang nur | |
Eckpunkte, aber die Richtung ist klar. | |
Allen voran sollen Moore möglichst gut wiederhergestellt und geschützt | |
werden, aber auch naturnahe Wälder wie alte Buchenbestände, Auen, | |
Seegraswiesen in Meer und Watt, Böden und Parks. Sie sind Rückzugsorte für | |
viele verschiedene Pflanzen und Tiere. Gesunde Natur kann zudem große | |
Mengen Wasser aufnehmen und halten. Und sie kann Kohlenstoff binden, der | |
ansonsten in Form von Kohlenstoffdioxid die Atmosphäre aufheizt. | |
Die Bundesregierung will das in den Jahren 2022 bis 2026 mit insgesamt 4 | |
Milliarden Euro fördern. Ein Fünftel Deutschlands eignet sich für diesen | |
natürlichen Klimaschutz, die Hälfte davon sind Wälder. Das hat der | |
Naturschutzbund Deutschland bereits vor gut einem Jahr vorgerechnet. Er | |
hatte dazu eine Studie in Auftrag gegeben. Nur: Diese Flächen gehören oft | |
jemandem, der sie als Acker, Forst, Weide nutzt. Das macht die Sache | |
kompliziert. | |
Bestes Beispiel: Schon die vorherige Bundesregierung hat ein | |
48-Millionen-Euro-Programm über zehn Jahre für Pilotprojekte aufgelegt, um | |
Moore zu schützen. Sie sind [1][einer der größten natürlichen Tresore für | |
CO2]. Werden sie entwässert und bewirtschaftet, zersetzt sich der Torf. Der | |
darin gespeicherte Kohlenstoff wird frei und zu Kohlenstoffdioxid. | |
## Bauernverband fordert Geschäftsmodell | |
Die rot-schwarze Landesregierung in Niedersachsen, dem Agrarland Nummer 1 | |
in Deutschland, [2][hat es allerdings nicht geschafft], binnen zwei Jahren | |
Flächen für den Schutz der Moore zu benennen. Die Abstimmungen mit | |
Eigentümern und Bewirtschaftern der infrage kommenden landwirtschaftlichen | |
Flächen zogen sich zu sehr hin. Vernässte Moore sind schwerer zu | |
bewirtschaften. | |
Anders war das zwar in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, | |
Brandenburg und Bayern. Doch der Fall zeigt: Die Renaturierung ist eine | |
heikle Sache – selbst wenn der politische Wille da ist. Landwirte brauchen | |
eine ökonomische Perspektive und Geld. Bernhard Krüsken, der | |
Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands, fordert [3][ein | |
„Geschäftsmodell“ für seine Klientel]. | |
Es werde unter anderem um „die Entwicklung neuer Wertschöpfungsketten für | |
die nasse Landwirtschaft und der dort erzeugten Produkte“ gehen, heißt es | |
in den Eckpunkten. Photovoltaik-Anlagen zur Energieerzeugung, Schilf fürs | |
Dachdecken, Torfmoose für Blumenerde, Gräser als Fasern für Verpackungen, | |
Rohrkolben für Dämmstoffe – denkbar ist manches, ausreichend erprobt oder | |
bewährt ist es allerdings noch nicht. | |
Es ist ohnehin nicht leichter geworden mit dem Ukrainekrieg, durch den | |
weltweit Getreide fehlt, Versorgungsengpässe nicht in Europa, aber in | |
vielen afrikanischen Ländern drohen. Die EU-Kommission hat gerade erst ihre | |
Renaturierungsstrategie zurückgezogen. | |
Müsste sich die Bundesregierung da nicht zuallererst den Weiterbau der | |
Küstenautobahn A20 sparen, weil die geplante gut 200 Kilometer lange | |
Strecke von Bad Segeberg in Schleswig-Holstein bis Westerstede in | |
Niedersachsen durch Moorgebiete führt? Dort müssen Flächen angekauft | |
werden, um sie dann zu betonieren. | |
Es sei, so Lemke, „selbstverständlich wünschenswert, dass für den | |
Straßenbau keine Moore mehr trockengelegt werden.“ Sie könne aber nicht für | |
einzelne Vorhaben „den Daumen heben oder senken“. Die Förder-, Markt- und | |
Einkommensmodelle sollen jetzt entwickelt werden. Sie werde das, sagte | |
Ministerin Lemke, mit dem Kabinett abstimmen. Bis alles ideal läuft, hat | |
sie nicht nur mit dem grünen Landwirtschaftsminister, sondern zumindest mit | |
dem FDP-Verkehrsminister einiges zu bereden. | |
29 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Schutz-fuer-Moore/!5842438 | |
[2] /Klimaschutzmaengel-in-Niedersachsen/!5840661 | |
[3] /Klimaschutz-Zertifikate-fuer-Humusbildung/!5836244 | |
## AUTOREN | |
Hanna Gersmann | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Naturschutz | |
Ampel-Koalition | |
Klima | |
Moor | |
Moor | |
Moor | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Klimaschutz im Baumarkt: Eine Frage der Erde | |
Umwelt- und Agrarministerium wollen die Verwendung von Torf im Gartenbau | |
eindämmen. Die Industrie verweist auf Selbstverpflichtungen. | |
Schutz für Moore: Landwirtschaft oder Moorschutz? | |
Moore sind wichtig für den Klimaschutz, weil sie viel Kohlendioxid | |
speichern. Ihr Schutz ist jedoch umstritten, denn es geht um große | |
Landflächen. | |
Klimaschutzmängel in Niedersachsen: Moore ohne Zukunft | |
Niedersachsen versäumt es, an 48 Millionen Euro Moorschutz-Förderung vom | |
Bund teilzuhaben. Die Grünen fordern eine Landesmoorgesellschaft. | |
Moorkundler über Moore und Klimawandel: „Wir haben zu viel entwässert“ | |
Landwirtschaft, die auf entwässerten Moorflächen betrieben wird, ist ein | |
großes Problem. Moorkundler Hans Joosten hält dazu einen Online-Vortrag. |