# taz.de -- Russisches Sputnik-Vakzin: Serbien will Impfmarkt aufmischen | |
> Belgrad ist stolz auf die erste Sputnik-V-Produktion außerhalb Russlands. | |
> Jetzt schielt der Balkanstaat auf mögliche Ziele für den Export. | |
Bild: Der vom serbischen virologischen Torlak-Institut produzierte Sputnik-V-Im… | |
BELGRAD taz | Es war ein feierlicher Augenblick in Belgrad. Die Direktorin | |
des Instituts für Onkologie und Radiologie, Danica Grujičić, bekam Ende | |
Oktober vor laufenden Kameras die erste Dosis Sputnik-V-Impfstoff made in | |
Serbia. Das russische Vakzin wird vom serbischen Torlak-Institut für | |
Virologie, Impfstoffe und Seren in Zusammenarbeit mit dem russischen | |
Gamaleja-Institut für Epidemiologie und Mikrobiologie hergestellt. In | |
Serbien ist man stolz, das erste Land zu sein, das neben Russland Sputnik V | |
produziert. Das Torlak-Institut hat mit der Produktion am 4. Juni begonnen, | |
mit Komponenten, die russische Partner lieferten. | |
Schon Anfang Oktober wurden in Serbien eineinhalb Millionen russischer | |
Impfdosen hergestellt. Der Plan war, bis zum Jahresende vier Millionen zu | |
produzieren. Durch die eigene Produktion werde Serbien eine Menge Geld | |
sparen, hieß es im Land. Und Politiker unterstrichen, wie wichtig es | |
sicherheitsstrategisch für Serbien sei, in diesen pandemischen Zeiten nicht | |
abhängig vom Impfstoffimport zu sein. | |
Zu Beginn der Massenimpfung in Europa hatte Serbien der EU böse Vorwürfe | |
gemacht, völlig unsolidarisch die Vakzine allein für die Mitgliedsstaaten | |
zu behalten – während Russland und China das Land mit Impfstoffen | |
überschütteten. | |
Der für Innovation und technologische Entwicklung zuständige Minister Nenad | |
Popović sprach schon davon, über den Export von Sputnik V aus Serbien zu | |
verhandeln. „Wir müssen mit den russischen Partnern alles in Einklang | |
bringen und von ihnen die Exportgenehmigung bekommen, damit es nicht | |
vorkommt, dass beide auf den gleichen Markt exportieren“, erklärte Popović. | |
Sputnik V hat sich in Serbien, wie auch in Russland, als ein sehr | |
wirkungsvoller Impfstoff herausgestellt. Laut offizieller Statistik | |
erkranken damit geimpfte Menschen nur in Ausnahmefällen an Covid-19. Nach | |
Angaben seiner Entwickler ist er länger wirksam als andere Vakzine. Sputnik | |
V sei sechs bis acht Monate nach Verabreichung der zweiten Dosis zu 80 | |
Prozent gegen das Coronavirus wirksam, hatten die Forscher im November | |
erklärt. | |
Ärgerlich für die mit Sputnik-V-Geimpften ist allerdings, dass den | |
Impfstoff die meisten EU-Staaten nicht anerkennen. Weder die | |
EU-Arzneimittelaufsicht EMA noch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) | |
haben das Präparat zugelassen. Selbst dreifach mit dem russischen Vakzin | |
Geimpfte werden somit etwa bei einer Einreise nach Deutschland wie | |
Ungeimpfte behandelt. | |
Wie in Russland ist man in Serbien überzeugt, dass das eine rein politische | |
Entscheidung ist. Allerdings hatte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag | |
eingeräumt, für eine Anerkennung der WHO bisher nicht alle erforderlichen | |
Unterlagen übergeben zu haben. | |
„Es gibt tatsächlich irgendwelche Informationen, die man für eine | |
Zertifizierung zur Verfügung stellen muss“, sagte Peskow am Dienstag der | |
Agentur Interfax zufolge. „Wir haben das bisher nicht gemacht, weil wir | |
eine andere Auffassung hatten, welche Informationen das sind und wie sie | |
überreicht werden sollen.“ | |
## Bisher sind nur 55 Prozent der Bevölkerung voll geimpft | |
Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Nordmazedonien, Albanien und das | |
Kosovo, dessen Unabhängigkeit Serbien nicht anerkennt, akzeptieren den | |
Impfstoff hingegen. In diesen Staaten erkennt Serbien einen möglichen | |
Absatzmarkt für das serbische Sputnik V. | |
Obwohl [1][zu Jahresbeginn Serbien ein Spitzenreiter in der Massenimpfung | |
war,] sind bisher nur rund 55 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft. | |
Als es in Deutschland noch einen gravierenden Mangel an Impfstoff gab, | |
hatte [2][Serbien Vakzine in Hülle und Fülle]. | |
Wer in den Westen verreisen wolle, ärgere sich nun aber sehr, wenn die Wahl | |
auf Sputnik oder das chinesische Sinopharm fiele. (mit dpa, afp) | |
17 Dec 2021 | |
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## AUTOREN | |
Andrej Ivanji | |
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