# taz.de -- taz.berlin-Adventskalender (24): Weihnachten ist das Fest des Kindes | |
> Wenn gute Freunde Eltern werden, verändert das vieles. Über ambivalente | |
> Gefühle, ein dreisprachiges Kind, und Weihnachten in Familie. | |
Bild: Kinder und Weihnachten – das passt gut zusammen | |
Vorweihnachtshektik, unter coronabedingten Masken noch anonymer, | |
Begegnungen finden in Eile und mit Sicherheitsabstand statt. Und dann | |
öffnet sich plötzlich doch manchmal eine Tür: eine freundliche Geste, eine | |
Hilfeleistung, ein Gespräch, eine nette Begegnung … Die taz.berlin | |
berichtet in ihrem [1][Adventskalender 2021] von solchen Türchen, die die | |
Anonymität einen Moment vergessen lassen. | |
Vor bald zwei Jahren war es endlich so weit – der erste gute Kumpel wurde | |
Vater. Als ich das Baby und die frischgebackenen Eltern zum ersten Mal nach | |
der Geburt sah, waren zwei Gedanken in meinem Kopf vorherrschend. | |
Einerseits: „Oh wie süß Babys doch sind!“ Und andererseits: „Oh f***, d… | |
beiden haben jetzt ein Kind!“ | |
Diese ambivalenten Gefühle gegenüber Neugeborenen im eigenen Freundeskreis | |
kennen wahrscheinlich viele Mittzwanziger:innen. Wenn ein guter Freund oder | |
eine Freundin ein Baby bekommt, ist das der lebendige Beweis dafür, dass | |
ein neues Kapitel in deren Leben begonnen hat. Als Außenstehende:r | |
stellt man sich dann die Frage, wann – oder überhaupt – kommt dieser Moment | |
auch in meinem Leben? | |
Ein Baby stellt das Leben von Menschen auf den Kopf. In diesem Fall führte | |
es auch dazu, dass ich besagten Freund nur noch selten zu Gesicht bekam. | |
Aber vergangenes Wochenende war es mal wieder so weit. | |
Ich war bei der jungen Familie zu Hause zum Essen eingeladen. Als ich die | |
Wohnung meines Kumpels betrete und die Inneneinrichtung inspiziere, wird | |
mir bewusst: Hier wohnen erwachsene Menschen. Daraufhin durchfährt mich ein | |
Schauder – gefühlt saßen wir doch noch gestern zusammen auf dem Dach | |
unseres Autos in Australien, haben mit billigem Dosenbier in der Hand aufs | |
Meer geblickt und über die ewige Jugend philosophiert … | |
## Bunter Mix aus Englisch, Italienisch und Deutsch | |
Über eigene Kinder konnten wir damals noch nicht nachdenken, wir waren ja | |
selbst noch welche. Und jetzt, nur sechs Jahre später, komme ich in sein | |
Wohnzimmer und vor mir steht ein kleines Mädchen, seine Tochter. | |
Sie kann schon ein paar Worte sagen. Der Vater ist Brite, die Mutter | |
Italienerin und das Kind wächst in Berlin auf. Ihre ersten Worte sind also | |
ein bunter Mix aus Englisch, Italienisch und Deutsch. Es ist durchaus | |
lustig, wenn sie Dinge wie „Oh dear“, „Schuhe anziehen“ oder aber „La… | |
Macchiato“ durcheinandersagt. Sie weiß vermutlich noch nicht einmal, dass | |
sie drei verschiedene Sprachen spricht. | |
Die Kleine steht vor dem selbstgeschmückten Weihnachtsbaum und die Eltern | |
strahlen vor Stolz und Erfüllung. Normalerweise wäre die Mutter über die | |
Feiertage nach Italien und der Vater nach England gefahren. Jetzt | |
verbringen sie das Fest schon zum zweiten Mal in Folge in Berlin, mit der | |
Familie eben. | |
Der Abend endet früher als sonst, da die beiden vom Elterndasein müde sind. | |
Als ich auf dem Heimweg durch die angenehm kühle Abendluft laufe, habe ich | |
wieder diese ambivalenten Gedanken: Wahrscheinlich liegt es daran, dass | |
Weihnachten vor der Tür steht – und in der Weihnachtsgeschichte geht es ja | |
auch um ein Baby, aber an dem Abend war es wirklich einfach schön, einen | |
Einblick in die Welt einer jungen Familie zu bekommen. | |
Gleichzeitig bin ich heilfroh, dass Babys noch die absolute Ausnahme in | |
meinem Freundeskreis darstellen. Ein paar Jahre noch jung sein, sollte wohl | |
drin sein. | |
24 Dec 2021 | |
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## AUTOREN | |
Josua Gerner | |
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