Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- taz.berlin-Adventskalender (18): Du bist doch schon groß, oder?
> Manchmal kann auch eine spontane Not-Op des 7-Jährigen noch etwas Schönes
> haben. Wenn man sich nochmal kurz setzt und eine gute Ärztin kommt.
Bild: Die Vorweihnachtszeit kann ein hartes Pflaster sein
Vorweihnachtshektik, unter coronabedingten Masken, noch anonymer.
Begegnungen finden in Eile und mit Sicherheitsabstand statt. Und dann
öffnet sich plötzlich doch manchmal eine Tür: Eine freundliche Geste, eine
Hilfeleistung, ein Gespräch. Die taz.berlin berichtet in ihrem
Adventskalender 2021 von solchen Türchen, die die Anonymität einen Moment
vergessen lassen.
Anruf aus der Schule, der fast achtjährige Sohn ist gegen einen Baum
gelaufen und blutet stark, ich soll kommen, und zwar schnell. Er sitzt im
Sekretariat in einem Berg blutiger Papierhandtücher, tiefer Riss im
Mundwinkel, erstmal zur Hausärztin. Die schüttelt bedauernd mit dem Kopf.
In der Klinik reißen sämtliche Sicherheitskräfte erschrocken die Augen auf
und winken uns ohne Corona-Check durch. Direkt neben dem Kinderwartebereich
ist die Notaufnahme für Erwachsene, da schreien Leute. Nach zwei Stunden
kommen wir dran. Die Ärztin sagt, es muss genäht werden, Vollnarkose, und
dann noch irgendein Gemurmel von Überlastung, keine Kapazitäten, vielleicht
in der HNO, vielleicht anderes Krankenhaus in Marzahn, auf jeden Fall
Übernachtung. Dann geht sie zum Telefonieren vor die Tür.
Als sie wieder rein kommt, ist plötzlich alles anders. „Weißt du was“, sa…
sie mit lustigen Augen über der Maske zum Sohn, „du bist doch schon groß,
oder?“ Sie schlägt ihm eine örtliche Narkose vor. Das könnte sie hier und
jetzt machen und wir dürften dann sofort wieder nach Hause. Wir nicken. Sie
verschwindet und führt uns zehn Minuten später in einen Raum nebenan, wo
schon die Spritzen und Nadeln bereit liegen. Eine andere Ärztin kommt rein,
sagt „ach so, du bist jetzt hier“ und „ich mach dann mal Pause.“ Dann s…
wir allein.
Ich muss beim Aufziehen der Spritzen helfen, der Sohn weint und blutet,
aber die Ärztin hört nicht auf, ihm ruhig und nett alles haarklein zu
erklären – zum Beispiel dass es Nerven gibt, die für Schmerzen und andere
Nerven, die für Berührung zuständig sind und dass es doch eigentlich
ziemlich witzig ist, dass man die einen betäuben kann, ohne die anderen
gleich mitzubetäuben. Ich reiche ihr weiterhin irgendwelche Gerätschaften.
Der Sohn beruhigt sich.
Fünf Stiche und eine halbe Stunde später ist alles erledigt, der Sohn steht
auf, bedankt sich höflich und will losmarschieren. Ich muss mich nochmal
kurz setzen.
18 Dec 2021
## AUTOREN
Susanne Messmer
## TAGS
taz-Adventskalender
taz-Adventskalender
taz-Adventskalender
taz-Adventskalender
taz-Adventskalender
Fahrrad
## ARTIKEL ZUM THEMA
taz.berlin-Adventskalender (20): Alles grau?
Durch die Tristesse des Berliner Winters blickt eine Hundschnauze mit
ungewohntem Elan. Und alles wird anders.
taz.berlin-Adventskalender (19): Vom Himmel hoch aus dem Hinterhof
Wenn plötzlich im Hinterhof ein Nachbar-Chor Weihnachtslieder singt,
vergisst man kurz den Zeitdruck. Und Applaus vom Balkon ergibt endlich
Sinn.
taz.berlin-Adventskalender (17): Schlagabtausch im Späti
Hach, Berlin: Spätiverkäufer, die kein Geld für Getränke nehmen. Einfach
so.
taz.berlin-Adventskalender: Hotline-Glück
Schlechte Laune ist vorprogrammiert, wenn ein Hotline-Anruf bevorsteht.
Doch es gibt noch richtige Menschen am anderen Ende des Hörers.
taz-Adventskalender (15): Märchen auf dem S-Bahnhof
Es schneit – und da versagt das Fahrrad als zuverlässiges Verkehrsmittel.
Die S-Bahn-Fahrt ist dafür gar nicht so nervig wie befürchtet.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.