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# taz.de -- Die Wahrheit: Die asketische Insel
> Ausgerechnet in Irland wird es schwerer mit dem Alkohol. Was nicht an
> Corona liegt. Die Lösung liegt wohl in einem anderen Stoff.
In Irland ist die Party vorbei. Daran ist nicht die Pandemie schuld, denn
unter Beachtung der Coronaregeln konnte man bisher ein bisschen feiern. Das
will die Regierung unterbinden und den Konsum von Alkohol drastisch
einschränken, denn jedes Jahr sterben auf der Insel 2.700 Menschen an den
Folgen von Alkoholgenuss. Die Abgeordneten, die im Parlament nicht genügend
Begeisterung für die geplanten Maßnahmen an den Tag legen, werden als
Lobbyisten der Getränkeindustrie gebrandmarkt.
Seit 4. Januar gelten Minimumpreise für Alkohol. Wer bisher Champagner
bevorzugt hat, wird keinen Unterschied bemerken, aber die Getränke im
niedrigen Preissegment sind erheblich gestiegen. Dank Brexit-Boris, der
weiß, wie man im Lockdown Partys organisiert, gibt es jedoch wieder
zollfreie Ware bei Reisen auf die Nachbarinsel.
Außerdem ist Nordirland nicht weit. Dort ist Alkohol erheblich billiger als
in der Republik, wo die 1.500 Schnapsläden im Grenzbereich getrost
dichtmachen können. Und die Regierung will weitere Hindernisse auf dem Weg
zum Rausch aufbauen. Man erwog, den Import von Wein zu verbieten, wenn
nicht auf jeder Flasche eine Krebswarnung klebte. Da hätte aber die
EU-Kommission nicht mitgespielt, denn dadurch würde der freie Warenverkehr
behindert.
So änderte die Regierung geschwind den Plan: Er sieht vor, dass Alkohol
zwar importiert, aber ohne Krebswarnung nicht verkauft werden darf. Die
Schnapshändler müssen dann jede Kiste Wein und jedes Sechserpack Bier
öffnen und eine Warnung auf Irisch und Englisch auf den Flaschen anbringen.
## Alkohol und Krebs
Für ein Pint Bier oder ein Glas Wein im Pub oder Restaurant soll das nicht
gelten. Aber vielleicht verdonnert die Regierung die Wirte dazu, dem Gast
vor dem Servieren eines Getränks einen Vortrag über den Zusammenhang
zwischen Alkohol und Krebs zu halten?
Darüber hinaus soll Werbung für alkoholhaltige Getränke im Umkreis von 200
Metern von Schulen verboten werden. Erstklässler glauben, dass das
Lehrpersonal in der Schule wohnt. Regierungspolitiker glauben, dass die
Kinder in der Schule wohnen und deshalb auf dem Schulweg an keiner
Alkoholreklame vorbeikommen können.
Während der Alkoholkonsum eingeschränkt werden soll, will man Nikotin
gänzlich von der Insel verbannen. Zunächst soll auf die Kippen eine Warnung
aufgedruckt werden – und zwar auf jede einzelne. Eine Schachtel kostet
schon 15 Euro, und sie ist Bückware: Zigaretten müssen in den Geschäften
versteckt werden. Bald soll der Verkauf auf Apotheken beschränkt werden –
eine hübsche Einnahmequelle für darbende Pillenverkäufer.
Dafür erwägt man aber die Freigabe von Cannabis. Es steht ein großer Wandel
auf der Insel bevor: Die Iren werden keinen Alkohol trinken und keine
Zigaretten rauchen, sondern völlig bekifft im Fernsehen die Serien „The
Marvelous Mrs. Maisel“ und „Stranger Things“ schauen, in denen ständig
gequarzt und gesoffen wird.
17 Jan 2022
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Irland
Alkohol
Schwerpunkt Brexit
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