| # taz.de -- Zu Besuch bei der Fußpflege: Tiefenbohrungen unter Zehennägeln | |
| > Am Montag dürfen neben den Frisören auch Podologen wieder öffnen. Unsere | |
| > Autorin war nach Lockdown 1 zum ersten Mal da, weil „ihre Füße aussehen�… | |
| Bild: Da war noch alles in Ordnung mit den Füßen | |
| Kurz nach Lockdown 1 liege ich bäuchlings auf einer schwarzen Lederliege, | |
| den Kopf in ein Loch gepresst. Ich lasse mir von einer Physiotherapeutin | |
| Körperteile von einer in die andere Richtung schieben. Plötzlich sagt die | |
| Frau mit erschrockener Stimme: „Wie sehen denn Ihre Füße aus?“ | |
| Schamröte schießt in mein Gesicht, das vom Eingepresstsein sowieso schon | |
| drei Farben Rot hat. Ich hab zwar Aua am Bein, aber doch nicht an den | |
| Füßen! „Äh ja, also, muss mal Nägel schneiden vielleicht?“, frage ich. | |
| „Wenn Sie da selber keine Lust drauf haben, dann gehen Sie halt zum | |
| Podologen, meine Güte“, antwortet sie. „Okay“, versuche ich so | |
| schuldbewusst wie möglich durchs Loch zu säuseln. „Einen Podo…, Po…, Po… | |
| also, äh, könnten Sie da jemanden empfehlen?“ „Sicher.“ | |
| Zuhause betrachte ich meine Zehennägel und google, ob Podologie weh tut, | |
| ein Ausbildungsberuf ist, was ich womöglich haben könnte, und mache dann | |
| einen Termin in der „Praxis“. | |
| Angekommen bei der Podologin, werde ich in einen weißen Ledersessel | |
| gesetzt. Nach meiner Anamnese befragt, fasse ich die Diagnose meiner | |
| Physiotherapeutin zusammen: „Sie findet, meine Füße sehen aus.“ Dann wirft | |
| die Frau im weißen Kittel meine Füße in ihren Händen hin und her. „Da sit… | |
| ja nichts mehr da, wo es hinsoll.“ Ich sage nichts. „Sie kommen jetzt in | |
| das Alter.“ „Jaja“, sage ich. Sie nimmt meine Zehennägel unter eine Lupe. | |
| „Kein Pilz.“ Ich denke: „Puh!“ „Aber zu enge Schuhe. Kaufen Sie sich … | |
| ’nen Zehenseparator. Gibt’s mittlerweile schon für ein paar Euro in der | |
| Drogerie.“ „Zehenseparator? Okay“, sage ich. Dann greift sie zu einem | |
| Skalpell. | |
| ## Meine Füße sehen wieder aus | |
| „Die meisten glauben, Podologie sei nur lateinisch für Pediküre“, sagt si… | |
| In den folgenden etwa 24 Minuten finden unter allen meinen Zehennägeln | |
| Tiefenbohrungen statt, sie werden an Maschinen angeschlossen, geschmirgelt, | |
| gefeilt, poliert und erhalten eine medikamentöse Infusion. Zwischendurch | |
| wechselt die Podologin zu größeren Skalpellen, um Schichten auf Fersen und | |
| Ballen freizulegen. Währenddessen erklärt sie die Arbeit der Podologie und | |
| erzählt ihre Lebensgeschichte und hetzt dabei ziemlich durch die Epochen. | |
| Ich rede mir ein, das muss sie, weil sie sofort gesehen hat, dass sie an | |
| meinen Füßen nicht allzu viel machen kann und sicher bald mit den Bagger- | |
| und Planierarbeiten an ein Ende kommen muss. Das ist dann auch irgendwann | |
| erreicht und ich habe so schöne Füße, wie ich sie noch nie hatte. | |
| Ich bezahle, kriege mitgeteilt, dass ich gerne wieder kommen darf, dann | |
| würde es auch etwas billiger werden, und nehme mir vor, in spätestens zwei | |
| Monaten wieder bei ihr auf der Matte zu stehen. [1][Doch dann kommt | |
| Lockdown 2]. Jetzt sehen meine Füße wieder aus. | |
| Am 1. März dürfen Fußpfleger ihre Praxen in einigen Bundesländern wieder | |
| öffnen. Podologen konnten im Lockdown zwar größtenteils arbeiten – aber nur | |
| aus medizinischen Gründen. Es wird viel Hornhaut gehobelt werden müssen. | |
| Ich weiß nicht, wie ich meiner Podologin erkläre, warum ich im letzten | |
| halben Jahr keine Zeit hatte, mich um meine Füße zu kümmern. | |
| 27 Feb 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Doris Akrap | |
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