# taz.de -- Trainerikone im US-College-Basketball: Der wendige Coach K | |
> Mike Krzyzewski, der gefeiertste und verhassteste Trainer des | |
> US-College-Basketballs, steht vielleicht schon am Donnerstag vor seinem | |
> letzten Spiel. | |
Bild: Coach Mike Krzyzewski freute sich am Sonntag mit Paolo Banchero über ein… | |
Es war dann doch noch nicht vorbei, auch wenn Coach K dachte, „dass das | |
Schiff sinken würde“. Lange hatte es am Sonntag so ausgesehen, als würde | |
die Basketball-Welt den endgültigen Abgang ihres erfolgreichsten | |
College-Trainers erleben, aber dann gewann Duke mit ein wenig Glück doch | |
noch gegen Michigan State, erreichte das Achtelfinale im K.-o.-Turnier der | |
besten College-Mannschaften – und so dauert die Karriere von Coach K noch | |
mindestens ein Wochenende länger. | |
Coach K heißt Coach K, weil zwar jeder seinen Namen kennt, aber kaum jemand | |
ihn korrekt aussprechen kann. Mike Krzyzewski wurde 1947 als Sohn | |
polnischer Einwanderer geboren, er wuchs auf in eher bescheidenen | |
Verhältnissen in Chicago, aber 75 Jahre später hat kein anderer Trainer so | |
viele College-Spiele gewonnen wie er: sagenhafte 1.127. Und wenn sich seine | |
talentierte, aber auch arg unerfahrene Mannschaft zusammenreißt und noch | |
vier weitere Spiele gewinnen sollte, dann würde Krzyzewski abtreten mit | |
seiner sechsten College-Meisterschaft. | |
Das wiederum würde außerhalb von Durham, North Carolina, wo die Duke | |
University beheimatet ist, kaum jemand gerne sehen. Denn die Duke Blue | |
Devils sind so etwas wie das Bayern München des College Basketballs. Zwar | |
nicht ganz so erfolgreich wie der ewige deutsche Fußballmeister, aber | |
mindestens so verhasst. Deren Fans sind meist ebenfalls ziemlich | |
erfolgreiche, aber auch ein wenig langweilige Menschen wie Apple-CEO Tim | |
Cook. | |
Und wenn Duke wie Bayern ist, dann ist Krzyzewski wohl Uli Hoeneß, also | |
außerhalb von München eher wenig beliebt, ja gefürchtet, aber mittlerweile | |
halt auch respektiert. Allerdings hat sich Krzyzewski nie einer Verfehlung | |
schuldig gemacht, er ist der Inbegriff der Verlässlichkeit. Seine Ehefrau | |
hat er schon während des Studiums geheiratet, die Mannschaft von Duke | |
trainiert er seit 42 Jahren, und im von Skandalen geschüttelten | |
College-Sport hat er sich einen blütenweißen Leumund bewahrt. | |
Hort des Konservatismus | |
Ein Saubermann-Image, das Krzyzewski sehr bewusst gestaltet hat. In den | |
achtziger Jahren, als längst Schwarze Spieler die größten Basketballtalente | |
waren, rekrutierte Coach K immer noch am liebsten weiße Spieler. Und bezog | |
bewusst Stellung in einem Kulturkampf: Während im Rest des | |
College-Basketballs die Schwarze HipHop-Kultur Einzug hielt und die | |
Auffassung, dass Sport vielleicht auch Spaß machen sollte, predigte der | |
stets streng gescheitelte Krzyzewski weiterhin harte Arbeit, pflegte eine | |
langweiligen Defensiv-Philosophie und machte Duke so [1][zum Hort des | |
Konservatismus.] | |
Als die größten, oft aus den Ghettos stammenden Talente längst nicht mehr | |
eine komplette, vier Jahre dauernde College-Karriere absolvierten, sondern | |
möglichst schnell Profis wurden, um ihre Familien zu unterstützen, setzte | |
Krzyzewski weiter auf weiße Kids aus gutem Hause, die sich die | |
Privatuniversität Duke leisten konnten. Republikaner feierten ihn, rechte | |
Thinktanks luden ihn zu gut bezahlten Gastvorträgen, aber in der Schwarzen | |
Community wurde er dafür ein beliebtes Feindbild. | |
Doch als die Siege weniger wurden, gab der scheinbar prinzipienfeste Coach | |
K seine Prinzipien dann doch auf – und der Erfolg kehrte zurück. | |
Seltsamerweise wurde das dem stets sehr gut bezahlten Krzyzewski nie als | |
Bigotterie ausgelegt, sondern stattdessen feierten ihn seine Fans für seine | |
Anpassungsfähigkeit. Tatsächlich lernte er, nachdem er in seinen frühen | |
Jahren als cholerischer Schleifer berüchtigt war, mit den jungen | |
Generationen klarzukommen, und trainierte schließlich sogar verwöhnte | |
NBA-Profis [2][als Nationaltrainer] zu drei olympischen Goldmedaillen – ein | |
Nebenjob, den er erst 2016 aufgab. | |
Vor einem knappen Jahr verkündete Krzyzewski schließlich, dass er auch den | |
Job an der Duke University an den Nagel hängt und nach dieser Spielzeit | |
endlich in Rente gehen würde. Seitdem ist Coach K auf Abschiedstournee und | |
die verhassten Blue Devils werden in fremden Hallen nicht mehr ganz so | |
schlimm ausgepfiffen. Auch am kommenden Donnerstag, beim Achtelfinale gegen | |
die Texas Tech Red Raiders, wird die Stimmung elektrisierend sein, denn es | |
könnte der letzte Auftritt werden des zugleich gefeiertsten und | |
verhasstesten Mannes in der Geschichte des College-Basketballs. | |
23 Mar 2022 | |
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## AUTOREN | |
Thomas Winkler | |
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