# taz.de -- Historiker im polnischen Staatsdienst: Tomasz Greniuch grüßte ger… | |
> Der Direktor des staatlichen polnischen Instituts des Nationalen | |
> Gedenkens (IPN) in Breslau muss zurücktreten. Das Institut driftet nach | |
> rechts. | |
Bild: Tomasz Greniuch (mitte) bei einer rechtsextremen Veranstaltung in Krakau … | |
Warschau taz | Wer Naziverbrechen aufklären will, sollte nicht selbst den | |
„Hitlergruß“ zeigen und neofaschistische Aufmärsche organisieren. Bis | |
Montag war dies anscheinend weder dem polnischen Historiker Tomasz Greniuch | |
noch seinem Vorgesetzten Jarosław Szarek im staatlichen polnischen Institut | |
des Nationalen Gedenkens (IPN) klar. Doch Greniuchs Ernennung zum Direktor | |
der IPN-Filiale im niederschlesischen Breslau (Wrocław) löste einen | |
internationalen Skandal aus, sodass am Ende nur noch eine Lösung blieb: der | |
Rücktritt des 38-Jährigen. | |
Zwar hatten Greniuch in Breslau und der IPN-Chef Szarek in Warschau noch | |
versucht, die rund 20 Jahre währenden Kontakte des Historikers zum | |
neofaschistischen National-Radikalen Lager (ONR) als „Jugendsünde“ zu | |
verharmlosen, mit der er 2013 abgeschlossen habe, doch dann tauchten in den | |
Medien neue Interviewfragmente auf. „Ich habe mich nie von diesem Milieu | |
gelöst“, bekannte der polnische Neofaschist noch Ende 2019 im Radio Opole. | |
„Vielmehr habe ich versucht, diese Leute zu zivilisieren, wie auch immer | |
das klingen mag.“ | |
Er habe das Ideal des Vorkriegs-ONR angestrebt, in dem sich die „junge | |
Vorkriegselite“ organisiert habe. Diese Menschen seien durch ihr Verhalten | |
im Zweiten Weltkrieg und der unmittelbaren Nachkriegszeit zu „Helden der | |
heutigen Jugend“ geworden. | |
Greniuch verherrlicht hier polnische Antisemiten und Faschisten, die 1945 | |
das Kriegsende und die neue kommunistische Ordnung nicht anerkennen wollten | |
und weiter kämpften. Seit dem Wahlsieg der nationalpopulistischen Recht und | |
Gerechtigkeit (PiS) werden sie gemeinsam mit idealistischen | |
Widerstandskämpfern als Helden und „verfemte Soldaten“ verehrt. | |
## Belgischer SS-Mann ist großes Vorbild | |
Noch 2013 hatte Greniuch in seinem Buch „Weg eines Nationalisten“ den | |
„römischen Gruß“ als „Gruß des arischen Europas“ bezeichnet und dies | |
provokativ in das Bild der stolzen Polen eingebettet: „Wir schämen uns | |
nicht für unsere Ansichten, unsere Traditionen.“ Als großes Vorbild | |
bezeichnete er 2013 den belgischen SS-Mann Leon Degrelle. Obwohl dies alles | |
bekannt war, wurde Greniuchs Karriere im staatlichen IPN nach Kräften | |
gefördert. 2018 erhielt der Historiker sogar das Verdienstkreuz in Bronze | |
aus der Hand Präsident Andrzej Dudas. | |
Das Institut des Nationalen Gedenkens (IPN) mit mehreren tausend | |
Mitarbeitern wurde als Behörde zur Aufarbeitung kommunistischer Verbrechen | |
in der Volksrepublik Polen von 1945 bis 1989 gegründet, soll aber auch | |
Verbrechen aus der deutschen und sowjetischen Besatzungszeit 1939 bis 1945 | |
aufklären. Die im IPN angestellten Staatsanwälte haben die Aufgabe, noch | |
lebende Täter aufzuspüren und vor Gericht zu bringen. | |
Darüber hinaus gibt das IPN zahlreiche Publikationen heraus und erarbeitet | |
Bildungskonzepte für Schulen. Das Problem: das Institut driftet seit Jahren | |
immer weiter [1][nach rechts ab]. Die Ernennung eines bekannten | |
Neofaschisten zu einem der IPN-Direktoren überrascht daher kaum, versetzt | |
aber dem ramponierten Ruf Polens einen weiteren schweren Schlag. | |
24 Feb 2021 | |
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[1] /Polnisches-Institut-Berlin/!5484743 | |
## AUTOREN | |
Gabriele Lesser | |
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