Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Namenssuche für Kreuzberger Wein: Das leere Etikett
> Der seit Jahrzehnten am Kreuzberg angebaute Wein braucht aus rechtlichen
> Gründen einen neuen Namen. Jetzt kann jedeR mittrinken und -vorschlagen.
Bild: Fortbildung am Weinstock: Monika Herrmann und Weinbauer Lewerenz
Berlin taz | Bei den meisten Menschen befindet sich die herabhängende Faust
85 Zentimeter über dem Boden, egal wie groß sie sind“, sagt Hannes
Lewerenz, „und so hoch sollten auch die Trauben hängen.“ Der Brandenburger
Weinbauer mit dem kurzen, dunklen Vollbart, selbst eher hochgewachsen,
demonstriert das mitten in Deutschlands wohl urbanstem Weinberg, in der
Methfesselstraße am Rand des Kreuzbergs. „Oberhalb sollten dann noch mal
1,10 Meter Laubwand stehen. Jede Traube braucht sieben Blätter für die
Photosynthese, damit die Beeren genügend Zucker bilden.“
Man kann so einiges lernen, wenn man Lewerenz zuhört – kein Wunder, er hat
in Geisenheim im Rheingau Weinbau studiert und vor zwei Jahren zusammen mit
einem Freund den [1][Weingarten „17 Morgen“] in Dobbrikow gegründet, einem
Ortsteil der Gemeinde Nuthe-Urstromtal. Dort produzieren sie ihren eigenen,
unbehandelten Naturwein, veredeln aber auch den exklusiven Kreuzberger Most
in Edelstahltanks zu … ja, wozu eigentlich? Wie heißt der gute Tropfen?
Die Wahrheit ist: Dem Kreuzberger Roten und Weißen, der hier seit gut 50
Jahren auf mittlerweile 600 Rebstöcken wächst, ist der Name
abhandengekommen. Das Weinrecht ist schuld und ein Gutachten, das 2018
feststellte, dass die damals noch in den Partnergemeinden Wiesbaden und
Ingelheim ausgebauten Riesling- und Spätburgunder-Weine namens
„Kreuz-Neroberger“ bzw. „Kreuz-Ingelberger“ nicht mehr so heißen dürf…
Schlimmer noch: Sie dürfen künftig weder ihren Herkunftsort noch die
Rebsorte auf dem Etikett führen – denn nur offiziell anerkannte
Weinbauregionen genießen dieses Privileg. Dabei kann sich die an der
Methfesselstraße hergestellte Qualität sehen und vielleicht sogar schmecken
lassen. Unter Hinnahme von Verlusten wird hier auf jegliche Pflanzenschutz-
oder Düngemittel verzichtet, nur biologische „Stärkungsmittel“ wie
Ackerschachtelhalmsud oder Ölpräparate kommen zum Einsatz.
## Ein Landwein?
Deshalb sind am Donnerstag außer Hannes Lewerenz und seinen ehrenamtlichen
HelferInnen auch VertreterInnen des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg
zur Lese erschienen, allen voran die scheidende grüne Bürgermeisterin
Monika Herrmann. Sie verkündet die Idee, mit der ein neuer Name für den
Landwein (so die künftige Produktbezeichnung) gefunden werden soll.
Und so geht’s: Wer Lust hat, kann sich ab dem 18. Oktober gegen eine Spende
im Bezirksamt eines der 0,375-l-Fläschchen der Jahrgänge 18‚ 19 und 20
abholen. Allzu viele werden das insgesamt nicht sein – der aktuelle
21er-Jahrgang etwa ergibt wohl nur 400 Stück, laut Lewerenz war das Jahr
aber auch kein gutes, weil es zu viel und vor allem in den ungünstigsten
Wochen im August geregnet habe.
## Weiße Etiketten
Die Etiketten aber werden leer und weiß sein. Jede und jeder kann sie mit
seinem Namensvorschlag beschriften und ein Foto davon unter dem Hashtag
#Xwein in den sozialen Medien posten oder alternativ an [2][diese Adresse]
mailen. Eine Jury, in der auch jemand aus den Partnergemeinden im Rheingau
sitzen wird, entscheidet nach vorheriger rechtlicher Prüfung.
Denn Achtung: Selbst der Arbeitstitel „Xwein“ dürfte laut Herrmann
juristisch anfechtbar sein, weil er klare Hinweise auf den Erzeugungsort
liefert. Marketingmäßig suboptimal, schließlich ist der Wein ein
traditionelles und exklusives Give-away des Bezirksamts. Aber was muss, das
muss. Die taz-Redaktion hat bereits einen Vorschlag ermittelt: „Zum
Weinen“.
7 Oct 2021
## LINKS
[1] https://17morgen.de/
[2] /[email protected]
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Friedrichshain-Kreuzberg
Wein
Monika Herrmann
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.