# taz.de -- Wahlen in Gambia: Die Murmeln sind gefallen | |
> Präsident Adama Barrow sichert sich eine zweite Amtszeit. Gambias | |
> Wahlsystem mit Murmeln statt Stimmzetteln begeistert Wahlbeobachter. | |
Bild: Stimmauszählung in Gambia: Murmeln aus einem Barrow-Eimer in einer Zähl… | |
COTONOU taz | Gambias Präsident [1][Adama Barrow] bleibt weitere fünf Jahre | |
an der Macht. Das bestätigte die [2][Wahlkommission] am späten | |
Sonntagabend. 53 Prozent der Stimmen der Präsidentschaftswahl vom Samstag | |
fielen auf den 56-Jährigen. Sein Hauptkonkurrent und ehemaliger Vertrauter, | |
Ousainou Darboe, wurde mit 27 Prozent Zweiter. | |
Die Wahlbeteiligung lag unter den 2,2 Millionen Einwohner*innen bei | |
mehr als 89 Prozent – ein Zeichen dafür, wie wichtig die Wahl vielen | |
Menschen war. Es war Gambias erste Wahl ohne Langzeitherrscher Yahya | |
Jammeh, der 2016 gegen Barrow verlor und bis heute im Exil als | |
einflussreich gilt. | |
Schon bald nach Schließung der Wahllokale zeichnete sich Barrows erwarteter | |
Sieg ab. In der Nacht zu Montag ließ er sich schließlich in der Hauptstadt | |
Banjul von seinen Anhänger*innen bejubeln. Mit ersten Feiern hatten | |
viele schon am Nachmittag begonnen. | |
Barrow, der gemeinsam mit seinen zwei Frauen auftrat, sagte: „Die | |
Demokratie hat sich für uns eingesetzt und hilft uns, das Land in den | |
nächsten fünf Jahren reibungslos zu führen.“ Auch rief er dazu auf, | |
politische Differenzen beiseite zu legen und als ein geeintes Volk für die | |
Entwicklung des Landes zu arbeiten. | |
Zweifel am Ergebnis äußerten bereits vor der offiziellen Bekanntgabe die | |
Oppositionskandidaten Darboe, Essa Mbye Faal und Mama Kandeh. Sie | |
zweifelten die Zahlen an und gaben in einer Mitteilung bekannt, die | |
Beobachter*innen ihrer Parteien hätten verschiedene Vorfälle | |
registriert. | |
Am Wahltag hatte [3][Ernest Bai Koroma], Chef der Wahlbeobachter der | |
Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) und ehemaliger Präsident | |
von Sierra Leone, alle sechs Kandidaten und deren Unterstützer dazu | |
aufgerufen, das Ergebnis zu akzeptieren. Das sei wichtig für den | |
demokratischen Prozess. Auch würde es so einen großen Gewinner geben: das | |
gambische Volk. | |
In Gambia wird nicht mit Stimmzetteln abgestimmt, sondern mit Murmeln. | |
Jede*r Wähler*in – insgesamt waren gut 960.000 registriert – erhält eine | |
Murmel und wirft sie in die Dose für den jeweiligen Kandidaten. Dieses | |
System, das vor rund 60 Jahren eingeführt wurde, soll Fälschungen | |
verhindern und Analphabet*innen die Teilnahme an der Wahl erleichtern. | |
Nach UN-Angaben kann bis heute in Gambia nur jede*r zweite Erwachsene | |
lesen und schreiben. Der Sierra-Leoner Ernest Bai Koroma bezeichnete die | |
Vorgehensweise als phänomenal: schnell, günstig und typisch afrikanisch. | |
Auf Barrow kommen nun eine Reihe großer Aufgaben zu. Er hat gerade den | |
Abschlussbericht der Wahrheitskommission erhalten, die | |
Menschenrechtsverbrechen während der Herrschaft Jammehs dokumentiert hat | |
und eine Aufarbeitung der Verbrechen wie Folter, Ermordung und | |
Verschleppung empfiehlt. | |
Auch gilt es, bessere Perspektiven in Gambia für junge Menschen zu | |
schaffen. Aufgrund mangelnder Jobaussichten bleibt der Wunsch, nach | |
Nordafrika und Europa auszuwandern, groß. | |
6 Dec 2021 | |
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## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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