# taz.de -- Urteil im Fall Momo: „Primitives Sprachniveau“ | |
> Landgericht verurteilt Gökhan Ü. im Fall Momo zu einer Freiheitsstrafe | |
> von zwölf Jahren. Ein rassistisches Motiv wurde nicht nachgewiesen. | |
Bild: Eine Rose im Tunnel am Monbijourpark erinnert an den tödlichen Messerang… | |
Berlin taz | In dem Prozess um den 13-jährigen Mohammed aus Syrien hat das | |
Berliner Landgericht den 44-jährigen Täter, Gökhan Ü., am Donnerstag zu | |
einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Das Urteil umschließt | |
den Totschlag an Mohammed, genannt Momo, und die gefährliche | |
Körperverletzung des 22-jährigen Ahmed, auf den Gökhan Ü. ebenfalls | |
eingestochen hat. | |
Momos Tötung am [1][31. Oktober vergangenen Jahres] hat in Berlin für große | |
Aufregung gesorgt, weil der Auslöser dafür eine Alltagssituation war, die | |
banaler nicht sein könnte: Während Momo auf sein Handy schaute, ist er im | |
Tunnel zwischen James-Simon-Galerie und Monbijoupark in Mitte beinahe in | |
eine 23-jährige Frau hineingelaufen, die mit Gökhan Ü. unterwegs war. | |
Darauf drehte der Täter durch, erstach den Jugendlichen und verletzte | |
Ahmed, der noch heute körperlich eingeschränkt ist. | |
Zum Prozessauftakt erklärte Gökhan Ü. in einer schriftlichen Stellungnahme, | |
dass Momo der Streitsuchende gewesen sei, und skizzierte eine | |
„Drohsituation“, so die Richterin. Aufgrund der weitaus glaubwürdigeren | |
Aussagen der Zeug*innen, darunter seine weibliche Begleitung, kam das | |
Gericht zu dem Schluss, dass nicht der Jugendliche, sondern der Angeklagte | |
der „Angriffslustige“ war, der die Messerstiche gezielt setzte. Gökhan Ü. | |
wirkte während der Urteilsverkündung stellenweise latent aggressiv. Der | |
Angeklagte möchte Revision einlegen, so seine Verteidigung. Das Urteil ist | |
noch nicht rechtskräftig. | |
## Weder niedrige Beweggründe noch rassistisches Motiv | |
Entgegen der Nebenklage, die für niedrige Beweggründe und ein rassistisches | |
Motiv plädierte, konnte das Gericht dies nicht nachweisen. In der | |
Urteilsbegründung legte die Richterin dar, dass Momo das Geschehen durch | |
sein Fastanrempeln in Gang gesetzt habe – wenn auch nicht mit dem Ziel | |
einer Messerattacke. | |
Weiter sei die rassistische Formulierung, „der kleine arabische Hurensohn“, | |
wie Gökhan Ü. Momo nannte, erst nach der Tat gefallen, sodass sich daraus | |
nicht auf ein Motiv schließen lasse. Laut Richterin seien die Worte auf ein | |
„primitives Sprachniveau“ zurückzuführen. | |
Für Momos Eltern ist das kaum Trost: „Die Familie ist enttäuscht“, sagt | |
Diana Henniges, und meint die Tatsache, dass das Gericht davon ausgeht, | |
dass Momo etwas zu seinem Tod beigetragen habe. Henniges ist Gründerin des | |
Vereins Moabit hilft, der Geflüchtete berät und Momos Familie finanziell | |
bei dem Prozess unterstützt. „Immerhin zwölf Jahre“, sagt sie und wirkt | |
resigniert. | |
20 May 2021 | |
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## AUTOREN | |
Jacqueline Dinser | |
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