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# taz.de -- Schaulaufen beim Elternabend: In der Arena der Eitelkeiten
> Ausflüge, Farbe der Schulhefter, Klassenkasse: klassische Themen bei
> Elternabenden. Doch in Wirklichkeit geht es noch um viel mehr.
Bild: Wer kommt zum Schaulaufen?
Elternabend, egal ob in Kita oder Grundschule, natürlich über Zoom, der
Bildschirm füllt sich: „Hallo!“, „Hallo?!“, „Huhu!“, das unvermeid…
„Könnt ihr mich hören?“, nicken, Daumen hoch. Die „Mama von XY“ fehlt…
„wir warten mal noch, wenn das für alle okay ist?“ Aber klar doch. Nicken,
Daumen hoch. Der Account „Papa von Z“ nutzt die Gelegenheit für einen Witz,
dessen Pointe leider durch die Ankunft von „Mama von XY“ verloren geht:
„Hallo, sorry, oh mein Mikro – könnt ihr mich hören?!“ Die Kitaleitung
klatscht in die Hände: „Na supi, dann kann es ja losgehen!“
Elternabende sind eine Arena der Eitelkeiten. Es geht nämlich eigentlich
immer nur ein ganz kleines bisschen um die Höhe des Elternbeitrags für die
Biovesper, um die Organisation des Sommerfests oder um die Frage Plastik-
oder Pappschnellhefter für den Englischunterricht: „Also, meiner Meinung
nach sollte Nachhaltigkeit den Kindern ganzheitlich vermittelt werden, wie
sehen das denn die anderen, vielleicht können wir da einfach mal ein
kleines Stimmungsbild einfangen?“
Nein, es geht, das hatte die Rednerin zu den Schnellheftern auf einem
Elternabend vor einiger Zeit schon ganz richtig erkannt, vor allem darum,
ein Statement zu setzen: Man hat irgendetwas zwischen 60 und 120 Minuten
Zeit, um seinen ganz persönlichen Ansatz von Elternschaft zu präsentieren.
Wer will man sein, wer glaubt man zu sein?
Die Übervorsorgliche: „Werden die Kinder auf der Busfahrt eine
Frühstückspause machen können?“ Die Ambitionierte: „Wir sind uns unsiche…
ob die Kinder in Mathe weit genug sind für den Übergang aufs Gymnasium, wir
würden mit D. da gerne noch ein wenig zu Hause üben, und da geht es anderen
hier vielleicht ähnlich?“ Der betont Lockere: „Sorry, war vorhin zu spät,
worum geht’s?“ Der Antiautoritäre: „Können wir bitte noch mal grundsät…
zur Diskussion stellen, ob Noten in der 3. Klasse schon sein müssen, ich
meine, es gibt da ja Spielraum!“
Die Ökofamilie: „Pappschnellhefter, ganz klar.“ Die Verantwortungsvolle:
„Na gut, also wenn sonst niemand die Klassenkasse übernehmen will – dann
mach ich das halt! Und wir sollten auch jetzt schon die Organisation des
Sommerfests angehen, zwölf Wochen gehen wirklich ganz, ganz schnell rum.“
## Man wird einsortiert
Man wird abgecheckt und einsortiert auf so einer Elternolympiade, so oder
so, macht man ja selbst auch: Ah, da ist wieder der Typ, der ständig alle
Termine akkurat mit Kugelschreiber in seinen Taschenkalender schreibt.
Wieso?! Hat er nach drei Jahren Elternabend in der Grundschule nicht
gemerkt, dass es die Terminliste am Ende ausgedruckt gibt? Und: Hat er kein
Smartphone?!
Vermutlich beschäftigen uns aus diesem Grund Elternabende so sehr, dass
Menschen darüber Kolumnen schreiben müssen und Podcasts produzieren und
manche ganze Bücher darüber verfassen: weil es so sehr um uns selbst geht.
Man verzeiht sich selbst als Eltern eher wenig, vermutlich ist man deshalb
auch oft so hart zu anderen.
Irgendwie wollen es ja alle nur gut machen, diesen Kinderjob, und das lässt
einen vermutlich – mit den Jahren wird es oft schlimmer – so zunehmend
unversöhnlich auf die Erziehungskonzepte der anderen schauen. Weil man sich
natürlich auch gleich wieder selbst dazu ins Verhältnis setzt.
Der Vater mit dem Kugelschreiber ist übrigens ganz nett. Und als auf dem
Elternabend „Family E.“ fragte, ob es für die Vorschulkinder in den
Sommerferien noch Arbeitsblätter geben würde, weil man wegen der
Kitaschließungen in der Pandemie da sicher noch etwas nachzuholen habe … Da
habe ich nur ganz kurz die Kamera ausgemacht, um die Augen zu verdrehen.
Ganz entspannt.
6 Jun 2021
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
Heult doch!
Schule
Bildung
Kitas
Heult doch!
Kitaplätze
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