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# taz.de -- Datenschützer gegen Spähsoftware an Hochschulen: Verstoß gegen R…
> Studierende werden bei Online-Klausuren teilweise massiv überwacht.
> Dieser Praxis will der Datenschutzbeauftragte von BaWü nun einen Riegel
> vorschieben.
Bild: Stefan Brink, Baden-Württembergs Landesbeauftragter für Datenschutz
Stuttgart dpa | Als erster Datenschützer bundesweit geht der
baden-württembergische Landesbeauftragte gegen den Einsatz von
Überwachungssoftware bei Online-Prüfungen in Hochschulen vor. Bei einer
Reihe von Examen mit Fernaufsicht über das Internet („Proctoring“) sei an
Hochschulen im Südwesten in der Corona-Zeit gegen Recht und Gesetz
verstoßen worden, erklärte der [1][Datenschutzbeauftragte Stefan Brink] am
Samstag in Stuttgart.
„Dauerhafte Kontrolle von Studierenden in Prüfungssituationen durch
technische Tools, die zu stark ins Private gehen, ist nicht akzeptabel.“
Bei dem Versuch, Betrugsversuche von Studierenden am heimischen Rechner zu
verhindern, seien manche Lehrkräfte über das Ziel hinausgeschossen.
Brink hat einen ab sofort geltenden Vorgabenkatalog erarbeitet, der über
das Landeshochschulgesetz hinausgeht, um Verstöße gegen den Datenschutz und
die IT-Sicherheit zu verhindern. Zwar soll Videoaufsicht erlaubt sein, aber
es soll ein Aufzeichnungsverbot gelten. Auch der Einsatz von Plattformen
zur Fernaufsicht, die den Rechner des Prüflings scannen und damit auch
Zugang zu persönlichen Daten erhalten, ist künftig nicht mehr erlaubt.
Damit dürfen Unis und Fachhochschulen fortan praktisch keine Online-Tools
des US-Anbieters Proctorio mehr anwenden. Mit der Software können Geräte
„durchforstet“ werden, ob sich Hilfsmittel darauf befinden.
Zahlreiche Studentinnen und Studenten mussten eine Software auf ihren
Rechner spielen, um an einer Prüfung von zuhause teilnehmen zu können. Es
habe eine ganze Reihe von Hinweisen und Beschwerden gegeben, sagte der
Datenschutzbeauftragte. Mit der Software soll zum Beispiel verhindert
werden, dass die Prüflinge Suchmaschinen benutzen oder etwas aus der
Zwischenablage in die Klausur hineinkopieren.
## Tracking von Augenbewegung sei „Hokuspokus“
Während des Examens mussten sie dann Kamera und Mikrofon anlassen und
durften ihren Platz vor dem Rechner nicht verlassen. „Man wollte an der
Mimik erkennen, ob jemand betrügt“, sagte Brink. „Das halten wir für
Hokuspokus. Das sind massive Eingriffe in die Freiheit der Studentinnen und
Studenten.“
Es könne auch nicht sein, dass sich manche Hochschulen vor Klausuren eine
unzulässige Einwilligung von Studierenden einholen. „Es gab an den
Hochschulen keine einheitlichen, sondern sehr unterschiedliche Lösungen für
Online-Prüfungen – zum Teil auch waghalsige.“
Am Mittwoch hatte die Gesellschaft für Freiheitsrechte in Berlin ein
Gutachten vorgelegt, in dem ebenfalls auf unzulässige Eingriffe in die
Rechte der Studierenden hingewiesen wird. „Bei der [2][raschen
Digitalisierung des Prüfungswesens] haben zahlreiche Universitäten im
vergangenen Jahr ein Maß an Überwachung implementiert, das bei
Präsenzprüfungen undenkbar wäre“, sagte der Anwalt David Werdermann von der
Gesellschaft für Freiheitsrechte. „Die Grundrechte der Studierenden sind
dabei unter die Räder geraten.“ Das Gutachten soll als Grundlage für
mögliche Klagen dienen. Der Verein sucht nun Studentinnen oder Studenten,
die gegen die Überwachungspraxis rechtlich vorgehen wollen.
## Landesdatenschützer will Hochschulen nun helfen
Während der baden-württembergische Datenschutzbeauftragte darauf
verzichtet, betroffene Hochschulen zu nennen, hat die Gesellschaft für
Freiheitsrechte vier Universitäten ausgemacht: die Technische Universität
Darmstadt, die TU München, die Uni Erfurt, die Humboldt-Universität zu
Berlin sowie viele Fernhochschulen.
Brink will den Hochschulen im Südwesten „bei der Suche nach passgenauen,
datenschutzkonformen Lösungen“ helfen. Er sagt: „Natürlich müssen
Prüfungssituationen einheitlich und fair organisiert werden. Auch müssen
die Prüfungen, wenn immer nötig, beaufsichtigt werden.“ Er werde aber
weiter darauf achten, dass die Bürgerrechte der Studierenden gewahrt
werden. „Sie müssen ihre Rechte nicht aufgeben, um zeitnah an einer Prüfung
teilnehmen zu können.“ Man sei aber in „guten Gesprächen“ mit dem
Wissenschaftsministerium in Stuttgart und den Hochschulen, „damit künftig
die Rechte der Studierenden bei Online-Prüfungen überall gewahrt werden“.
17 Jul 2021
## LINKS
[1] /Datenschutzbeauftagter-ueber-Abkommen/!5699189
[2] /Semesterbeginn-in-der-Pandemie/!5719928
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Datenschutz
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Ilija Trojanow
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