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# taz.de -- Mordfall in Idar-Oberstein: Holpriger Prozessstart
> Nach dem mutmaßlichen Mord an einem Tankstellenverkäufer in
> Idar-Oberstein hat der Prozess begonnen – wurde jedoch schnell wieder
> unterbrochen.
Bild: Der Angeklagte im Gericht in Bad Kreuznach am 21. März
Bad Kreuznach afp | Vor dem Landgericht im rheinland-pfälzischen Bad
Kreuznach wird seit Montag die bisher schwerste bekannte Straftat im
Zusammenhang [1][mit der Coronapandemie in Deutschland verhandelt.] Weil
der 20-jährige Alex W. ihn auf die Maskenpflicht hinwies, soll der
50-jährige Mario N. den Tankstellenmitarbeiter im September in
Idar-Oberstein erschossen haben. Die Anklage wirft N. neben Mord aus
Heimtücke und niedrigen Beweggründen das unerlaubte Führen der Tatwaffe und
den unerlaubten Besitz einer weiteren Schusswaffe vor.
Die Tat [2][löste großes Entsetzen aus] – entsprechend groß ist das mediale
Interesse beim Prozessauftakt. Schon früh am Morgen versammeln sich
dutzende Journalisten vor dem Eingang des Justizzentrums. Trotz Pandemie
und Abstandsgebot ist der Saal gut gefüllt.
## Verteidigung beantragt Unterbrechung
Doch der Verfahrensbeginn verläuft schleppend. Grund dafür ist eine CD mit
weiteren Daten, die das Gericht den Beteiligten aushändigt. Hintergrund
sind Ermittlungen des Landeskriminalamts Rheinland-Pfalz im Auftrag der
Generalstaatsanwaltschaft Koblenz.
N.s Verteidiger bitten zunächst um eine Unterbrechung, um sich die mehr als
tausend Seiten der Akten anzuschauen. Dann gibt es offenbar viel zu
bereden: Eine ursprünglich geplante Unterbrechung von einer Stunde dauert
am Ende rund doppelt so lang.
N.s Verteidigung beantragt zunächst, den Prozess bis zum 31. März
auszusetzen. „Wir wurden überrascht, dass die Generalstaatsanwaltschaft
[3][Ermittlungen zum Tathintergrund] durchgeführt hat“, heißt es zur
Erklärung. Den Anwälten zufolge lagen die Ergebnisse, darunter ein
26-seitiges psychologisches Gutachten über N., den Behörden seit drei
Monaten vor.
Eine anschließende Diskussion zu der Frage, ob N. von in den Dokumenten
erwähnten weiteren Ermittlungsverfahren betroffen ist, klärt sich nach
einem Telefonat mit der Generalstaatsanwaltschaft. Demnach gibt es gegen N.
keine weiteren Verfahren. Einen bereits gestellten Antrag auf Akteneinsicht
bei den Ermittlern zieht N.s Verteidigung daraufhin zurück.
Am Mittwoch wollen die Verteidiger nun mit ihrem Mandanten die übrigen
Dokumente durchgehen. Ob ihnen die Zeit dafür bis zum nächsten
Verhandlungstag am Freitag reicht, bleibt am Montag ungewiss.
„Für den Fall, dass sich keine weiteren Erkenntnisse aus den Unterlagen
ergeben, können wir die Verhandlung am Freitag fortsetzen“, sagt N.s Anwalt
nach weiteren Sitzungsunterbrechungen. Sollte das nicht der Fall sein,
plant die Kammer, den Termin am Freitag abzusagen und am 31. März weiter zu
verhandeln.
## N. zeigt keine Regungen
Mit der Maske scheint sich N. indes auch im mittlerweile dritten Jahr der
Pandemie nicht arrangiert zu haben. Als die Vorsitzende Richterin Claudia
Büch-Schmitz darauf hinweist, dass Prozessbeteiligte sie abnehmen dürfen,
wenn sie sie nicht den ganzen Tag tragen können, legt er sie sofort vor
sich auf den Tisch. Während der Anklageverlesung blickt er nach unten –
Regungen zeigt er keine.
W.s Mutter, die als Nebenklägerin am Prozess teilnimmt, tupft sich während
der Anklageverlesung mit einem Taschentuch Tränen aus den Augen. Immer
wieder redet ihre Anwältin leise auf sie ein. Bei der Trauerfeier für ihren
Sohn im Oktober hatte die Mutter erklärt, dass sie und die ganze Familie
stolz auf ihn seien.
21 Mar 2022
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