# taz.de -- Krieg und Trinken: Aufrüstung an der Theke | |
> Die Nachkriegszeit ist auch in Sachen Alkohol passé, nichts steht mehr im | |
> richtigen Regal. Und ist Fusel eigentlich eine Friedensdroge? | |
Bild: Übel beleumundeter Fusel: Korn | |
„Warum ist Korn eigentlich nicht so populär wie andere Schnäpse weltweit?“ | |
Fragt ein gelackter Typ den anderen vor der Bar beim Gin Tasting. | |
„Weltweit? Korn mögen doch nicht mal wir Germans, voll der Asi-Fusel!“ | |
„Ja, Alex, aber why? Rum, Whiskey, Wodka, Tequila etc. pp., andere Länder | |
haben magische Gesöffe, mit Tradition, geilen Klischees, nur wir Almans mit | |
Korn losen ab!“ | |
„Liegt am deutschen Selbsthass, Leo!“ | |
„Du meinst, den kann man am Korn festmachen?“ | |
„Klar Alter, im Grunde ist Korn ’ne Art Wodka, gibt’s von Fusel bis | |
Königsklasse, aber das Zeug saufen nur die ganz Fertigen in den letzten | |
Spelunken aus der Nachkriegsära!“ | |
„Aber wir rüsten auf, Kollege, würd’ sagen, die Nachkriegszeit ist passé! | |
Und auch wenn ich weit ab davon bin, ein Rechter zu sein, das ist schon | |
schön, sich da mal loszulösen ohne als nationalhohler Dummbatz zu gelten, | |
wenn man die eigene Fahne nicht abgrundtief hasst. Lass drauf anstoßen!“ | |
„Yeah! Aber Trinken hat hier echt ’ne andere Tradition, ging immer mehr um | |
Rausch als Genuss. Bei Familienfeiern meiner Großeltern war der | |
Heringssalat nix als Grundlage für reichlich Klaren, da ging es bloß drum | |
sich abzuschießen!“ | |
„Aber in Russland wird auch unverhohlen gesoffen, sogar Politiker machen | |
das, denk an Jelzin in seiner Unterhose vorm Weißen Haus, wie er sich | |
hackendicht ’ne Pizza organisieren wollte!“ | |
„Da war noch Frieden im Karton!“ | |
„Alkohol ist die Friedensdroge schlechthin und deshalb ist Gerhard Schröder | |
auch der Top-Friedensbotschafter vor dem Herrn!“ | |
„Trinkt der viel?“ | |
„Na, verbrieft, check mal bei Instagram das Profil seiner Trulla, der ist | |
dauerbesoffen, sonst würd’ der den Quatsch gar nicht mitmachen.“ | |
„Hab’ kein Instagram mehr, danach fühlte ich mich immer alt und fett!“ | |
„Schröder hat schon im Wahlkampf immer gesoffen, der Bürgernähe wegen war | |
das nicht!“ | |
„Nee, da kann man auch einfach ’ne Wurst mit den Leutchen essen!“ | |
„Schröder kippt den ganzen Tag Rotwein, und dann rettet er deutschmäßig die | |
Welt auf drei Flaschen Spätburgunder!“ | |
„Der trinkt garantiert noch’n paar Schnäpschen dazu!“ | |
„Aber die dürfen nicht aufs Foto.“ | |
„Vielleicht trinkt der sogar Korn, ich würd’s ihm zutrauen.“ | |
„Ey, Leo, das ist die Idee, wir gründen ’ne Korn-Manufaktur und schreiben | |
‚Schröders Klarheit‘ aufs Etikett oder so!“ | |
## Aus Scheiße Korn gemacht | |
„Hahahahaha, geile Idee, wir machen Korn sexy, und verdienen uns damit ’ne | |
Stange Geld!“ | |
„Ist genau der richtige Zeitpunkt gerade, es sind Zeiten, in denen alles | |
möglich is’, weil so krasse Sachen passieren, überall ist | |
Paradigmenwechsel, rechts, links, liberal, konservativ, nichts steht mehr | |
im richtigen Regal, und alles nur, weil Wodka-Vlad es auf die Spitze | |
treibt.“ „Wir machen aus Scheiße Gold, äh Korn, geil, geil, geil!“ | |
„Entschuldigung, die Herren, es ist Krieg, und ihr feiert das | |
kapitalistisch aufgegeilt ab?“, sagt eine Frau, die mit ihrem Hund | |
vorbeigeht. | |
„Ey, die Dame, ist doch immer irgendwo Krieg, ist doch verlogen wegen dem | |
jetzt besonders schockiert zu sein, und warum nicht das Positive sehen?“ | |
„Und was genau soll das sein?“ | |
20 Mar 2022 | |
## AUTOREN | |
Jasmin Ramadan | |
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Schwerpunkt Stadtland | |
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