# taz.de -- Urteil zu Steuerzinsen: Schlechter Zeitpunkt für Scholz | |
> Der Staat kassiert zu hohe Zinsen auf fällige Steuern, sagt Karlsruhe. | |
> Das war erwartbar – gehandelt hatte das Finanzministerium nicht. | |
Bild: Schlechte Nachricht für den Finanzminister | |
Verfassungsrecht ist Politik mit anderen Maßstäben. Oft kann eine | |
Verhältnismäßigkeitsprüfung so oder anders ausgehen. Beim Streit über die | |
Steuerzinsen gilt das jedoch nicht. Dass eine Zinshöhe von 6 Prozent | |
unverhältnismäßig ist, wenn das reale Zinsniveau bei null oder sogar | |
darunter liegt, das kann nun kaum jemanden überraschen. Die [1][aktuelle | |
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts], die [2][die 6 Prozent als | |
unverhältnismäßig hoch einstufte], war also sehr erwartbar. | |
Doch warum hat der für das Steuerrecht verantwortliche Finanzminister Olaf | |
Scholz nicht rechtzeitig gegengesteuert? Warum wartete er tatenlos auf die | |
Verurteilung durch die Verfassungsrichter:innen – die zu allem | |
Überfluss nun auch noch mitten in seinen Wahlkampf als SPD-Kanzlerkandidat | |
hineinhagelt? | |
Das staatliche Interesse an den Zinseinnahmen kann es nicht gewesen sein. | |
Schließlich haben findige Unternehmen und Selbstständige schon lange | |
erkannt, dass es angesichts von 6 Prozent Zinsen geradezu vorteilhaft ist, | |
erst mal zu viel Steuern zu zahlen und sie sich später üppig verzinst | |
erstatten zu lassen. | |
Manche bezeichneten das Zu-viel-Steuern-Zahlen bereits als Kapitalanlage. | |
Vielleicht hat Scholz auch gehofft, das Verfassungsgericht sagt der | |
Politik, welcher Zinssatz nun angemessen ist. Den Gefallen haben ihm die | |
Richter:innen aber nicht getan. Das Warten auf Karlsruhe hat sich | |
insofern nicht gelohnt. Der Bundestag muss jetzt selbst entscheiden. | |
## Künftig variabler Zinssatz? | |
Es liegt nahe, den neuen Zinssatz an den jeweiligen Basiszinssatz der | |
Bundesbank zu koppeln. Dann muss der Bundestag nicht bei jeder größeren | |
Zinsentwicklung nachsteuern. Früher galt ein variabler Zinssatz zwar als | |
unpraktikabel – deshalb wurde im Gesetz ein fester Zinssatz von 6 Prozent | |
festgelegt. | |
Seit über zwanzig Jahren gibt es aber Computer, die auch mit variablen | |
Zinssätzen binnen Sekundenbruchteilen eine angemessene Zinssumme ausrechnen | |
können. Dies sollte auch – man wagt es kaum zu sagen – für Computer im | |
Bereich der öffentlichen Verwaltung gelten. Nur Mut, Bundestag. | |
18 Aug 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/20… | |
[2] /Urteil-des-Bundesverfassungsgerichts/!5789902 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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