# taz.de -- Handball-Bundesliga: Lehrstunde für den Aufsteiger | |
> Die Handballer des HSV Hamburg verlieren gegen den THW Kiel. Für das Team | |
> ist das kein Beinbruch, die Saison läuft bisher überraschend gut. | |
Bild: Hatten Grund zu Jubeln: Die Auswechselspieler des THW Kiel und Trainer Fi… | |
HAMBURG taz | Das ganze hatte auch sein Gutes. „Wir haben jetzt | |
Videomaterial“, sagte HSV-Torwart Johannes Bitter breit grinsend, „wie wir | |
es besser machen können“. Allerdings. Eine Halbzeit lang bissen sich die | |
Handball-Profis des HSV die Zähne an der offensiven Abwehr des [1][THW | |
Kiel] aus. Als es am Sonntagmittag vor 8.000 Fans in der Arena im Volkspark | |
15:6 für die Kieler stand, war die Partie des 14. Spieltages schon | |
entschieden. | |
Dass es keine ganz bittere Lehrstunde für den [2][Aufsteiger in die | |
Bundesliga] wurde, lag daran, dass die Kieler durchwechselten und etwas | |
weniger fokussiert deckten. Am Ende verlor der HSV 23:32 gegen den | |
Rekordmeister. Kein Beinbruch, meinte Bitter, der diesmal ab der 23. Minute | |
auf der Bank gesessen hatte: „Es ist normal, dass mal ein Spiel in die Hose | |
geht.“ | |
Tatsächlich hatten die Hamburger gegen abgezockte Kieler häufig wie | |
Jugendspieler gewirkt; da war ein deutliches Kieler Plus an Körpergewicht | |
und Cleverness. Der frühere Hamburger Domagoj Duvnjak war von der ersten | |
Sekunde an da und bot in Defensive und Offensive Weltklasse – hinterher | |
schrieb er geduldig Autogramme und lobte die junge Hamburger Mannschaft: | |
„Es war schön, wieder hier zu sein. Der HSV ist viel besser, als man es von | |
einem Aufsteiger erwarten kann.“ | |
Stimmt – in diesem Spiel allerdings nicht. Doch mit 14:14 Punkten und | |
einigen „Big Points“ im Gepäck kann sich der HSV schon ziemlich sicher | |
fühlen, auch wenn gegen den THW wenig ging. „Wir konnten nicht davon | |
ausgehen, gegen Kiel zu gewinnen“, sagte HSV-Trainer Torsten Jansen später, | |
„wir hatten uns vorgenommen, das Spiel eng zu gestalten. Aber dafür hätten | |
wir wenigstens die Hälfte unserer freien Würfe gegen Niklas Landin | |
reinmachen müssen.“ | |
## Gestiegene Erwartungen beim HSV | |
Dass Fachleute und Publikum überhaupt davon ausgehen konnten, dass für den | |
HSV etwas möglich sein würde gegen den Krösus aus Kiel, spricht für | |
gestiegene Erwartungen an den „neuen HSV“. In dieser bislang überraschend | |
gut verlaufenden Saison mit Siegen gegen die Löwen, Wetzlar und zuletzt | |
Melsungen setzt Jansen weitgehend auf die Aufstiegsmannschaft. | |
Spielmacher Leif Tissier, Kreisläufer Niklas Weller, Jan Forstbauer im | |
Rückraum: Kaum jemand hätte den Novizen zugetraut, so unbeeindruckt in | |
[3][der Bundesliga] weiterzumachen. Der Zusammenhalt der Truppe gilt als | |
phänomenal – der Kern steckte schon 2016 in der Oberliga | |
Hamburg/Schleswig-Holstein im HSV-Trikot. Sechs Spieler des Aufstiegskaders | |
wurden in der eigenen Jugend entwickelt. | |
Im Sommer holten Jansen und Vizepräsident Martin Schwalb Akteure, die | |
sofort weiterhalfen. Torwart Johannes Bitter, der mit Jansen noch beim HSV | |
spielte. Casper Mortensen aus Barcelona für Linksaußen. Manuel Späth als | |
Abwehrkante. Azat Valiullin für den Rückraum. Alle sind über 30 Jahre alt, | |
kennen die Liga, sind dafür da, den Jungen den Rücken freizuhalten, ihnen | |
Sicherheit zu geben. Linkshänder Nicolai Theilinger, aus Göppingen | |
verpflichtet, kommt erst langsam in Schwung. | |
Es soll etwas wachsen im Volkspark. Fünfeinhalb Jahre nach der Insolvenz | |
kehrte der HSV im Juni 2021 zurück in die Bundesliga. Mit einer Mannschaft | |
der Namenlosen. Ohne die Raute auf der Brust. Als viel kleinere Version des | |
Schwergewichts, das einst Kiel und Flensburg jagte. Der HSV möchte als | |
sympathischer Konkurrent wahrgenommen werden. Nicht als großkotziger Klub | |
aus der Metropole. | |
Mit den alten Zeiten hatte dieses „kleine Derby“ auch wenig zu tun. Als | |
sich Kiel und Hamburg vor gut zehn Jahren um den Titel duellierten, waren | |
die Kaderkosten beider Klubs in etwa gleich, Stars auf beiden Seiten | |
präsent. | |
Jetzt verfügt der HSV über etwa vier Millionen Euro Budget – eine stolze | |
Summe für einen Liga-Neuling, verglichen mit den zwölf Millionen der Kieler | |
aber „Peanuts“. Dass die Reederei Hapag-Lloyd für ein langfristiges | |
Sponsoring gewonnen werden konnte, spricht für die gute Arbeit von | |
Präsident Marc Evermann und Geschäftsführer Sebastian Frecke. | |
Die Erfahrungen des Vorgängervereins sollen dabei helfen, die ganze | |
Organisation auf solide Beine zu stellen; in Jansen, Bitter und Schwalb | |
sind ja Protagonisten von damals noch dabei, die das Auf und Ab hautnah | |
miterlebt haben. Der Handballsportverein Hamburg arbeitet solide. | |
Und dass ein Klub wie Kiel weit enteilt ist, wird achselzuckend | |
hingenommen: „Der THW hat ein Selbstverständnis und Selbstvertrauen, das | |
wir uns erst erarbeiten müssen“, sagt Jansen. Sich überhaupt mit Kiel | |
vergleichen zu können, ist dabei eine Leistung, die diesem Verein vor drei | |
Jahren noch niemand zugetraut hätte. | |
5 Dec 2021 | |
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## AUTOREN | |
Frank Heike | |
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