| # taz.de -- Hohe Preise für Rohstoffe: Firmen leiden unter teurem Holz | |
| > Ökonomen gingen von einem Lockdown-Nachholeffekt aus. Doch die Industrie | |
| > erhält wohl wegen Materialmangels weniger Bestellungen und Aufträge. | |
| Bild: Wegen hoher Stahlpreise noch teurer: Baustelle „Unter den Linden“ in … | |
| Berlin taz | Eigentlich waren die Ökonomen davon ausgegangen, dass es nach | |
| den vielen Lockdown-Monaten im Winter und Frühjahr nun einen | |
| [1][Nachholeffekt] geben würde und die Industrie sich vor Aufträgen gar | |
| nicht retten könnte. Doch dem ist offenbar nicht so. | |
| Zumindest im Monat Mai haben die deutschen Unternehmen wesentlich weniger | |
| Aufträge erhalten als erwartet. Diese sind sogar so stark eingebrochen wie | |
| seit dem ersten Lockdown vor einem Jahr nicht. Die Betriebe sammelten vor | |
| allem wegen der schwächelnden Auslandsnachfrage 3,7 Prozent weniger | |
| Bestellungen ein als im Vormonat, teilte das Bundeswirtschaftsministerium | |
| am Dienstag mit. Ökonomen hatten mit einem Anstieg von mindestens 1,0 | |
| Prozent gerechnet. | |
| „Insgesamt bewegen sich die Auftragseingänge weiterhin oberhalb des | |
| Vorkrisenniveaus“, erklärte das Ministerium. Gemessen am Februar 2020, dem | |
| Monat vor Beginn der Einschränkungen im Zuge der Coronapandemie, würden die | |
| Aufträge um 6,2 Prozent höher liegen. Verglichen mit dem Vorjahresmonat | |
| hätten sie gar um 54,3 Prozent angezogen. Im Mai vor einem Jahr waren wegen | |
| des Lockdowns im Zuge der ersten Pandemiewelle viele Geschäfte und Betriebe | |
| geschlossen gewesen. | |
| Ein wesentlicher Grund für den Rückgang in diesem Mai ist nach Ansicht von | |
| Chefökonom Thomas Gitzel von der VP Bank der [2][weltweite Materialmangel]. | |
| In der Tat haben sich Stoffe wie Holz, Stahl oder Dämmmaterialien im Mai | |
| rasant verteuert. Das belegen auch Zahlen des Statistischen Bundesamts. Die | |
| Preise für Bauholz stiegen um 38,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat | |
| an, die von Konstruktionsvollholz gar um gut 83 Prozent. Auch Stahl wurde | |
| im Mai massiv teurer – um 44,3 Prozent. Lieferengpässe gibt es deshalb auch | |
| bei zahlreichen Vorprodukten, auf die viele Industrieunternehmen angewiesen | |
| sind. Das bremst wiederum ihre Auftragslage. | |
| ## Hohe Energiepreise | |
| Auch die Energiepreise sind hoch. Die Großhandelspreise für Strom haben | |
| sich an der Strombörse in Leipzig seit März 2020 mit über 70 Euro pro | |
| Megawattstunde mehr als verdoppelt. Strom ist im Großhandel so teuer wie | |
| seit rund 12 Jahren nicht. Der Ölpreis wiederum ist auf den höchsten Stand | |
| seit fast sieben Jahren gestiegen, weil sich die großen Ölförderländer | |
| innerhalb der Organisation exportierender Länder (Opec) bei ihren | |
| Verhandlungen am Montag nicht auf eine Ausweitung der Fördermenge einigen | |
| konnten. | |
| Vor allem bei den beiden Schwergewichten USA und China brummt die | |
| Wirtschaft. Die Volksrepublik hat bereits im vergangenen Sommer als erste | |
| große Volkswirtschaft die Pandemie weitgehend hinter sich gelassen und die | |
| Gunst der Stunde genutzt, mit entsprechenden Konjunkturhilfen ihre | |
| wirtschaftliche Aufholjagd zu Europa und den USA zu beschleunigen. Mit Joe | |
| Biden als US-Präsident haben die Vereinigten Staaten zudem das größte | |
| Konjunktur-und-Investitionsprogramm der Nachkriegszeit geschnürt. Es muss | |
| zwar noch von beiden Häusern im Kongress abgesegnet werden, die | |
| Streitigkeiten halten an. Aber nur die Erwartungen darauf haben der | |
| US-Wirtschaft bereits einen massiven Schub verpasst. | |
| ## Kurzarbeit sinkt | |
| Auch in Deutschland seien die Auftragsbücher für die kommenden Wochen gut | |
| gefüllt, betont Analyst Gitzel von der VP Bank. „Es muss einem nun nicht | |
| angst und bange werden“, sagte er. Denn der Einbruch im Mai sei nur von | |
| kurzer Dauer. Er vermutet, dass die deutsche Industrie weiterhin gute | |
| Quartale vor sich hat, glaubt aber auch, dass die Sondernachfrage endet. | |
| Das zeigt sich auch auf dem Arbeitsmarkt. Die Zahl der Kurzarbeiter in | |
| Deutschland ist dem Ifo-Institut zufolge von 2,3 auf 1,5 Millionen Menschen | |
| zurückgegangen und damit auf den tiefsten Stand seit Beginn der Coronakrise | |
| im Februar 2020. Im Juni waren so noch 4,5 Prozent der abhängig | |
| Beschäftigten in Kurzarbeit, nach 6,8 Prozent im Vormonat. Ökonom Gitzel: | |
| „Die Eindämmung der Pandemie führt eben auch zu einer Normalisierung.“ | |
| 6 Jul 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Felix Lee | |
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