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# taz.de -- Erdoğan-Vertrauter in Frankfurt: Der „Treter von Soma“
> Yusuf Yerkel wird von der Türkei nach Frankfurt am Main entsandt. Dort
> formiert sich ein demokratisches Bündnis gegen seine Ernennung.
Bild: So ist Yusuf Yerkel bekannt geworden: Am 15.5.2014 tritt er auf einen Ber…
Berlin taz | Yusuf Yerkel soll neuer Handelsattaché am türkischen Konsulat
in Frankfurt am Main werden, eine Personalie, die normalerweise kaum
Erwähnung finden dürfte. Doch Yerkel ist ein Sonderfall. Er wurde
berühmt-berüchtigt durch einen Moment besonderer Brutalität und Arroganz in
seiner damals noch kurzen politischen Geschichte.
Am 13. Mai 2014 ereignete sich in der Türkei eines der schwersten
Bergwerksunglücke der jüngeren Geschichte. In Soma, einem kleinen Ort in
der Westtürkei, starben 301 Bergleute bei einem Grubenunglück, das durch
mangelnde Sicherheitsvorkehrungen verursacht wurde. Die Grube war kurz
zuvor privatisiert worden und die neuen Besitzer setzten [1][Profit vor
Sicherheit]. Die Empörung im Land war so groß, dass der damalige
Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan sich genötigt sah, eine Woche später
den Ort zu besuchen.
Wegen seiner Privatisierungspolitik wurde er dort von protestierenden
Bergleuten und Angehörigen der getöteten Bergleute begrüßt. Erdoğan war
sauer. Als seine Kolonne wegen der Proteste anhalten musste, sprang ein
junger Mann aus seiner Entourage aus dem Auto und [2][trat immer wieder auf
einen Bergarbeiter ein], den Polizisten zuvor bereits auf den Boden
gerissen hatten. Die Fotos davon gingen um die Welt, der Mann war der
damals 33-jährige Yusuf Yerkel.
Zwei Jahre zuvor war Yerkel zum jüngsten Mitglied in Erdoğans so genanntem
A-Team berufen worden, das wichtigste Beratungsgremium in seinem
unmittelbaren Umfeld. Yerkel hatte erst gerade ein Politikstudium
abgeschlossen, aber er war für den türkischen Präsidenten offenbar ein
besonders vorzeigbares Exemplar der „religiösen Jugend“, deren Erziehung
sein erklärtes Ziel war.
## Yerkel nie für Gewaltexzess belangt
Yerkels Vater ist ein langjähriger Bekannter Erdoğans aus dessen Zeit als
Oberbürgermeister in Istanbul und Sohn Yusuf absolvierte durchgängig
religiöse Schulen und die religiöse Fatih-Universität. Sein Auftritt in
Soma, wenige Tage nach dem mutwillig in Kauf genommenen Bergwerksunglück
mit so vielen Toten, sorgte für enorme Empörung im Land. Erdoğan musste ihn
aus der ersten Reihe zurückziehen, ließ ihn aber offenbar nicht fallen. Er
wurde für seinen Gewaltexzess nie belangt, sondern verschwand in einem
Ministerium.
Jetzt soll er zurück in ein wichtiges öffentliches Amt. Vor drei Monaten
entschied das Handelsministerium, ihn als Handelsattaché ans Konsulat nach
Frankfurt zu schicken. Anscheinend wurde der Posten für ihn gezielt
freigemacht. Nachdem seine Ernennung publik geworden war, formierte sich in
Hessen ein [3][breites demokratisches Bündnis], um zu verhindern, dass der
„Treter von Soma“ von der Bundesregierung akkreditiert wird.
Während in Soma weiter für einen Hungerlohn unter Tage geschuftet wird,
soll Yusuf Yerkel in Frankfurt 6.000 Euro plus Zulagen bekommen, so viel
wie ein Bergarbeiter kaum in einem Jahr verdient. Eine Stellungnahme des
von Annalena Baerbock geführten Außenministeriums steht noch aus.
16 Jan 2022
## LINKS
[1] /Grubenunfall-in-der-Tuerkei/!5042323
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