# taz.de -- Urteil zu Datenauswertung: Das Handy bleibt Privatsache | |
> Handydaten von Geflüchteten dürfen nicht ohne Grund ausgewertet werden, | |
> urteilt das Berliner Verwaltungsgericht. Geklagt hatte eine Afghanin. | |
Bild: Chats und Fotoalben sind für das Bundesamt für Migration und Flüchtlin… | |
BERLIN taz | Die Smartphones von Flüchtlingen dürfen nicht anlasslos | |
ausgewertet werden. Das entschied jetzt das Verwaltungsgericht Berlin. Das | |
Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Mehr als die Hälfte aller Flüchtlinge, | |
die nach Deutschland kommen, können [1][keine Ausweispapiere vorlegen]. | |
Ihre Identität muss deshalb auf andere Weise festgestellt werden. 2017 hat | |
der Bundestag dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) erlaubt, | |
die Mobiltelefone der Asylantragsteller:innen auszuwerten. | |
Konkret wird dabei etwa festgestellt, an welchem Ort Fotos aufgenommen | |
wurden und welche Sprache in Chats gesprochen wird. Diese Auswertung | |
erfolgt zwar nicht immer, aber in Tausenden von Fällen pro Jahr müssen | |
Flüchtlinge bei der Registrierung kurz ihr Handy abgeben. | |
Dabei hat sich das Bamf um eine [2][datenschutzfreundliche Lösung bemüht]. | |
Nachdem die Daten ausgelesen und mithilfe einer Software ausgewertet | |
wurden, wird nur der Ergebnisreport gespeichert. Die Rohdaten werden | |
gelöscht. Der Ergebnisreport kommt in einen Daten-Safe und wird nur bei | |
Bedarf benutzt, etwa wenn es widersprüchliche Aussagen gibt. | |
## Keine Wahl als Zustimmung | |
Gegen diese Handy-Auswertung klagte eine 44-jährige Afghanin, die in Berlin | |
lebt und deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist. „Auf meinem | |
Handy sind private Nachrichten mit meiner Familie. Ich hatte keine andere | |
Wahl, als der Auswertung zuzustimmen, und wusste gar nicht, was mit meinen | |
Daten genau passiert“, erklärte die Klägerin bei der mündlichen Verhandlung | |
am Dienstag. Ihre Klage wurde von der Gesellschaft für Freiheitsrechte | |
(GFF) initiiert und unterstützt. | |
Die Klage hatte Erfolg. Das Berliner Verwaltungsgericht erklärte nun die | |
Praxis des Bamf für rechtswidrig. Es sei „nicht erforderlich“, das Handy | |
eines Flüchtlings auszulesen und den Ergebnisreport zu speichern, solange | |
„mildere Mittel“ noch gar nicht ausprobiert wurden – etwa eine Nachfrage | |
bei der Antragsteller:in. „Damit ist klar, dass die routinemäßige | |
Handy-Auswertung des Bamf in der Regel illegal ist“, betonte Matthias | |
Lehnert, der Anwalt der Afghanin. | |
Das Berliner Gericht ließ wegen der grundsätzlichen Bedeutung eine | |
Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht nach Leipzig zu. Dieses | |
Rechtsmittel kann aber nur das Bamf einlegen, weil es den Prozess verloren | |
hat. | |
2 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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