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# taz.de -- Debakel des FC Bayern im DFB-Pokal: Mysteriöser Abend
> Der FC Bayern erlebt in Mönchengladbach im DFB-Pokal beim 0:5 eine
> Demontage. Danach rätseln beide Seiten über ihre Leistung und die Folgen.
Bild: Der Schock sitzt irgendwo ganz tief: Müller (l.) und Lewandowski bei der…
Einen kurzen pflichtschuldigen Besuch statteten die Münchner Spieler der
Ecke mit den eigenen Fans noch ab, von denen die meisten längst gegangen
waren. Dann traten sie die Flucht an. Die Angehörigen des gedemütigten
Meisters wirkten, als wollten sie vor dieser erstaunlichen 5:0-Niederlage
bei Borussia Mönchengladbach fliehen.
Auch der schmallippige Klubchef Oliver Kahn zog sich zurück, während Hasan
Salihamdizic das Unvorstellbare erklären musste, ganz alleine. Er sei
„absolut schockiert“, sagte der Sportvorstand und sprach von einem
„kollektiven Blackout“ der Mannschaft. Später tauchte Thomas Müller auf u…
räumte ein, vor der Pause „von A bis Z zerpflückt“ worden zu sein. Niemand
sagte, das Ergebnis sei zu hoch ausgefallen. Der FC Bayern war diese fünf
Tore schlechter als die entfesselten Gladbacher, deren Trainer Adi Hütter
sich über ein „fast perfektes Spiel“ seines Teams freute.
Der Verlauf des Abends war derart unerwartet, dass im Anschluss niemand
brauchbare Erklärungen liefern konnte, und vielleicht ist das auch gar
nicht möglich. Warum die Bayern nach vier hervorragenden Partien in
Leverkusen (5:1), gegen Benfica Lissabon [1][und Hoffenheim (jeweils 4:0)],
sowohl fußballerisch als auch physisch wirkten wie Freizeitkicker gegen
Vollprofis wird wahrscheinlich ein Rätsel bleiben. Klar ist aber, dass die
Eindrücke dieses Abends Spuren hinterlassen.
Die Münchner erlitten die höchste DFB-Pokalniederlage seit dem Urknall und
reagierten mit einer Hilflosigkeit auf die sich abzeichnende Demontage, die
es so noch nicht oft zu sehen gab. „So ein kollektives Versagen von einer
Bayern-Mannschaft bei so einem wichtigen Spiel habe ich selber noch nie
erlebt“, sagte Müller, der lange darauf gewartet hat, dass „der
FC-Bayern-Wut-Motor dann angeht“. Doch die Lähmung saß zu tief.
## Ein Spiel für Klubhistoriker
Und der Borussia könnte nach Wochen, in denen nur selten sowohl das
Ergebnis als auch die Leistung stimmten, ein krachender Akt der Befreiung
gelungen sein. Die Klubhistoriker, die gerade den 50. Jahrestages [2][ihres
berühmten Büchsenwurf-Dramas] vom Bökelberg feierten, können sogar darüber
diskutieren, ob dieser Auftritt fußballerisch an das damalige 7:1 gegen
Inter Mailand heranreicht, das als beste Partie der Klubgeschichte gilt.
Die mythische Bedeutung des Sieges von 1971 im Europapokal der
Landesmeister, der annulliert wurde, weil der Italiener Roberto Boninsegna
von einer Coladose getroffen worden war, wird das 5:0 nicht erlangen, weil
es eben gültig bleibt.
Aber an die Leichtfüßigkeit, den Ideenreichtun und die spielerische
Brillanz dieser Mannschaft werden viele der Anwesenden noch sehr lange
zurückdenken.
Sportdirektor Max Eberl sprach von einem „magischen Abend“ und von einem
„Rausch“, der die Mannschaft und die Fans ergriffen habe. Hütter fand die
Leistung seines Teams „spielerisch imponierend“, was ebenfalls manches
Rätsel aufwirft.
Nur elf Punkte hat diese Mannschaft bislang in der Bundesliga erspielt,
steht auf Platz zwölf, weil immer wieder die Durchschlagskraft vor dem
gegnerischen Tor fehlte. Dass Gladbachs oftmals wirkungslose
Angriffsspieler die Münchner Abwehr mit den völlig überforderten Stars
Dayot Upamecano, Benjamin Pavard, Lucas Hernandez und Alphonso Davies auf
allen Ebenen dominierten, lässt sich kaum erklären.
Breel Embolo spielte brillant, Jonas Hofmann hatte eine gute Idee nach der
anderen, Manu Koné gehört in dieser Form zu den besten Sechsern der
Bundesliga, und Ramy Bensebaini nähert sich nach seiner Verletzung der
Form, die ihn auf die Einkaufslisten einige der größten Klubs des
Kontinents brachte. Diese Liste lässt sich noch lange fortsetzen. „Das muss
eine Initialzündung sein“, sagte Hütter.
Aber auch die Münchner müssen sich fragen, welche Auswirkungen dieses
Erlebnis haben wird. Aus irgendeinem Grund war die Widerstandskraft, auf
die die Münchner sich gerade in wichtigen Spielen in Deutschland schon so
oft verlassen konnten, nicht wirksam.
Daraus könnten Selbstzweifel entstehen, die die Münchner eigentlich nicht
kennen, darauf deuteten jedenfalls die Worte von Thomas Müller hin: „Wir
werden in den nächsten Wochen sehen, wie wir nach so einem Spiel reagieren.
Man ist es von uns gewohnt, dass wir nach Negativerlebnissen eine Reaktion
zeigen. Aber das ist leicht gesagt.“ Union Berlin hat am kommenden Samstag
die Chance, einen weiteren Wirkungstreffer gegen die angeschlagenen Bayern
zu setzen.
28 Oct 2021
## LINKS
[1] /Corona-Impfdebatte-bei-Bayern-Muenchen/!5806378
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## AUTOREN
Daniel Theweleit
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